SOMMERPAUSENSONDERSENDUNG: Zu Hause oder im Keller türmt sich das Gerümpel. Nur wohin damit? Wir zeigen, wie es ökologisch korrekt geht. Und mit Glück muss man sein Zeug nicht mal selbst aus der Wohnung tragen.
WIEDERHOLUNG vom 22. Februar 2016:
Aussortiertes mit Zu-Verschenken-Zettel und dann Ab-auf-die-Straße-damit ist in Prenzlauer Berg so alltäglich wie der Hundehaufen am Straßenbaum. Für die Einen ist das Berliner Kulturgut, für die Anderen eine ärgerliche Ordnungswidrigkeit.
Begehrtes Zeug, das mit hoher Wahrscheinlichkeit nach einer Stunde von der Straße weg ist: Sei es drum. Bei vielen hört aber spätestens dann der Spaß auf, wenn sich olle Regale und vergammelte Matratzen auf dem Bürgersteig breit machen. Oder wenn sich in Parks und unzugänglichem Gelände der Schrott türmt. Was also tun mit all den ausgemisteten Sachen? Wir geben Antworten.
Einfach nach draußen stellen?
Eigentlich ist das illegal. Denn: Unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit wird Müll entsorgt. Sebastian Harnisch von der BSR ist da ganz klar: „Öffentliches Straßenland ist nicht zum Tausch alter Möbel da.“ Das ist strafbar und Geldstrafen drohen. „Manche Leute sind einfach zu bequem, ihren Sperrmüll richtig zu entsorgen“, sagt Harnisch. „Das ist in doppelter Hinsicht rücksichtslos: Sie verschmutzen die Umwelt und bürden der Allgemeinheit hohe Kosten auf.“
Denn bei Müllansammlungen auf öffentlichem Gelände ist das Straßen- und Grünflächenamt in der Pflicht und kann die BSR beauftragen. Die Kosten trägt dann der Bezirk – also letztlich der Steuerzahler.
Auch Sperrmüll-Tage – also Tage an denen die Müllabfuhr regelmäßig kommt, um Sperrmüll von der Straße einzusammeln, wie es einige Bezirkspolitiker fordern – würde aus Harnischs Sicht nichts nützen. Es mangele den Prenzlauer Bergern an Platz zum Zwischenlagern und die Sperrmüll-Abfuhr lade dazu ein, auch Schädliches wie alte Farben auf die Straße zu stellen. „Es würden also permanent neue Sperrmüllhaufen entstehen.“
Wie läuft das denn korrekt?
In Nordischen Viertel an der Grenze zu Wedding gibt es einen Recyclinghof der BSR. Ökologisch und allgemein korrekt ist es, sein altes Zeug dort abladen. Orangefarbene Mitarbeiter weisen es den zugehörigen orangefarbenen Containern zu. Adresse: Behmstraße 74. Bis zu 3 Kubikmeter Sperrmüll oder Elektrogeräte sind kostenlos.
Und wenn ich kein Auto habe oder mir der Weg dorthin zu weit ist? Dann gibt es auch Abholservice von der BSR. Aber der kostet dann. Bis zu 5 Kubikmeter Sperrmüll (das entspricht etwa zwei Einzelbetten, einem großen Schrank, vier kleinen Unterschränken, drei Stühlen und 12 m² Teppich) inklusive Elektrogeräte kommen auf pauschal 50 Euro. Dafür entfällt das Schleppen: Bis zu 200 Meter Transportweg – gerne auch vom Dachboden bis auf die Straße – sind im Preis inklusive.
All das kann auf Bürgersteigen, in dunklen Ecken und in Parks landen – oder auf dem Recyclinghof in der Behmstraße. Quelle: Screenshot bsr.de
Der Sperrmüll wird nach Neukölln in die Gradestraße gekarrt und dort in einer Aufbereitungsanlage der BSR zerkleinert und zu Brennstoffen für die Industrie. Elektroschrott kommt zu einem anderen Unternehmen, das es auseinander nimmt, sortiert und brauchbare Teile wieder verwendet.
