Unter Ausschluss der Öffentlichkeit haben Pankows Bezirkspolitiker beschlossen, das Amt in der Fröbelstraße an das Land Berlin zu übertragen. Wir veröffentlichen trotzdem, dass nun für 23 Millionen Euro saniert werden soll – was nicht reicht.
Der Bezirk gibt zum 1. Januar 2016 sein Bezirksamt in der Fröbelstraße auf und verbleibt doch mit seiner Verwaltung am Standort. Statt wie bisher selbst Eigentümer des Areals zu sein, wird er Mieter der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die die Immobilien des Landes Berlin verwaltet und nun auch die Fröbelstraße in ihre Obhut nimmt. Dafür wird die BIM die dringend nötigte Sanierung der alten Gebäude angehen und finanzieren. So haben es die Pankower Bezirksverordneten bei Ihrer Sitzung am heutigen Mittwochabend beschlossen, und damit müsste der Artikel eigentlich enden. Denn was diese Übertragung der Immobilie aus Bezirks- in Landeseigentum im Detail ausmacht, soll geheim bleiben.
„In nicht öffentlicher Tagung sind als vertraulich in jedem Fall zu behandeln: 1. Grundstücksangelegenheiten“, so steht es in der Geschäftsordnung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Normalerweise sollen so die Rechte privater Eigentümer geschützt werden. Doch wenn wie in diesem Fall zwei staatliche Institutionen miteinander die wichtigste politische Entscheidung der Bezirkslegislatur auskaspern, und dabei die Öffentlichkeit ausschließen, sorgt diese Vorgabe für einen Skandal.
Geheim tagen? „Das geht gar nicht.“
So sehen es zumindest die Piraten, die sich aus diesem Grund selbst von der Abstimmung ausgeschlossen haben: „Wir stehen für Transparenz. Wenn wir uns bei einem so wichtigen Thema auf Hinterzimmerpolitik einließen, machten wir uns doch völlig unglaubwürdig“, sagt ihr Fraktionsvorsitzender Jan Schrecker.
Auch Cornelius Bechtler, der den gleichen Posten bei den Grünen bekleidet, ist die Sache überaus unangenehm. „Das geht gar nicht“, meint er. Leider sei die Tragweite dieses Punkts der Geschäftsordnung erst zu spät aufgefallen; nun wolle man das ändern. Ähnlich argumentiert auch SPD-Fraktionsvorsitzende Rona Tietje.
An der geheimen Abstimmung teilgenommen haben ihre Parteien – wie auch die anderen Fraktionen – jedoch trotzdem.
Drei Jahre ist es her, dass die Pankower Bezirksverordneten beschlossen haben, sich von dem ehemaligen Krankenhausgebäude, das seit den 1930er Jahren als Verwaltungssitz genutzt wird, zu trennen. Ihr ursprünglicher Plan, auf dem Gelände Gewerbe, Kultur- und Bildungseinrichtungen unterzubringen und mit dem Amt in ein modernes Bürogebäude umzuziehen, wurde jedoch vom Land kassiert. Sich bei einem Dritten einzumieten, sei zu teuer, hieß es. Daraufhin entwickelte sich die Idee, das Areal ins Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin (SILB) zu überführen, in dem die landeseigenen Gebäude gebündelt werden. Über Monate wurde hart verhandelt, wie diese Übertragung laufen soll. Dass man nun eine Einigung erzieht hat, beweist der heute unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällte Beschluss – dessen Dokumente dennoch den Weg in unsere Redaktion gefunden haben.
Nicht länger geheim: BIM will 23 Millionen Euro investieren
Daraus geht hervor, dass die BIM sich verpflichtet, den Gebäudekomplex für 23 Millionen Euro zu sanieren. Geld ist für die Instandsetzung aller Häuser vorgesehen; am teuersten wird mit 4,3 Millionen Euro das Haus 6, in dem unter anderem das Bürgeramt residiert. Angegangen werden sollen Brandschutzmaßnahmen, die Beseitigung nicht näher definierter Schadstoffe, die Sanierung der Außenfassade sowie der Einbau neuer Technik. Zudem sind Umbaumaßnahmen angedacht, damit die Verwaltung enger zusammenrücken und damit platzsparender ungebracht werden kann. Langfristig sollen so die Aufgabe und der Verkauf der Berliner Allee 100 in Weißensee möglich werden. Einen Zeitplan gibt es jedoch noch nicht, da dafür auch der BVV-Saal im alten Rathaus Weißensee zu Büroräumen umgebaut werden muss und dem Bezirk das Geld dafür derzeit fehlt.
Die Arbeiten an der Fröbelstraße sollen hingegen 2017 beginnen und 2021 abgeschlossen werden. Damit der Betrieb auch währenddessen weitergehen kann, wird das Aufstellen von Büro-Containern auf dem Gelände erwogen.
Finanziell ein Nullsummenspiel
Aus eigener Kraft könnte der Bezirk diese umfassende Instandsetzung der Gebäude, die teilweise das letzte Mal zur Beseitigung von Bombenschäden nach dem Zweiten Weltkrieg einen Bauarbeiter gesehen haben, nicht stemmen. Diese Belastung ist er mit der Übertragung der Immobilie an das Land los. Darüber hinaus lohnt sich diese finanziell jedoch kaum: Bislang bekommt der Bezirk bei den Haushaltszuweisungen durch das Land Geld dafür abgezogen, dass er seine eigene Immobilie nutzt. In Zukunft wird er an die BIM für die Nutzung der Fröbelstraße bezahlen – ein Nullsummenspiel.
Und noch etwas anderes scheint den Bezirkspolitikern Bauchschmerzen zu bereiten. Zwar mag niemand darüber sprechen – ist schließlich alles geheim. Doch aus einer kurz vor der Verabschiedung nachgeschobenen Ergänzung des Beschlusses geht hervor, dass man sich Sorgen macht, dass die BIM die Sanierung nur halbherzig angeht.
Barrierefreiheit? Nur, wenn das Geld reicht
So wird an die Übertragung der Areals nun die Forderung geknüpft, noch einmal ausführlich darzulegen, wie genau die Gebäude barrierefrei, energieeffizient und mit moderner Technik ausgestattet werden sollen.
Im ursprünglichen Beschluss hält man sich etwa in Sachen Barrierefreiheit sehr bedeckt. Das Haus 7 mit den Fraktionsbüros und dem BVV-Saal soll etwa nur dann einen dringend benötigten Aufzug bekommen, wenn nach Abschluss aller Arbeiten noch etwas von den eingeplanten 23 Millionen Euro übrig ist.
Dies ist die Schattenseite, wenn man sein eignes Haus verschenkt, weil man die Instandhaltung selbst nicht stemmen kann: Man verliert die Entscheidungsgewalt.
Ab jetzt kann der Bezirk nur hoffen, dass das Land die Fröbelstraße auch nach seinen Vorstellungen bewirtschaftet.
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