Ramsch und alter Krempel gehören ja einfach zu Prenzlauer Bergs Straßen. Richtig unappetitlich wird es aber, wenn im Kiez regelrechte Müllkippen entstehen. Wie am S-Bahnhof Greifswalder Straße.
Letztens bin ich wieder fast über eine Matratze gestolpert. Ein riesiges Teil. Muss ein Doppelbett-Belag gewesen sein oder eine wahre Single-Spielwiese. Die lag so richtig schön quer über dem Bürgersteig meiner Straße.
Man kommt ja nicht umhin, sich ein bisschen Gedanken über den Ursprung zu machen. Mir geht das zumindest so. Kommt das Ding als Racheakt einer betrogenen Freundin in Betracht? So nach dem Motto: „Das war’s, hier liegen wir nie wieder zusammen drauf“?
Klar, fragwürdig. Aber es fehlte das obligatorische „Zu verschenken“-Schild. Das lässt ja schon zweifeln. Vermutlich war es trotzdem wieder nur eine gut geplante Nacht-Aktion der Müllentledigung.
Schrott auf des Investors Gelände – Flüchtlingscontainer geplant
So sehr Krimskrams und Ausgedientes aus dem Wohnungen zum Prenzlauer Berger Straßenbild gehören. So sehr überrascht es doch, dass es eine wahre Müllkippe im Kiez gibt, die monatelang überdauert.
Am S-Bahnhof Greifswalder Straße liegt sie. Dort wo die alten Gebäude des ehemaligen Güterbahnhofs zum Teil verwildern. Hier laden offenbar immer wieder Menschen ihren Schrott ab. Unhübsch anzusehen und vor allem schlecht für die Umwelt, wenn dort nicht nur Abfall, sondern auch Fernseher und alte Kühlschränke auf der Erde liegen. Umrahmt von Bäumen und Sträuchern. Anwohner befürchten sogar Rattenbefall.
Die Krux an der Geschichte: Das Land ist zum Großteil privat. Investor Christian Gérôme will hier bauen. Und dann begnügt sich der Bezirk ja meist mit Bitten beim Eigentümer und appelliert an seine Verantwortung. Es sei auch schon etwas passiert und Müll verschwunden, teilt Ordnungsstadtrat Torsten Kühne (CDU) mit. „Aber neuer Müll ist wieder hinzugekommen.“
Ein futuristischer Anblick? Müllkippe auf der Brache am S-Bahnhof Greifswalder Straße. Foto: Anja Mia Neumann
Aktuell überlege man, ob eine Umzäunung ein Ausweg wäre. Aber letztlich helfe nur eines: „Langfristig wird sich das Problem nur durch eine sinnvolle Nutzung des Areals lösen lassen“, schreibt Kühne.
Um die Ecke ist ja auch schon was in Planung: Eines der 15 geplanten Berliner Containerdörfer für je 500 Flüchtlinge soll in der Nähe der Brache entstehen. In der Greifswalder Straße 80d. Das ist zwischen Centro Italia und Anton-Saefkow-Straße, wie Bürgermeister Matthias Köhne (SPD) erklärt. Die Container sind ausgelegt auf drei Jahre. Vielleicht auch eine sinnvolle Zwischennutzung für das Gelände des alten Güterbahnhofs.
Die Matratze in meiner Straße war am Abend übrigens verschwunden. Ob die BSR einen Notfall-Einsatz hatte? Ob sie jemand für sein Doppelbett entdeckt und in seine Wohnung geschleppt hat? Okay, eher unwahrscheinliche Szenarien.
Vielleicht hat sich der Besitzer ja doch erbarmt: Und noch irgendetwas mit der ausgedienten Matratze angestellt, was man so tun sollte, wenn man sie nicht mehr will.
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Liebe Leser!
Ja, es ist aufwändig, sich zu überlegen, was man mit seinem alten Zeugs anstellt. Aber es gilt doch auch hier: Eigentum verpflichtet. Und haben die Dinge, die einen begleitet haben, nicht irgendwie auch den Respekt verdient, dass man sich danach ordentlich um sie kümmert?
Mir war es wichtig diesen Schwerpunkt für die Prenzlette zu schreiben: über unseren Sperrmüll, was man mit ihm alles Sinnvolles anstellen kann und wie er zu Kunst wird.
Eure Anja Mia Neumann
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