Kleinzeugs wie Toaster, Wasserkocher, Druckerpatronen, Batterien und Glühlampen nehmen auch viele Baumärkte und immer mehr Elektrohändler an. Diese Sachen in den Hausmüll zu schmeißen, ist übrigens keine gute Idee: Denn was im Hausmüll landet, wird verbrannt. Eine Vorsortierung gibt es laut BSR-Sprecher Harnisch nicht. So richtig lecker stellt man sich einen verbrannten Toaster samt Abgasen in der Luft nicht vor, oder?
Da stehen immer diese Händler vor dem Recyclinghof und wollen mich aus dem Auto ziehen. Sollte ich denen mein Zeug geben?
Sebastian Harnisch von der BSR sagt: „Auf keinen Fall.“ Denn die illegalen Sammler schlachten den Elektroschrott unsachgemäß aus. Unbrauchbares landet achtlos in Parks und Wäldern, Brauchbares wird behalten und verkauft.
Oder der Schrott kommt direkt auf illegalen Wegen nach Asien oder Afrika und landet auf Müllhalden. Erst im letzten Jahr warnte die UN: Mit Elektroschrott auch aus Deutschland werden weltweit immer größere Geschäfte gemacht. Auch Kinder arbeiten auf den riesigen Müllkippen und holen seltene Metalle und andere wiederverwertbare Bestandteile aus dem Müll, während sie giftigen Dämpfen ausgesetzt sind.
Und wenn meine Elektrogeräte noch funktionieren und die Möbel zu gut zum Verschrotten sind?
Erste Antwort: Der Klassiker ebay-Kleinanzeigen. Damit spart man sich oft sogar den Abbau von Möbeln und erst recht das Schleppen aus der Wohnung. Bei Elektrogeräten sollte man allerdings extrem vorsichtig sein (siehe vorherige Antwort).
Der Komm-und-Sieh-Laden der Berliner Stadtmission in der Malmöer Straße hat seine komplette Einrichtung aus alten Möbeln gemacht: per Upcycling. Foto: Anja Mia Neumann
Immer eine Option ist natürlich die Spende. Gerade mit Blick auf die vielen bedürftigen oder geflüchteten Menschen, die sich ein neues Leben aufbauen, ist das eine extra gute Lösung. Die BSR hat dafür sogar eine Adressliste zusammengestellt, aufgeteilt nach Bezirken und Ortsteilen.
Prenzlauer Berg kommt auf acht Ergebnisse, einige nehmen auch gern Möbel, Kühlschränke und Co an. Zum Beispiel der Trödelpoint von mob e.V. an der Storkower Straße, der die Spenden auch abholt. Ein weiterer dankbarer Abnehmer von Spenden ist das Johanneshilfswerk International e.V. in der Schönhauser Allee.
What the … Upcycling?
Und weil Müll, gerade Sperrmüll und Möbel, ja selten so völlig unbrauchbar ist, kümmern sich immer mehr Menschen nicht um ein Recycling, sondern um ein Upcycling. Aus altem Zeug wird Neues – wie aus alten Schranktüren ein Tisch oder aus einem Bettgestell eine Bank bei der Stadtmission in der Malmöer Straße. Hier gibt es auch eine Upcycling-Werkstatt vom Label Water to Wine.
Noch weiter gedacht, werden die alten Materialien zu Alltagsgegenständen und irgendwie auch zur Kunst und weiter verkauft, wie in der Kastanienallee und im Mauerpark. Es lohnt sich also auch noch einen Blick auf Läden und Geschäfte zu werfen, die vielleicht Interesse an – gut erhaltenen – Einrichtungsgegenständen und Materialien haben.
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Anja Mia Neumann würde nach dieser Recherche nie wieder ein altes Elektrogerät in den Hausmüll schmuggeln und erst recht darauf achten, dass ihre alte Waschmaschine nicht auf illegalen Müllhalden in Asien oder Afrika landet.
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