Der letzte Parkplatz der Anarchie

von Juliane Schader 22. Januar 2014

Es gibt ihn noch, den einen Ort, an dem man sich in Prenzlauer Berg nicht an Regeln zu halten braucht: Die Parkplätze in der Heinrich-Roller-Straße. Über Quer-Denker und -Parker.

Wir wissen es ja: Früher war alles besser. Damals, als man in Prenzlauer Berg noch alles machen konnte, was anderswo verboten gewesen wäre: Auf den Dächern feiern, Clubs in verlassenen Fabriken gründen, Wohnungen besetzen, nachts um halb vier die Waschmaschine laufen lassen, all so was.

In der Heinrich-Roller-Straße ist nun ein Hauch dieser Anarchie zurück – ausgerechnet in Form von Parkplätzen. Für eine halbe Million Euro lässt der Bezirk dort gerade die Straße sanieren und umgestalten; noch bis Sommer dieses Jahres sollen die Arbeiten dauern. Schon abgeschlossen ist der Umbau der Parkplätze auf der südlichen Straßenseite am Leise-Park: Ordentliche Parktaschen sind dort entstanden, genau breit genug, damit die Autos längs zur Straße parken können. Es gibt nur ein Problem: Niemand parkt längs.

Als hätten sie sich verabredet, stehen sämtliche Wagen quer. Und hängen damit ordentlich über. Choreographierte Anarchie, könnte man sagen. Die Idee der Kurzparkplätze, die der Bezirk kurzzeitig verfolgte, erscheint hier unfreiwillig realisiert.

 

Betreuter Ungehorsam

 

Und das Beste: Eine so gemeinschaftliche Missachtung von Regeln scheint sogar die sonst so strengen Parkraumüberwacher zu begeistern. Ein Knöllchen wurde auf jeden Fall noch an keinem der Wagen gesichtet. Ist Parken in der Heinrich-Roller-Straße jetzt der letzte Hort der alten Freiheit, eine Art betreuter Ungehorsam?

Nein, natürlich nicht: Sobald die Bauarbeiten im Sommer endgültig abgeschlossen seien, werde das Amt durchgreifen und für Zucht und ordentliches Parken sorgen, erklärt der zuständige Stadtrat Torsten Kühne (CDU).

Im Gegenzug heißt das, sogar die kleine Park-Anarchie ist gewollt, organisiert und verwaltungstechnisch geplant. Wie schade.

 

 

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