Die Angst vor der giftigen Erde

von Anja Mia Neumann 1. März 2016

Am Thälmann-Park gibt es noch überirdische Heizungsrohre. Dort – wo eifrig Bodenproben auf Giftstoffe untersucht werden – soll gebaut werden. Viele Anwohner sind dagegen. Warum? Ein Podcast.

Die drei Männer auf dem ehemaligen Güterbahnhof Greifswalder Straße sind überzeugte Thälmann-Park-Bewohner. Volker Herold, Wolfram Langguth und Jörg Friedrich sind gekommen, um zu erzählen, warum sie gegen eine Bebauung des Geländes sind. Sie lehnen an der mit Graffiti beschmierten Steinmauer eines früheren Bahngebäudes und gucken auf überirdische Heizungsrohre, brüchigen Asphalt und verteilten Müll zwischen Sträuchern.

Richtung Süden vor den DDR-Hochhäusern liegen die Parkplätze in der Lilli-Henoch-Straße. Auch sie sollen (in Berlin-Besitz) zusammen mit dem Streifen an der S-Bahn-Trasse (gekauft von Investor Christian Gérôme) bebaut werden: 600 Wohnungen sind geplant, ein Schulcampus, vielleicht dazu ein Hotel.

 

Lieber gepflegtes Grün statt neuer Nachbarn

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Den Dreien von der Anwohnerinitiative Thälmann-Park gefällt das gar nicht. Wohnungsmangel, schön und gut, sagen sie. Aber die Erde sei nach einem unsachgemäßen Gaswerks-Abriss zu DDR-Zeiten mit Giften belastet. Ihre Bedenken: Die Kosten für die Entsorgung der Erde seien kaum zu stemmen. Außerdem werde eine wichtige Frischluftschneise der Stadt zerstört. Nicht zu vergessen: Die Autos der Thälmann-Park-Siedlung stünden in Konkurrenz zu den Autos der neuen Bewohner und die vergleichsweise ruhige Lage ihrer Häuser wäre dahin. Und die günstigen Mieten von teilweise 5 bis 5,50 Euro pro Quadratmeter vielleicht gleich mit.

Ihre Vision: ein Skaterpark, Sportflächen und „gepflegtes Grün“ statt Neubauten. Aber hört selbst. Es kommen in äußerst engagiertem Redefluss zu Wort: Langguth (seit 1985 wohnt er im Thälmann-Park), Friedrich (seit 1986 Mieter) und Herold, der vor zehn Jahren unter anderem wegen seines Hundes in die Anlage zog.

 

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„Bahngelände nicht belastet“

Der zuständige Stadtrat für Stadtentwicklung Jens-Holger Kirchner (Grüne) versucht, die Bedenken zu entkräften. Denn vor allem die Sorge wegen der Bodenbelastung wiegt schwer. Das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs sei aber „nicht über die normale Bahnflächen-Kontaminierung hinaus“ betroffen. Bodenproben hätten das ergeben. Ein Grund: Es liege sechs Meter über den zu bebauenden Parkplätzen.

Doch so ganz geheuer scheint dem Bezirksamt das alles dennoch nicht zu sein. Laut Kirchner hat es eine weitere Untersuchung der Erde angeordnet, nämlich der unter den Parkplätzen. Der aktuelle Stand der Dinge an der Lilli-Henoch-Straße: „Es soll sich im verträglichem Rahmen halten und die Kosten für den Austausch des Bodens ebenfalls.“ Die Kosten für die Voruntersuchungen zur Bebauung summierten sich auf über 200 000 Euro, davon rund  56 000 Euro für die Machbarkeitsstudie.

Und falls irgendwann gebuddelt wird? Dann auch rund fünf Meter in die Tiefe für eine Tiefgarage. Die Heizungsrohre, die wohl aus gutem Grund in dem Bereich noch immer überirdisch verlaufen, würden dann auch in die Erde wandern.

In der Tagung der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwoch ist die Bebauung nördlich des Thälmann-Parks ein Top-Thema, samt Aktueller Stunde auf Antrag der Linken und Abstimmung über den Einwohnerantrag.

 

Auszug aus der Machbarkeitstudie zur Bebauung nördlich des Ernst-Thälmann-Parks, mit Genehmigung des Bezirksamts. Bearbeitung: tt 

 

In unserem BVV-Schwerpunkt berichtet wir über die Agenda unserer Politiker und sind „Vor Ort im Thälmann-Park“, wir twittern live von der Tagung und analysieren die wichtigsten Zitate unserer Politiker.

 

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