Der Gleimtunnel muss mit

von Kristina Auer 12. April 2016

Bald soll auch der gesamte Gleimtunnel zu Pankow gehören. Der ist denkmalgeschützt, und dringend sanierungsbedürftig. Erst wenn klar ist, wer für den Tunnel verantwortlich ist, kann mit der Parkerweiterung begonnen werden.

Der Gleimtunnel zwischen den Ortsteilen Prenzlauer Berg und Gesundbrunnen ist ein Fleckchen, dem so einige Besonderheiten innewohnen. Besonderheit Eins: Er ist ein Stück Berliner Geschichte. Im Jahr 1903 als Eisenbahnüberführung erbaut, lief über ihn der Bahnverkehr der Berliner Nordbahn vom damaligen Güterbahnhof an der Ecke Bernauer und Schwedter Straße bis nach Stralsund. Bei Kriegsende wurde er von deutschen und russischen Truppen heftig umkämpft, von 1961 bis 1989 war er durch die Berliner Mauer unpassierbar.  Der Tunnel, der eigentlich eine Unterführung ist, ist heute einer der letzten in seiner Bauart so ursprünglich erhaltenen Tunnel Berlins. Vor allem die gusseisernen Säulen mit Kapitellen machen ihn zu einem historischen Bauwerk. Er steht unter Denkmalschutz.

 

Ein Zwischen-Ort

 

Dank seiner Ursprünglichkeit ist der Gleimtunnel vor allem auch eins: marode und dringend sanierungsbedürftig. Und hier kommt Besonderheit Zwei ins Spiel: Der Gleimtunnel ist ein Zwischen-Ort, ein Ort des Übergangs. Verwaltungstechnisch gehörte er seit jeher jeweils zur Hälfte zu den Bezirken Pankow und Mitte, besitztechnisch sind die Verhältnisse jedoch unklar. „Ehemals gehörten die Grundstücke südlich und nördlich des Tunnels dem Investor Groth“, sagt Bezirkstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Der wollte auf seinen Flächen Wohnungen bauen, es gab Bauverhandlungen zwischen Land und Investor und schließlich einen städtebaulichen Vertrag, so Kirchner. Groth gab die Grundstücke südlich des Gleimtunnels an das Land Berlin ab, im Gegenzug erhielt er Baurecht für die Flächen nördlich des Tunnels. Dort entsteht jetzt bekanntlich ein Neubaugebiet. Auf den südlichen Grundstücken wird stattdessen der Mauerpark erweitert.

Fortan herrschte also Eigentumsverwirrung um den Gleimtunnel, denn: Der nördliche Teil der Brückenkonstruktion steht auf dem Gebiet des ansässigen Investors Groth, der südliche stattdessen auf Boden, den dieser an das Land Berlin abgegeben hat. Wer ist also für den Tunnel verantwortlich – und vor allem für seine Sanierung?

 

Grenzverschiebung die Zweite

 

Aller Voraussicht nach lautet die Antwort: Das Land Berlin. Laut Kirchner kann mit dem Ausbau des Parks erst begonnen werden, wenn die Grundstücksübertragung von Groth an das Land Berlin abgeschlossen ist. Wie das Bezirksamt Pankow mittteilte, ist das Bebauungsplanverfahren derzeit bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Bearbeitung. Der Baubeginn für die neuen Parkflächen wird sich allerdings verspäten. „Je länger sich die Grundstücksübertragung verzögert, desto unwahrscheinlicher wird es, dass mit dem Bau noch in diesem Jahr begonnen werden kann“, so Kirchner. Was die Sanierung des Gleimtunnels kosten wird, ist bisher noch nicht ausgerechnet worden. Kirchner zufolge muss aber das Land Berlin und nicht der Bezirk Pankow die Sanierung bezahlen.

Die rote Linie markiert die ehemalige Grenze zwischen Pankow und Mitte. Die blaue zeigt die neue Grenze samt Gleimtunnel.

Quelle: Bezirksamt Pankow von Berlin

 

Zumindest wird jetzt wahrscheinlich die Bezirkszugehörigkeit des Gleimtunnels endgültig geklärt. Am Mittwoch soll in der Bezirksverodnetenversammlung (BVV) von Pankow beschlossen werden, dass der gesamte Tunnel fortan zum Bezirk Pankow gehört. Dafür brauchten die Bezirkspolitiker zwei Anläufe. Bei einer ersten Abstimmung im Januar wurde bereits die Verschiebung der Bezirksgrenzen im Bereich der erweiterten Parkflächen beschlossen. „Den Gleimtunnel haben wir dabei aber vergessen“, sagt Kirchner. Nachdem die BVV von Mitte ebenfalls die Grenzverschiebung beschlossen hat, allerdings samt Gleimtunnel, müssen jetzt „wortgleiche Beschlüsse“ gefasst werden, so Kirchner. Also muss der Beschluss vom Januar rückgängig gemacht und in der Fassung der BVV Mitte neu beschlossen werden.

Fraglich ist, ob der erste Beschluss vom Januar gewissermaßen einer selektiven Wahrnehmung unserer Bezirkspolitiker geschuldet ist, frei nach dem Motto „Was ich nicht sehen will, sehe ich nicht“. Die Groth-Gruppe dürfte sich aber in jedem Fall darüber freuen, den alten Tunnel möglicherweise bald losgeworden zu sein.

 

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