Der Mauerpark, fünf Winter, drei Millionen und ein Tunnel

von Juliane Schader 9. Januar 2014

Ausgerechnet unter dem Mauerpark wollen die Wasserbetriebe einen 700 Meter langen Tunnel mit fast vier Metern Durchmesser bauen. Tunnelbohrung bei Parkbetrieb – wie soll das gehen?

Als habe der Mauerpark nicht schon genug Probleme: Übernutzt ist er, nach jedem Sommerwochenende stark vermüllt, außerdem nur unvollständig erweitert und wie genau das mit dem Baugebiet im Norden wird, das weiß auch noch keiner. Und jetzt kommen auch noch die Berliner Wasserbetriebe und wollen ihn auf seiner kompletten Länge untertunneln. Muss das sein?

Ja, meint Stephan Natz, Sprecher der Wasserbetriebe. Schließlich sei der Tunnel, der dort auf 725 Metern Länge in acht Metern Tiefe entstehen soll, für den guten Zweck: Er soll helfen, Spree und Panke in Zukunft sauberer zu halten.

 

7000 Kubikmeter Speicherplatz

 

Sobald es stark regnet und die Kanäle überfließen, landet das zusätzliche Wasser nämlich in den Flüssen. Das ist problematisch, weil sich in Berlin Regen- und Abwasser die Kanäle teilen, sodass beim Überlaufen auch immer Abwasser mit in den Flüssen landet. Um dies zu verhindern, bauen die Wasserbetriebe seit Jahren in der ganzen Stadt neuen Stauraum, der bei heftigen Regenfällen geflutet werden kann (wir berichteten über die jüngste Fertigstellung in der Storkower Straße). Von dort können die Wassermassen dann gedrosselt in die Kläranlagen geleitet werden. Ein solcher zusätzlicher Stauraumkanal mit 7.000 Kubikmeter Speicherplatz soll unter dem Mauerpark entstehen und das Wasser aus dem Gleim- und dem Kastanienkiez auffangen. „Seit zwei Jahren laufen die Planungen“, sagt Natz. Frühester Baubeginn sei 2016.

Nun ist der Mauerpark nicht irgendeine Berliner Grünfläche, sondern ein Touristenmagnet sowie ein wichtiger Park für die Anwohner des dicht bebauten Prenzlauer Bergs. Folglich zeigte sich der Bezirk zunächst nur mäßig begeistert von der Idee, dort eine Großbaustelle einzurichten – denn nicht weniger ist für die Anlage des Kanals vonnöten.

Im Herbst des vergangenen Jahres präsentierte man als Lösung, die Arbeiten von zwei großen Gruben an der Gleim- und der Eberswalder Straße aus unterirdisch durchzuführen. Im Park selbst sollten nur, wie bei der Kanalisation üblich, kleine Einstiegsschächte gebaut werden, über die man den Kanal erreichen kann. Zudem sollte ausschließlich im Winter gearbeitet werden, um den Parkbetrieb möglichst wenig zu stören. Statt es in zwei Jahren durchzuziehen sollte das Projekt damit fünf Winter lang dauern; die Kosten sich von elf auf etwa vierzehn Millionen Euro erhöhen.

 

Mehr Geld für längere Bauzeit: unvermittelbar

 

Vielleicht doch keine so gute Idee, überlegte sich der Bezirk um die Jahreswende. „Augen zu und durch“ ist jetzt das Motto, sagt Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung. Die Pause im Sommer soll also ausfallen. „Es ist einfach nicht vermittelbar, für eine längere Bauzeit drei Millionen Euro Steuergeld mehr auszugeben“, meint Kirchner. Denn um Steuergeld handele es sich bei den Investitionen der Wasserbetriebe, seitdem das Land Berlin diese zurückgekauft habe.

Für die engagierten Bürger am Park kam diese Kehrtwende etwas abrupt: „Wir haben nichts gegen Gewässerschutz. Aber wir fühlen uns von der Art und Weise, wie hier plötzlich die Rahmenbedingungen der Planung geändert wurden, völlig überrumpelt“, meint Alexander Puell von den Freunden des Mauerparks. Schließlich habe es nicht nur Folgen für die Besucher und Anwohner des Parks, sondern auch für die Touristen und somit die Gewerbetreibenden, wenn am Mauerpark gebaut werde.

„Für viele Gewerbetreibenden sind Berlin-Touristen ein wichtiges Standbein“, so Puell. Daher sei es wichtig, dass bei der Bauplanung auch deren Interessen berücksichtigt würden. „Wir werden uns und unser Wissen über den Park und dessen Nutzung gerne bei der Planung mit einbringen, um die Einschränkungen durch die Arbeiten für alle möglichst gering zu halten.“

 

Baustelle als Attraktion

 

Aus Sicht von Stephan Natz von den Wasserbetrieben ist es für so viel Engagement noch viel zu früh. „Derzeit gibt es noch keine Detailplanung“, sagt er. Die könne erst erfolgen, wenn der Bezirk sich endgültig entschieden habe – das stehe noch aus. Erst danach könnte das Projekt weiter vorangetrieben und ausgeschrieben werden. „Es ist durchaus möglich, dass sich dann noch einmal etwas an der Planung ändert. Gegenüber kreativen, alternativen Vorschlägen der Bieter sind wir offen.“

Folglich steht auch noch nicht genau fest, welche Einschränkungen den Anwohnern durch die beiden Gruben bevorstehen. Die Gleimstraße müsse wohl zeitweise gesperrt werden, sagt Natz. Ob Gleiches auch für den Gleimtunnel gelte, sei noch offen. Wichtig sei den Wasserbetrieben jedoch, dass die Baustelle kein Fremdkörper im Park werde. „Sie soll eine eigene Attraktion werden, eine Schaustelle.“ Wie das genau aussehen könne, stehe allerdings noch nicht fest. Schon jetzt seit vorgesehen, den Kanal vor seiner Inbetriebnahme ein paar Tage für Besucher zu öffnen, damit diese einmal unter dem Mauerpark durch den Kanal mit seinen 3,8 Metern Durchmesser flanieren können.

Die endgültige Entscheidung über den Bauverlauf fällt das Pankower Bezirksamt lauf Stadtrat Kirchner noch im Januar. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) werden dann nur noch in Kenntnis gesetzt – „Das ist ein reiner Verwaltungsakt und fällt nicht in die Zuständigkeit der Bezirksverordneten“, so der Stadtrat.

 

 

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