Die BVV beschließt den Haushalt, rettet – vorerst – die Kultur und setzt dafür auf die Übertragung von Immobilien des Bezirks an Treuhänder. Diese Entscheidung ist jedoch umstritten.
Nach Wochen harter Diskussionen hat die Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am heutigen Mittwochabend den Bezirkshaushalt verabschiedet. Die Kürzungen im Kulturbereich wurden abgewendet, der Haushalt ist dennoch ausgeglichen. Dafür ist jedoch nun vorgesehen, das Kulturareal Ernst-Thälmann-Park treuhänderisch an die gemeinnützige Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE) abzugeben und das Bezirksamtsgelände in der Fröbelstraße an den Liegenschaftsfonds zu übertragen. „Die Grundidee ist, die begrenzten Mittel nicht in sanierungsbedürftige Gebäude, sondern in Menschen zu stecken“, meinte Kulturstadtrat Torsten Kühne (CDU).
Künstler wollen sich nicht zu früh freuen
Vorausgegangen war dieser Entscheidung eine lange Diskussion. Denn die anwesenden Künstler, die jede Möglichkeit innerhalb der strengen BVV-Regeln zur Wortmeldung nutzten, waren durchaus nicht völlig hingerissen von der neuen Entwicklung. „Wir stellen erstmal keinen Sekt kalt“, meinte etwa Jens Becker von Aktionsbündnis Berliner Künstler. Noch gebe es zu viele Unbekannte in der Gleichung, die die Rettung des Kulturareals Ernst-Thälmann-Park als Ergebnis haben soll: Weder habe die GSE, welche das Gelände treuhänderisch übernehmen soll, dieses gesehen, noch habe der Kulturstadtrat überzeugend bewiesen, auch dauerhaft Interesse an der Erhaltung der Bezirkskultur zu haben. Zudem wisse man noch nicht, wie das Abgeordnetenhaus und der Finanzsenator über diesen Haushaltsentwurf aus Pankow dächten. Denn auch wenn die BVV den Entwurf bereits verabschiedet hat: Das letzte Wort in Haushaltsfragen hat immer das Abgeordnetenhaus, welches sich im Juni mit den Bezirkshaushalten befassen wird. „Wir warten erstmal die kommenden Monate ab, bevor wir die Kultur als gerettet ansehen“, so Becker.
Darüber hinaus wurde von den anwesenden Zuhörern vor allem die Abwicklung der Seniorenfreizeitstätte „Stille Straße“ kritisiert. Die Einrichtung soll geschlossen werden, die Angebote in andere Räume umziehen. Auch für die Musikschulstandorte und die Bibliotheken, darunter auch die Ehrenamtsbibliothek Kurt-Tucholsky in der Esmarchstraße, verheißt der Haushalt nur eine vorübergehende Entwarnung: Zwar ist die Finanzierung vorerst gesichert; das Bezirksamt soll nun aber die komplette Struktur auf den Prüfstand stellen. In diesem Bereich ist der aktuelle Haushalt also nur eine Abwendung der Kürzungen mit Antrag auf Wiedervorlage.
Opposition hält Abgabe der Immobilien für einen Schnellschuss
Natürlich sparte auch die Opposition vor der Verabschiedung des Haushalts nicht mit Kritik an dessen Entwurf, der vor allem auf das Konto von SPD und Grünen geht. So sei die Abgabe der Bezirksgebäude an Treuhänder ein Schnellschuss, meinte CDU-Fraktionsvorsitzender Johannes Kraft. „Sie versuchen, das Interesse der Öffentlichkeit derzeit zu nutzen, um einen künstlichen Druck zur Abgabe von Immobilien aufzubauen.“ Seine Fraktion wolle hier keine Tatsachen schaffen, bevor völlig klar sei, welche Konsequenzen diese Entscheidungen hätten. Michael van der Meer von der Linksfraktion stellte gleich die ganze ursprüngliche Streichliste in Frage: „Da standen doch nicht die Einrichtungen drauf, die am meisten Kosten, sondern die, die den größten öffentlichen Aufschrei produzierten.“ Dieses Konzept sei jedoch aufgegangen, müsse er zugeben.
Ob mit diesem Haushalt die Kultur im Bezirk tatsächlich langfristig gerettet ist, bleibt somit noch offen. Denn konkrete Gespräche gab es bislang weder mit der GSE noch mit dem Liegenschaftsfonds. Somit wird aus diesem Bezirkshaushalt eher ein „So könnte es gehen“ als ein „So geht’s“. Die Bezirksverordneten haben nun ihren guten Willen bekundet. Jetzt sind das Bezirksamt und das Abgeordnetenhaus am Zug.
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