Bötzow-Brauerei wird Forschungsstandort

von Thomas Trappe 25. April 2013

Planänderung: Statt Lofts soll die „weltweit modernste orthopädische Werkstatt“ entstehen, drumherum ein „Future Lab“. Heute wurden die neuen Pläne vorgestellt.

Sicher, Lofts wären auch schön gewesen, sagt Klaus Wowereit (SPD), am heutigen Donnerstag hier in seiner Eigenschaft als Kultursenator und weniger als Regierender Berlins. „Aber von der neuen Idee haben wesentlich mehr Leute etwas“, sagt er. Und meint die Pläne, die der Investor Hans Georg Näder für das 24.000 Quadratmeter große ehemalige Brauereigelände am Eingang Prenzlauer Bergs hat und nun im Rahmen einer Pressekonfrenz präsentierte. Vieles von dem, was Näder darstellte, war schon in früheren Planungsphasen skizziert. Aber ein paar gravierende Änderungen gibt es eben auch – die ursprünglich geplanten Lofts werden geopfert.

Und zwar zugunsten des sogenannten „Ottobock Future Labs“. Schon in früheren Plänen war von einer Kreativfabrik die Rede, dass aber in dem jetzt geplanten Umfang investiert wird, war nicht klar. 40 Millionen Euro sind eingeplant für ein 8.600 Quadratmeter großes Lab, im Frühjahr 2015 soll es stehen und 200 Menschen Arbeit geben. Das Lab ist eine Forschungswerkstatt des Medizintechnik-Unternehmens Otto Bock Healthcare, dessen Eigentümer und Geschäftsführer Hans Georg Näder ist. Näders Unternehmen machte im vergangenen Jahr fast eine dreiviertel Milliarde Euro Umsatz mit der Entwicklung und Produktion von – unter anderem – Prothesen, Rollstühlen und Neuroimplantaten. 

Entsprechend ist der Fokus des Labs. Hier sollen in einem Think Tank, einer Design Academy und in der nach Unternehmensangaben „weltweit modernsten orthopädischen Werkstatt“ neue Konzepte für vornehmlich Otto-Bock-Produkte entstehen. Ein Entwicklungsteam beschäftigt sich mit der Frage nach der „Digitalen Zukunft“. Darüber hinaus soll die gesamte Berliner Kreativszene profitieren. Es entstehe „hier zugleich ein Inkubator, eine Brutstation für zukunftsgerichtete Gedanken und Entwurfskonzepte junger Unternehmen in Berlin“, erklärte das Unternehmen.

 

Ab 2015 sollen Wohnungen gebaut werden

 

Große Probleme mit der Finanzierung wird Näder nicht bekommen; im vergangenen Jahr stieg sein Umsatz um 15 Prozent, und auch in diesem Jahr wird er laut Näder zweistellig sein. Gedankt sei das vor allem neuen Märkten in Asien, Südamerika und Nordafrika. Das Lab passe nach Berlin, weil es wie die Stadt „für vertikale und horizontale Offenheit steht“, sagte Näder. Es ist bereits der zweite Standort von Otto Bock in Berlin, der erste wurde vor wenigen Jahren am Potsdamer Platz eröffnet: Das Otto Bock Science Center. Seinen Firmensitz hat das Unternehmen im niedersächsischen Duderstadt, seine Wurzeln liegen aber in Berlin. 

Für die weiteren Pläne auf dem Bötzow-Gelände stellte Näder bei der Pressekonferenz den groben Fahrplan vor. Demnach wird derzeit noch auf den genehmigten Bauantrag für das Lab gewartet, sobald er da ist, werden die ersten vier Häuser im Nordosten des Geländes saniert und eine Tiefgarage gebaut. Auch noch in diesem Jahr soll die Sanierung der Häuser 5 bis 7 beginnen, außerdem die der 5.000 Quadratmeter Kellerwelten. In diesen Bereichen werden Clubs, Gastronomie, Ateliers und ein 100-Zimmer-Hotel Platz finden. Ab 2015 sollen im Süden dann Wohnungsneubauten entstehen, „aufgrund der städtebaulichen Relevanz“ laufen dazu schon Abstimmungen mit dem Land Berlin. Insgesamt 150  Millionen Euro werden auf dem Gelände investiert.

 

Tim Raue eröffnet Restaurant

 

Wowereit, dann doch in seiner Eigenschaft als Regierender, lobte die Investitionen, die Wirtschaftskraft in die Stadt bringen und Prenzlauer Berg zusätzliche Attraktivität. Und ließ es sich nicht nehmen dazu aufzufordern, „dass man sich auch amüsieren soll“ – er meinte die gastronomischen und künstlerischen Einrichtungen, die ebenfalls auf dem Gelände untergebracht werden. Der Sterne-Koch Tim Raue wird bereits am 17. Mai im Atelierhaus ein Restaurant eröffnen. Am gleichen Tag wird auch das Croco Bleu von Barmixer Gregor Scholl im ehemaligen Maschinenraum erste Gäste empfangen. 

Erstmals geöffnet für Publikumsverkehr wird das Gelände an diesem Wochenende: Bauhistoriker führen über und erklären das Gelände. Und das Künstlerduo Eva & Adele eröffnet seine einmonatige Ausstellung im Atelierhaus. Auch ein Auftragswerk steuerten sie für das Gelände bei: Eine zehn Meter hohe Lichtinstallation, die fortan vom Brauereischornstein das Wort „Future“ in den Berliner Himmel strahlen wird. 

 

Zur Geschichte der Bötzowbrauerei und der Neu-Entwicklung lesen Sie unser „ABC zur Bötzow-Brauerei.

 

 

UNSER FREUNDESKREIS: Werden Sie Mitglied im Freundeskreis der Prenzlauer Berg Nachrichten und stärken Sie damit die Unabhängigkeit Ihrer Lokalzeitung! Mehr Infos hier.

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar