Eigentlich dürften laut Gericht die meisten Läden an Sonntagen nicht öffnen. Stadtrat Kühne will jetzt für neue Berlin-weite Regeln kämpfen. Doch erstmal ist die Zukunft der Spätis ungewiss.
Betreiber sogenannter Spätis in Prenzlauer Berg sollten in diesem Sommer auf einen Bauboom hoffen. Dieser böte immerhin die Möglichkeit, dass der Bauarbeiter, der bereits im März mehrere Spätis wegen Missachtung der Ladenschlussgesetze anzeigte, in den kommenden Wochen etwas anderes zu tun hat. Hätte er es nicht, drohen den zig Läden des täglichen Bedarfs echte Probleme. Der für das Ordnungsamt zuständige Stadtrat Torsten Kühne (CDU) jedenfalls geht davon aus, dass es Gegnern von Spätis „jetzt noch leichter fällt, Steine in den Weg zu legen“. Dagegen will Kühne gerne ankämpfen – aber erst mal ist Sommer, und das heißt für viele Spätibetreiber an den Wochenenden: Erhöhte Gefahr.
Grund dafür ist ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg, das dem Bezirksamt seit einigen Wochen Kopfzerbrechen bereitet. Das OVG hatte entschieden, dass die bisherig Berlin-weit geübte Praxis nicht geltenden Gesetzen entspricht. Demnach sei es nur möglich, an Sonntagen Waren des täglichen Bedarfs – Blumen, Backwaren, Zeitungen etc. – zu verkaufen, wenn auch unter der Woche in den Läden ausschließlich dieses eingeschränkte Angebot geboten wird. Bisher galt für viele die Rechtsauslegung, dass es reicht, sonntags das zusätzliche Warenangebot abzudecken, um öffnen zu können.
Sanktionen leichter möglich
Nun ist es nicht so, dass bisher der strikte Geist des Gesetzes eingehalten wurde, ging es um das Betreiben von Spätis an den Wochenenden. Das weiß jeder, der schon ohne Probleme am Sonntagabend eine Flasche Bier beim Händler um die Ecke geholt hatte – denn auch nach alter Gesetzeslage ist das eigentlich nicht erlaubt. Oft scheitert die Durchsetzung der Vorschrift am Personalmangel in Ordnungsämtern; auch im Bezirk Pankow ist es nicht anders, wie Stadtrat Kühne betont. Trotzdem gehe die Annahme fehl, dass deswegen alles so weiter laufen könnte wie bisher. Dafür seien die neuen Maßgaben zu eindeutig und Verstöße zu leicht festzustellen. Anzeigen können so leichter zu Sanktionen führen.
Mit Mitgliedern des Berliner Abgeordnetenhauses hat Kühne sich deswegen jetzt kurzgeschlossen, bestätigte er auf Anfrage. „Es ist der Gesetzgeber gefordert.“ Es gehe darum, einen Weg zu finden, die vor allem in Prenzlauer Berg Jahrzehnte gewachsene Tradition der Spätverkäufe zu erhalten. Kühne schlägt deshalb vor, die bereits bestehende Ausnahmeregelung für Bahnhöfe und Flughäfen auf „Läden des täglichen Ge- und Verbrauchs“ auszuweiten. Es bedürfe dazu nur einer Einfügung einer entsprechenden Passage in das betreffende Gesetz, so Kühne. Zu rechnen ist mit solch einer Änderung aber erst nach der Sommerpause. Bis dahin müssen Späti-Betreiber darauf setzen, dass kritische Anwohner und die Behörden noch mehr Augen zudrücken als bisher.
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