Bürger in die Gartenhandschuhe

von Anja Mia Neumann 19. August 2015

Sind Sie letztens auch an einem Stück Wildnis vorbeigekommen? Mitten in Prenzlauer Berg? Gut möglich. Denn für Parkpflege hat der Bezirk vor allem eines: kein Geld. Anwohner können etwas ändern.

Dachten Sie letztens auch mal: Wie nennt sich eigentlich dieser Busch rund um das Schild, das eine Grünanlage ausweist? Die Wahrscheinlichkeit ist groß. Denn auch wenn das der Stil des Sommers ist: Meterhohes Unkraut in dicht besiedelten Gebieten wie Prenzlauer Berg fällt eben auf.

Manch einem Anwohner juckt es da in den Fingern. Kann es auch, denn von Seiten des Bezirks ist wenig zu erwarten: „Wir haben die finanziellen Mittel hinten und vorne nicht, um uns um die Grünflächen zu kümmern“, sagt Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung, Jens-Holger Kirchner (Grüne).

 

Aus Wut wurde Engagement

 

Wer diesen Offenbarungseid als Anlass nehmen möchte, sich zu engagieren – und zu Rechen, Greifzange und Heckenschere zu greifen – es gibt eine Best-Practice-Geschichte. In Form einer Gruppe von Anwohner, die zeigen, wie es gehen kann. Die Gärtnerinitiative Arnswalder Platz.

Denn dass Gärtnern bei Großstädtern schwer in Mode ist, wissen wir spätestens seit der teils liebevollen Begrünung von Baumscheiben. Wie sich nun ganze Parks aufhübschen lassen, das erklärt Carsten Meyer. Er ist Teil der Initiative am Arnswalder Platz.

Vor fünf Jahren war Meyer wütend. Der Platz, an dem er wohnt, war gerade aufwändig saniert worden und dann passierte: nichts. Unkraut wuchs, Müll sammelte sich. Kurz: Ein Gartendenkmal verkam. Deshalb griffen die Anwohner selbst zu Gartengeräten und taten, was sie aus ihrer Sicht zu mussten.

 

„Plakate aufhängen!“

 

Mittlerweile lagern Scheren, Handschuhe, Harken, Besen und noch mehr Instrumente zum Gärtnern in einem privaten Keller – größtenteils finanziert vom Bezirksamt. Ein Mal im Monat werden sie herausgeholt. Dann bringen zwischen 15 und 20 Freiwillige ihren Arnswalder Platz auf Vordermann.

„Inzwischen haben wir erkannt, in welchen wirtschaftlichen Zwängen der Bezirk ist“, sagt Meyer. Der Personalschlüssel sei schlecht, das Geld gering, die Kürzungen groß.

Der Arnimplatz ist ein Paradebeispiel für Wildwuchs. (Foto: Anja Mia Neumann)

 

Was rät er nun Gärtner-Laien, die etwas gegen die Wildnis vor ihrer Haustür tun wollen? „Hängen Sie Plakate auf, suchen Sie Mitstreiter.“ Am besten sollten Freiwillige mit dem Straßen- und Grünflächenamt Kontakt aufnehmen und ihre Arbeit mit Fotos dokumentieren, meint Meyer. Als Start eigne sich der „Aktionstag für ein schönes Berlin“ am 18. und 19. September.

 

Bezirk und BSR können helfen

 

Der Bezirk stelle Arbeitsmaterialien und Container für Abfälle, erklärt Kirchner. „Wir brauchen die Hilfe der Anwohner und unterstützen.“ Müllsäcke, Besen und Greifzangen gebe es gratis bei der BSR, sagt Meyer. Wichtig sei es, zu zeigen, dass man langfristig aktiv sein möchte und auch in der Vergangenheit etwas getan hat. „Aus dem Nichts Geld beantragen, wird schwierig.“

Inzwischen ist aus dem Arnswalder Platz ein sauberer Platz mit Rosenbeeten geworden. Meyers Fazit: Es macht ihm Spaß, er powert sich an Gärtnertagen aus, Freundschaften sind entstanden. Wichtig nur: die Gemeinschaft. „Sonst würde ich mich ausgebeutet fühlen.“

 

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