Ferienwohnungen: Genug Personal zur Kontrolle?

von Christiane Abelein 10. März 2014

Im Ziel sind sich alle einig: Die geschätzten 1500 Ferienwohnungen in Prenzlauer Berg sollen wieder auf den normalen Mietmarkt. Doch wie das gehen soll, darüber streiten sich Bezirk und Senat.

Es kommt nicht oft vor, dass sich der Rat der Bürgermeister geschlossen gegen einen Vorschlag des Senats stellt. In Sachen Zweckentfremdungsverbot aber waren sich die politischen Oberhäupter der Berliner Bezirke einig: So, wie bisher vorgesehen, wollen sie das Gesetz nicht. Geholfen hat es nichts. Der Senat hat die wohlklingende „Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ abgenickt. Damit kann das dazugehörige Gesetz umgesetzt werden, das schon im vergangenen November verabschiedet wurde und nun ab 1. Mai greifen soll.

Das stellt die Bezirke, und damit auch Pankow, offenbar vor größere Probleme. Dabei verfolgen sie durchaus das gleiche Ziel wie die Regierung Gesamtberlins: Beide wollen verhindern, dass Wohnungen kurzfristig zum Beispiel an Touristen vermietet werden. Doch es gibt einen großen Streitpunkt, was die Umsetzung dieses Ziels angeht: das dafür notwendige Personal.

 

Bezirksstadtrat Kühne: „Mir fehlt die Fantasie, wie das gehen soll.“

 

17 zusätzliche Stellen hat das Abgeordnetenhaus im Berliner Haushalt vorgesehen; sie sollen in den Bezirksämtern angesiedelt werden. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) hält das für „ausreichend“. Seine Sprecherin, Daniela Augenstein, geht noch weiter. Sie meint: „Wir in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt würden uns die Finger danach abschlecken. Wir müssen nämlich 220 Stellen einsparen.“

Ganz anders sieht das der zuständige Pankower Bezirksstadtrat Torsten Kühne. Der CDU-Mann sagt: „Mir fehlt absolut die Fantasie, mir vorzustellen, wie das gehen soll.“ Kühne ist überzeugt: Um alle Aufgaben erfüllen zu können, die durch das Zweckentfremdungsverbot auf die Bezirke zukommen (Anträge erfassen, Genehmigungen erteilen, möglichen Missbrauch kontrollieren, Rechtseinsprüche bearbeiten,…), braucht allein Pankow mindestens zehn neue Mitarbeiter.

„Und mit dieser Forderung waren wir schon zurückhaltend!“. Denn: Pankow sei – ja, man hört es ständig – ein wachsender Bezirk und die Wohnungslage sei angespannt. Und: Als in Berlin schon einmal ein solches Verbot zur Nutzung von Miet- als Ferienwohnungen galt, bekam laut Kühne allein Pankow 19,5 zusätzliche Stellen, in ganz Berlin waren es 173.

 

Bezirk erwartet Klagewelle

 

Dieses alte Verbot wurde übrigens im Jahr 2002 rückwirkend zu September 2000 vom Oberverwaltungsgericht außer Kraft gesetzt, weil sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt entspannt hatte. Warum wir das hier erzählen? Weil Kühne durchaus mit einer Klagewelle rechnet. Allerdings weniger wegen der Frage, ob der Wohnungsmangel etwa in Pankower Ortsteilen wie Buch oder Karow so drängend ist, dass das Verbot der anderweitigen Nutzung gerechtfertigt ist.

Sondern weil der Leiter der Abteilung Verbraucherschutz, Kultur, Umwelt und Bürgerservice befürchtet, dass es zum Teil Monate dauern könnte, bis die Anträge bearbeitet werden: „Wenn wir nicht mehr Stellen bekommen, müssen wir mit den Ressourcen arbeiten, die wir haben.“

Das könnte im Ernstfall heißen: Das Gesetz, das von vielen schon jetzt wegen der langen Übergangsfrist von zwei Jahren als Papiertiger bezeichnet wird, wäre de facto hinfällig. Der Knackpunkt dabei: Bisher ist vorgesehen, dass Ausnahmegenehmigungen für die anderweitige Nutzung von Wohnraum als erteilt gelten, wenn das Bezirksamt nicht innerhalb von 14 Wochen entscheidet. Dass das in Pankow angesichts der ohnehin knappen Personaldecke immer wieder der Fall sein wird, darauf kann man schon jetzt Wetten abschließen.

 

Alle Stellen für einen?

 

Zumal Kühne nicht damit rechnet, dass alle Stellen bis zum 1. Mai besetzt sind. „Dafür brauchen wir mindestens ein halbes Jahr!“ Nicht schlimm, hält die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung dagegen. Gerade wegen der langen Übergangsfrist für die Betreiber von Ferienwohnungen sei es ja nicht so, dass die Bezirksämter am 2. Mai auf jeden Fall reagieren müssten, betont Sprecherin Augenstein.

Sie schlägt vor, dass sich die Bezirke miteinander absprechen und die Ressourcen unter sich aufteilen. Ein Vorschlag, der durchaus schon diskutiert wird: Ein oder zwei Bezirke bekommen alle 17 Stellen und übernehmen die Bearbeitung und Kontrolle des Zweckentfremdungsverbots für alle. Pankow würde da keine führende Rolle spielen, sagt Kühne: „Da haben sich schon andere Bezirke ins Spiel gebracht“. Mitte zum Beispiel, dort habe man wegen der vielen Ferienwohnungen schon Expertise gesammelt.

Welchen Weg die Bezirke auch gehen, für den Senat ist nun vor allem eines wichtig: „Dass wir endlich vorankommen.“ Ob das Zweckentfremdungsverbot in dieser Form dazu das richtige Instrument ist, bleibt umstritten.

 

Verwaltungsgericht bringt Baurecht als Instrument ins Spiel

 

Stärkere Durchschlagskraft im Kampf gegen die geschätzten 1.500 Ferienquartiere allein in Prenzlauer Berg scheiben die Fachleute einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zu. In dem Fall ging es um ein Haus in der Prenzlauer Allee 220, in dem zwölf von 30 Wohnungen offensichtlich als Unterkunft für Touristen genutzt wurden. Die „normalen“ Mieter hatten sich beschwert, weil sie sich durch den Ein- und Auszug von Feriengästen, laute Musik oder versehentliches Klingeln gestört fühlten.

Die Richter entschieden nun: Die Nutzung der Wohnungen als Ferienquartier verstößt gegen das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme, kurzzeitige Vermietungen in Mehrfamilienhäusern seien generell problematisch. Und noch eines betonte das Gericht: Dieses baurechtliche Gebot wird – wie die gesamte Bauordnung – nicht durch das Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes eingeschränkt, sondern ergänzt.

Vielleicht klappt es so doch noch mit dem hehren Ziel, Berlins Wohnraum für Berliner Bürger zu erhalten. Pankows Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) jedenfalls hält das Urteil schon mal für „richtungsweisend“.

 

 

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