Ortstermin mit Jens-Holger Kirchner. Der Grüne will neuer Bürgermeister von Pankow werden – und sich gegen die SPD durchsetzen. Fürs Treffen hat er sich ein künftiges Neubau-Gebiet ausgesucht.
Jens-Holger Kirchner kommt mit dem Rad zum Interview, seinem ewigen Begleiter. Fürs Foto zieht der Grünen-Politiker das Jackett an. Das trage er zu offiziellen Anlässen, etwa zu Gesprächen mit Investoren, die er als Stadtrat für Stadtentwicklung in Pankow führe, erzählt der 56-Jährige. Auch beim Wahlkampf-Musik-Video der Grünen hat er es an.
Kirchner will Bezirksbürgermeister von Pankow werden – wie schon vor fünf Jahren. Damals scheiterte er an dem besseren Wahlergebnis der SPD. Auch dieses Mal verspricht es bei der BVV-Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu werden.
Wir treffen uns auf der grünen Wiese vor den Häusern in der Michelangelostraße Ecke Greifswalder Straße. Bald sollen hier Parkplätze verschwinden – zugunsten von neuen Wohnungen.
Herr Kirchner, wer sind Sie?
Die Antwort gibt es zum Hören.
Warum sind wir hier?
«Man kann an diesem Ort sehr gut illustrieren, worum es eigentlich geht: Es geht um den Erhalt der sozialen Infrastruktur, aber auch der Mieterschaft. Es geht um die Mischung von Gewerbe, Wohnen, Verkehr und Stadt. Es geht um die Neubauvorhaben Michelangelostraße und um das integrierte Stadtentwicklungskonzept Greifswalder Straße.»
Wo sollen wir wohnen?
«In den Häusern und Wohnungen, die wir bauen. Gerade sind 450 Wohnungen entstanden in der Straßburger Straße, hier in der Michelangelostraße sollen circa 1500 Wohnungen entstehen, am Güterbahnhof Greifswalder Straße 600 Wohnungen: Das ist schon nicht wenig. In Prenzlauer Berg ist nicht mehr viel Luft. Dachgeschoss-Ausbau bietet noch Potenzial, aber das ist gehobenes Preissegment.»
Wem gehört die Straße?
«Allen, und zwar mit einem anderen Akzent als jetzt: Schrittweise müssen die Fahrstreifen für den motorisierten Individualverkehr reduziert werden. Stattdessen sehe ich die Reihenfolge Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV. Wir bauen gerade die Pappelallee um, an der Schönhauser Alllee werden wir experimentieren: Die östliche Fahrbahn zwischen Stargarder Straße und Wichertstraße soll nur noch für den ÖPNV, den Fuß- und Radverkehr genutzt werden. Es geht um eine Rückeroberung des öffentlichen Raums.»
Wie bekomme ich einen Schulplatz?
«Wir haben heftigst zu tun, die bestehende Infrastruktur, dem Bedarf anzupassen, sprich Schulen zu bauen und zu erweitern. Das Bauen muss erheblich beschleunigt werden. Das ist ja eine ganze Kette von Maßnahmen: Grundstücke ankaufen, die Bauten hochziehen, Lehrer anstellen.»
Man merkt, dass es um etwas geht: Die Wahlplakate von Jens-Holger Kirchner sind gefühlt überall und anders, weil querformatig. Foto: Anja Mia Neumann
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Am 18. September sind Wahlen zu Pankows Bezirksverordnetenversammlung (BVV), unserem Bezirksparlament (auch wenn es nicht so heißt, weil es keine Gesetze verabschieden darf).
Die Prenzlauer Berg Nachrichten haben die Bezirksbürgermeisterkandidaten getroffen. An einem Ort ihrer Wahl, der für sie Prenzlauer Berg ausmacht: Rona Tietje (SPD, 28,1% bei der letzten Wahl), Jens-Holger Kirchner (Grüne, 20,8 %), Sören Benn (Linke, 18,5 %), Torsten Kühne (CDU, 13,9%), Jan Schrecker (Piraten, 10,2%), Sophie Regel (FDP, 1,1%) und Herbert Mohr (AfD, /).
Wir haben nach den heißen Themen des Viertels gefragt: Verkehr, Wohnraum und Schulen. Denn die Zahlen sprechen für sich:
- In nur drei Jahren sind die Mieten in Prenzlauer Berg um 1 bis 2 Euro pro Quadratmeter gestiegen (laut Wohnungsmarktreport 2016 im Kollwitzkiez um 9,0 Prozent auf 12,01 Euro/qm, am Arnimplatz um 14,6 Prozent auf 10,12 Euro/qm und rund um die Prenzlauer Allee um 18,1 Prozent auf 11,80 Euro/qm).
- Nicht einmal jeder fünfte Prenzlauer Berger nutzt im Alltag ein Auto, um sich fortzubewegen (laut den aktuellsten Zahlen des Senats von 2008 fallen 18 Prozent auf den „Motorisierten Individualverkehr“, 21 Prozent fahren Fahrrad, 27 Prozent mit Öffentlichen, 35 Prozent gehen zu Fuß).
- Bis zum Jahr 2020 fehlen in Prenzlauer Berg mehr als 1600 Grundschulplätze (laut bezirklichem Infrastrukturkonzept 2016 sind das 11,5 Schulzüge). 280 Oberschüler aus Pankow können zum neuen Schuljahr nicht auf eine ihrer drei Wunschschulen gehen und müssen stattdessen bis zu 60 Minuten pendeln, u.a. nach Marzahn-Hellersdorf.
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Zu Infos über die Abgeordnetenhaus-Wahl in Prenzlauer Berg geht es hier.
Gute Wahl wünschen die Prenzlauer Berg Nachrichten!
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