Rechte Gewalt im Milchschaumland

von Juliane Schader 1. Dezember 2011

Auch in Prenzlauer Berg gibt es Rechtsextremismus. Zehn Vorfälle wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres hier gemeldet; die Dunkelziffer ist aber enorm.

Prenzlauer Berg ist doch nicht die Insel der Glückseligen. Zehn Fälle von Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus oder Homophobie verzeichnet das Pankower Register für den Ortsteil in der ersten Hälfte dieses Jahres. Nur im Ortsteil Weißensee gab es mit 16 Vorfällen mehr Meldungen. Auf 56 Fälle kommt der ganze Bezirk Pankow. Damit bleibt das Niveau gegenüber dem Vorjahr in etwa gleich, als es in ganz Pankow 115 Vorfälle gab, 30 davon in Prenzlauer Berg. In Treptow-Köpernick, wo ein vergleichbares Register geführt wird, wurden im vergangenen Jahr 162 rechte Taten gezählt.

Das Pankower Register erstellt seit sechs Jahren die Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus Moskito. „Dass Rechtsextremismus immer noch in der Mitte des Gesellschaft verankert ist, wie es die jüngsten Vorfälle in Zwickau gezeigt haben, überrascht uns nicht“, sagt Bettina Pinzl von Moskito. „Das ist unsere Realität.“ Vielmehr gebe es eine stillschweigende Akzeptanz gegenüber grenzüberschreitenden Äußerungen, die oft auch am Arbeitsplatz oder in der Familie zu hören seien. „Dabei darf man nicht einfach weghören, wenn jemand fremdenfeindlich daherredet.“

 

Viele extremistische Vorfälle werden nie gemeldet

 

Die große Toleranz macht es auch schwer, genaue Zahlen zu erfassen. Das Pankower Register wertet Polizeiberichte aus und berücksichtigt die Meldungen von Privatpersonen, die einen entsprechenden Vorfall bei Moskito anzeigen. Darunter fallen auch zum Beispiel Demonstrationen von rechtspopulistischen Parteien wie der NPD oder der Freiheit, die nicht verboten sind und deren Aktionen daher keine strafrechtlichen Folgen haben. „Wir berücksichtigen alle Formen rechtsextremistischer Aktivitäten“, sagt Pinzl. Die Dunkelziffer der Ereignisse, die nie gemeldet würden, sei aber enorm.

Die Vorfälle, die in diesem Jahr in Prenzlauer Berg erfasst wurden, reichen von einem zusammengeschlagenen und antisemitisch beschimpften Wirt in der Wichertstraße über das Verteilen von Pro-Deutschland-Postkarten in der Carl-Legien-Siedlung bis hin zum kurzfristig abgesagten Landesparteitag der Partei Die Freiheit in der GLS Sprachschule. „Die vergleichsweise hohe Zahl an Fällen in Prenzlauer Berg muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass es dort mehr Rechtsextreme gibt als beispielsweise in Buch, wo wir im ersten Halbjahr nur drei Fälle gezählt haben“, meint Pinzl. Vielleicht sei man hier einfach sensibler für das Thema. „Wir können nur an die Zivilcourage jedes einzelnen appellieren, rechtes Gedankengut nicht einfach zu tolerieren.“

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