Einst war Prenzlauer Berg ein wichtiger Brauereistandort; heute wimmelt es hier von Beispielen, wie man ehemalige Brauereien sinnvoll nachnutzen kann. Ein Überblick.
In Prenzlauer Berg kommt man kaum ein paar Meter weit, ohne über eine ehemalige Brauerei zu stolpern, und das hat historische, geografische sowie biergeschmackstechnische Gründe. Denn als im 19. Jahrhundert auch in Berlin das untergärige Bier an Beliebtheit gewann, fehlte es den vorhandenen Brauereien an Gärkellern mit konstant niedriger Temperatur, die aber für das Produzieren des untergärigen Bieres von Nöten waren. Da es im Berliner Urstromtal mit seinem hohen Grundwasserspiegel keine gute Idee ist, einen Keller zu bauen, zogen die Brauereien in die höheren Lagen auf den Prenzlauer Berg, Freunden der glazialen Serie auch als Grundmoränenfläche des Barnim bekannt. Dort konnte man nicht nur hervorragend Keller nutzen, sondern hatte auch Platz für Biergärten und bot, damals noch vor den Toren der Stadt, ein hervorragendes Ziel für die Naherholung.
Fast 25 Brauereien hat es in Prenzlauer Berg einst gegeben, von denen die Mehrzahl jedoch längst aus dem Stadtbild verschwunden ist. Die Verbliebenen praktizieren die unterschiedlichsten Nachnutzungskonzepte.
Pfefferberg, Schönhauser Allee
Die „Bayrischbier-Brauerei Pfeffer“ soll die erste gewesen sein, die sich 1841 in Prenzlauer Berg ansiedelte; der Brauereibetrieb wurde aber bereits kurz nach dem ersten Weltkrieg eingestellt. Nach diversen Zwischennutzungen bemühten sich nach dem Mauerfall Anwohner, das Gelände für soziale und kulturelle Nutzung zu erschließen. 1999 erwarben sie es und brachten es als Stiftungsvermögen in die neu gegründete „Stiftung Pfefferberg“ ein. Heute sind auf dem Pfefferberg Ateliers von Künstlern wie Ólafur Elíasson, aber auch Restaurants und ein Hostel zu finden. Im Juni soll zudem das Museum für Architekturzeichnung der Tchoban-Foundation eröffnen; der Gärkeller wurde im vergangenen Jahren von chinesischen Investoren gekauft, die dort Kunst ausstellen wollen. Weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist der Pfefferberg spätestens, seit im vergangenen Jahr das Stadtlabor Guggenheim-Lab dort gastierte, nachdem es vor Protesten aus Kreuzberg geflüchtet war.
Kulturbrauerei, Schönhauser Allee
Die Kulturbrauerei heißt Kulturbrauerei, weil es dort viele kulturelle Einrichtungen gibt. Und ein Laden für Apple-Produkte. In dieser Kombination nennt sich das Mischnutzung und ist das Ergebnis der schrittweisen Entwicklung des Geländes der alten Schultheiß-Brauerei seit der Wende. Im vergangenen Jahr wurde die Brauerei vom Treuhandnachfolger TLG Immobilien an den US-amerikanischen Finanzinvestor Lone Star verkauft. Was der mit dem Areal vorhat, hat er jedoch bislang nicht verraten. Bis 2021 ist der Bestand der Kulturbrauerei noch gesichert. Der Senat nennt das „langfristig“.
Bötzow-Brauerei, Prenzlauer Allee
Wo einst die Bötzows ihr Bier brauten, möchte Hans-Georg Näder, Chef des Medizintechnik-Unternehmens Otto Bock, nun richtig investieren: Luxuriöse Lofts im Altbau, Büros in Neubauten an der Prenzlauer Allee, eine Rollstuhlmanufaktur und ein Markt mit kleinen Geschäften und Bistros im alten Gewölbekeller, Pläne und Ideen für das 24.000 Quadratmeter große Gelände gibt es viele. In der Vergangenheit sind schon mehrere Investoren an diesem Volumen gescheitert – unter anderem der Metro-Konzern, der hier gerne ein Einkaufszentrum errichtet hätte. Doch Näder möchte dem Gelände, das er der Legende nach auf einem Spaziergang entdeckte und innerhalb weniger Wochen für 17 Millionen Euro erwarb, nun definitiv Leben einhauchen. Ende April soll offizieller Baubeginn sein.
