Griechische Schüler müssen gehen

von Thomas Trappe 4. November 2013

Der griechische Zweig an der Homer-Grundschule soll nach Steglitz umziehen. Der Platz reicht nicht mehr, wird argumentiert. Die betroffenen Eltern wehren sich.

An schlechten Nachrichten besteht für Griechen derzeit kein Mangel. Eine neue kommt jetzt hinzu, und zwar für griechische Familien, die in Prenzlauer Berg und Umgebung leben. Die Homer Grundschule, die seit 17 Jahren in ihren Räumen den griechischen Zweig der Berliner Europa-Schule beherbergt, wird eben jenen bilingualen Unterricht auslaufen lassen. Entsprechendes wurde den Eltern der Schule kürzlich von der Senatsverwaltung für Bildung mitgeteilt. Das Land beabsichtigt, die griechischen Schüler nach Steglitz zu schicken, so diese den Weg auf sich nehmen wollen. Es ist für viele griechische Eltern das faktische Aus für die bilinguale Erziehung ihrer Kinder. Einen Schulweg von bis zu zwei Stunden können nur wenige auf sich nehmen. 

Die Staatliche Europa-Schule Berlin ist eine grundsätzlich für alle offene und kostenlose Schule, die mit mehreren bilingualen Klassen an mehreren Berliner Schulen beheimatet ist. 1996 kam der griechische Zug an die Homer Grundschule in der Pasteurstraße, in allen sechs Klassenstufen gibt es heute, parallel zum normalen Grundschulbetrieb, eine griechische Klasse, in der „Kinder aus gemischt-nationalen oder in sonstiger Form hellinophilen Familien“ unterrichtet werden, wie es auf der Homepage heißt. Es ist eine der wenigen griechischen Institutionen im Ostteil Berlins, die meisten befinden sich in Steglitz, wo sich die griechische Community Berlins konzentriert. Genau dort, im Ortsteil Lichterfelde, sollen jetzt auch die Klassen aus Prenzlauer Berg untergebracht werden: In der Athene-Grundschule. An ihr gibt es bereits einen deutsch-griechischen Zweig der Europa-Schule, es soll gegebenenfalls ein zweiter geschaffen werden.

 

Petition hat schon 700 Unterschriften

 

Maria Wengert-Chalkiadaki ist eine der betroffenen Eltern. Sie lebt seit sieben Jahren in Prenzlauer Berg, entschied sich damals bewusst gegen Steglitz. „Dort ist fast die gesamte griechische Gemeinde, ich wollte aber das Berliner Leben mitbekommen, kein Gefühl von Exil.“ Vielen anderen Griechen in Prenzlauer Berg und angrenzenden Bezirken, von dort kommen ebenfalls Schüler an die Homer-Grundschule, sähen das genauso – und nutzten deshalb gerne das Angebot in Prenzlauer Berg. Chalkiadaki hat eine Tochter an der Homer-Schule, ihre zweite sollte in ein paar Jahren folgen. Das scheint nun nicht mehr möglich: Denn schon Anmeldungen für das kommende Schuljahr werden nicht mehr angenommen.

Chalkiadaki hat jetzt zusammen mit anderen Eltern eine Petition zum Erhalt des Standorts gestartet, knapp 700 hatten bis zum zurückliegenden Wochenende unterschrieben – den Kommentaren nach zu urteilen ein sehr großer Teil deutschsprachige Eltern. Chalkiadaki wundert das nicht. „Es ist ja auch für die Schule an sich eine Bereicherung, wenn den Kindern dadurch internationaler Austausch ermöglicht wird.“ 

Nach Steglitz auszuweichen, so die Berechnung der protestierenden Eltern, würde in der Regel einen Schulweg von rund 16 Kilometern bedeuten. „Unzumutbar“ sei dies, „besonders diejenigen Familien, die jetzt schon Geschwisterkinder in der Homer Grundschule haben, werden vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt“. 18 Kinder, so Chalkiadaki, hätten für den neuen Jahrgang in Prenzlauer Berg angemeldet werden sollen. Man hat die Eltern gefragt, ob die Alternative in Steglitz in Frage komme – nur bei jedem sechsten Kind sei das bejaht worden. 

 

Griechenland stellte Zahlungen ein

 

Ganz anders hört sich das bei der Senatsverwaltung für Bildung an. Dort erklärte eine Sprecherin, dass von den 15 Schülern der jetzigen 1. Jahrgangsstufe nur vier aus dem Bezirk Pankow kämen, andere Kinder beispielsweise aus Neukölln oder Lichtenberg. Zudem sei die Zahl der Bewerber um einen Platz im griechischen Zug der Homer-Grundschule in den vergangenen Jahren stark rückläufig, die sechste Klasse bestünde beispielsweise nur aus sechs Schülern.

Doch ein anderer Grund dürfte eine weit größere Bedeutung haben: Die Homer-Grundschule braucht Platz. Die Schülerzahlen in Prenzlauer Berg steigen stetig, die Schulgebäude bleiben in ihrer Größe unverändert. Da kann man Schulcontainer aufstellen, oder sich der Europa-Schule entledigen. „Die Tatsache, dass im Bezirk Pankow die stark anwachsenden Schülerzahlen und der damit verbundene akute Raumbedarf“, so heißt es in der Erklärung der Senatsverwaltung, lasse es geboten erscheinen, „eine Verlagerung der Europa-Schule als überregionales Angebot“ zu forcieren. Dies sei auch mit dem Bezirksamt Pankow so abgesprochen.

Nichts zu tun habe die geplante Zusammenlegung der beiden bilingualen Standorte übrigens mit der Griechenland-Krise. Zwar, so geht es aus der Erklärung der Senatsveraltung hervor, hat der griechische Staat kürzlich seine finanzielle Unterstützung für die Europa-Schule einstellen müssen; die Zusammenlegung sei aber unabhängig davon erfolgt, so eine Sprecherin. Die griechische Botschaft habe von der geplanten Zusammenlegung durch einen Brief erfahren, zeitgleich mit den betroffenen Eltern.

 

 

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