Schlechte Aussichten

von Juliane Schader 20. Februar 2013

Sie glauben, ein Text zum Mauerpark kann Sie nicht mehr schocken? Dann lesen Sie mal den hier. Mit 40 Kita-Plätzen für 500 Kinder und unvorhergesehen Pferden, na gut: Ponys.

Eigentlich hielt die Präsentation der Pläne für das Baugebiet nördlich das Gleimtunnels am Freitag keine großen Überraschungen bereit: Die Bebauung wird mit bis zu 530 Wohnungen sehr dicht, ziemlich teuer, und ihr wird die „Grünes Band“ genannte Frischluftschneise geopfert. Da die Politik es dabei belassen hat, dem Projektentwickler Groth Gruppe nur eine schwammige Anforderung für eine „nachhaltige und ökologisch ausgewogene Entwicklung“ mit auf den Weg zu geben, war gar nichts anderes zu erwarten. Dennoch war der Aufschrei in der Bevölkerung maximal groß. Der Anblick massiver Neubaublöcke war dann doch eindrucksvoller als alle Theorie zuvor.

Dabei sind die Sorgen der Bürger durchaus unterschiedlich. „Erfahrungsgemäß ziehen in so ein Neubaugebiet viele Familien mit Kindern“, sagt Manja Ehweiner, Sprecherin für den Wedding in der Bürgerwerkstatt Mauerpark Fertigstellen. Schon jetzt seien die Schul- und Kitaplätze im Wedding aber knapp. „Dieser weitere Bedarf an Infrastruktur wird von der Politik gerade einfach ignoriert.“

 

Wie viel ist 500 x 1?

 

Tatsächlich ist lediglich eine neue Kita mit 40 Plätzen in den aktuellen Plänen vorgesehen – für eine Siedlung mit bis zu 530 Wohnungen. Zum Vergleich: Der Bezirk Pankow rechnet laut Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) derzeit in seiner Schulplanung mit einem Kind unter 18 Jahren pro neu gebauter Wohnung, Tendenz eher jüngere Kinder. Zudem hat die Stadträtin errechnet, dass eine Baumaßnahme für eine neue Schule, die über den Senat finanziert werden muss, mindestens acht Jahre Vorlauf braucht. Angesichts der Tatsache, dass die neue Siedlung 2017 fertig sein soll und schon jetzt Kinder aus dem Brunnenviertel in Prenzlauer Berg zur Schule gehen, darf bei der Einrichtung neuer Schul- und Kitaplätze also eigentlich keine Zeit verloren werden.

Darüber hinaus sorgt Ehweiner sich um die Mieten, die schon jetzt im Brunnenviertel stetig stiegen. „Ich glaube nicht, dass die neuen Wohnungen, wie von Herrn Spallek angekündigt, die Lage entspannen, sondern dass sie sie eher verschärfen werden“, sagt sie.

 

Tür an Tür mit Ponys

 

Auch auf Pankower Seite rechnet man nun mit dem Schlimmsten. Birgit Blank von der Jugendfarm Moritzhof meint: „Wir leisten hier wichtige Arbeit für beide Bezirke – schließlich kommen Kinder aus Prenzlauer Berg und Wedding zu uns. Bei den aktuellen Plänen machen wir uns aber Sorgen um unsere Zukunft.“

Zwar liegt der Hof auf Pankower Grund. Doch die derzeitige Nutzung inklusive Tierhaltung ist rechtlich nicht gesichert. Wenn die Bebauung wie vorgesehen sehr nah an den Moritzhof heranrückt, sind Nutzungskonflikte vorprogrammiert. Wie gedankenlos da manchmal geplant wird, wird deutlich, wenn Blank von ihrem Besuch im Büro von Klaus Groth erzählt. „Dort stellte sich heraus, dass er gar nicht wusste, wie die Flächen von uns genutzt werden, also dass dort Tiere grasen und Kinder spielen.“Der Prenzlauer Berg hat einst seinen Traditionsclub Knaack auch daran verloren, dass die neuen Nachbarn vor ihrem Einzug nicht einmal in die Querstraße geschaut und realisiert hatten, dass sie Wand an Wand zu einem Club zogen. Aus solchen Erfahrungen könnte man ja auch mal lernen.

 

Jetzt neu! Weltbürger und Bürgerwerkstatt mit einem Ziel

 

Für die engagierten Bürger am Mauerpark ist die generelle Empörung nun der Ansatzpunkt, noch einmal alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Planungen zu stoppen. „Wir setzen auf die Mobilisierung der Anwohner, prüfen aber auch rechtliche Schritte“, sagt Heiner Funken vom Verein Stiftung Weltbürgerpark. Ansatzpunkte für eine Klage könnten der Flächennutzungsplan, die geplante Bebauungsdichte und der Bebauungsplan sein, der nun vom Bezirk Mitte aufgestellt werden muss.  

Auch Rainer Krüger, Pankower Sprecher der Bürgerwerkstatt, setzt auf Konfrontation. „Luxuswohnungen sind das letzte, was wir brauchen“, sagt er. Eine ursprünglich angedachte Zusammenarbeit mit dem Projektentwickler Groth ist seit Freitag vom Tisch; nun müsse mobilisiert und Lobbyarbeit betrieben werden, meint Krüger.

Die meiste Zeit kommen Weltbürger und Bürgerwerkstatt ungefähr so gut miteinander aus wie die judäische Volksfront und die Volksfront von Judäa, wie es ein Mitglied mal beschrieb. Denn während Erstere jegliche Bebauung am Mauerpark ablehnen, sind Letztere durchaus offen für eine gemäßigte, soziale Variante. Angesichts der aktuellen Brisanz wollen sie nun aber zusammenarbeiten. „Unsere Zielsetzungen sind unterschiedlich, aber wir wollen das Kriegsbeil jetzt erstmal begraben und suchen nach Schnittmengen“, sagt Funken.

 

 

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