Brauerei in der Alten Königsstadt, Saarbrücker Straße
Es ist wie ein kleiner Treppenwitz der Geschichte: In der Brauerei mit dem royalsten Namen residieren heute Genossen. Mitte der 1990er Jahre gründeten zwanzig Firmen die Genossenschaft Gewerbehof Saarbrücker Straße. Sie alle hatten sich nach der Wende auf dem Gelände angesiedelt und sorgten sich angesichts ungeklärter Eigentumsverhältnisse um die Zukunft des Standorts. Die Genossenschaft sollte eigentlich nur den Rahmen bieten, um ihre Interessen gemeinsam durchzusetzen. Doch seit 2003 ist sie sogar Eigentümerin des Areals, die sich nach und nach an die Sanierung der Altbauten macht. Etwa 40 Betriebe, vom Geigenbauer über den Vermieter von Fahrradrikschas bis hin zu Ausstellungsmachern, sind heute Genossen und dort angesiedelt. Da die Mieten deutlich unter denen des direkten Umfeldes liegen, bietet die Genossenschaft einen der letzten Standorte auch für produzierendes Gewerbe im Süden des Prenzlauer Bergs.
Schneider-Brauerei, Am Schweizer Garten
Die Schneider-Brauerei liegt in zweiter Reihe an der Greifswalder Straße und ist in zwei Teile geteilt: Der südliche Teil ist mittlerweile saniert und zu Lofts umgebaut. Der nördliche sieht von außen aus, als würde gleich das Dach einstürzen. Doch das täuscht. Im Inneren sind seit Jahren die Ufo Sound Studios zu Hause, dessen Besitzer Jens Reule seinen Teil gerne zu einer Medienbrauerei mit Live-Recording-Halle und Museum ausbauen würde. Eine Konzerthalle mitten in einem Wohngebiet zu planen halten manche zwar für sehr gewagt. Seit kurzem wird trotzdem gebaut. Reules Ziel ist dabei jedoch nicht die komplette Wiederherstellung des alten Gemäuers; er möchte, dass man ihm die Spuren der Geschichte auch heute noch ansieht. Etwas Patina gehört da dazu.
Willner-Brauerei, Berliner Straße
Die Willner-Brauerei liegt eigentlich schon kurz hinter der Grenze des Prenzlauer Bergs in Pankow. Bis Anfang der 1990er Jahre wurde hier noch gebraut; dann verfielen Brauhaus und Biergarten. Zwischenzeitlich nutzte ein Flohmarkt das Gelände, bis Anfang dieses Jahres eine Gruppe Kreativer für mindestens fünf Jahre die Zwischennutzung übernahm. Büros und Werkstätten, Ausstellungs- und Aufführungsräume, Club und Biergarten entstehen hier nach und nach. Wie das genau aussieht, kann man sich am ersten Maiwochenende erstmals ansehen. Eigentümer des Geländes ist die Berggruen-Holding, die das Areal später wieder übernehmen und nutzen wird – wie genau, das ist bislang nicht bekannt.
Groterjan-Brauerei, Milastraße
In der Milastraße, zwischen Cantianstraße und Schönhauser Allee, erstreckte sich einst die kleine Brauereiwelt der Groterjans. 1895 wurde eine alte Eisengießerei umgebaut, um hier Malzbier zu brauen. Zudem ließ Unternehmer Christian Groterjan ein Wohnhaus mit Saalbau errichten. Schon 1914 wurde der Brauereibetrieb jedoch eingestellt und zog komplett in die Prinzenallee um; in die Fertigungshallen zogen eine Schokolanden- und eine Zuckerfabrik, bis sie im zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Der Saalbau wurde später von der Defa genutzt. Heute sind auf dem Gelände unter anderem das Buddhistische Zentrum, ein Restaurant und ein Möbelhandel untergebracht.
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