Wie geht es bei der Bürgerwerkstatt weiter? Wird gegen die zu dichte Bebauung im neuen Wohngebiet geklagt? Und ist so ein Tausch Land gegen Baurecht wirklich günstig? Neues vom Mauerpark.
Sechs Wochen ist es her, dass die Bezirksverordneten aus Mitte die Erweiterungspläne für den Mauerpark abgesegnet haben. Danach wurde es medial ein wenig ruhiger, doch im Hintergrund wurde eifrig gearbeitet. Mittlerweile steht nicht nur der Vertrag zwischen CA Immo, Land Berlin und Bezirk Mitte. Auch bei der Frage der Bürgerbeteiligung hat sich einiges getan.
Der Städtebauliche Vertrag
Der Vertrag zwischen der CA Immo als Grundstückseigentümer, dem Senat und dem Bezirk Mitte ist ausverhandelt und liegt derzeit zur Prüfung in den Senatsverwaltungen. Bevor er Anfang November unterschriftsreif ist, soll er zwar nicht veröffentlicht werden. Die wichtigsten Eckpunkte sind jedoch schon durchgesickert – noch mal zur Erinnerung:
Nördlich des Gleimtunnels soll die CA Immo ein Wohngebiet mit 58.000 Quadratmeter Geschossfläche bauen dürfen, was etwa 600 Wohnungen entspricht. Im Gegenzug schenkt sie dem Senat insgesamt fünf Hektar zur Erweiterung des Parks im Süden. Die ersten zwei Hektar gibt es mit Vertragsabschluss noch in diesem Jahr; die restlichen drei kommen dazu, sobald ein Bebauungsplan auf der Fläche im Norden die geforderte Bebauungsdichte ermöglicht. Im Frühjahr 2014 soll es soweit sein. Damit wäre die Forderung der Allianz Umweltstiftung, den Park bis Ende des Jahres um zwei Hektar zu erweitern, erfüllt. Laut Stadtrat Carsten Spallek (CDU), Stadtrat für Stadtentwicklung in Mitte, soll die Parkerweiterung zwar als ganzes geplant werden, jedoch tatsächlich in zwei Etappen erfolgen.
Bürgerwerkstatt „Mauerpark Fertigstellen“
Die Bürgerwerkstatt kann ihre Arbeit wieder aufnehmen. Nachdem man ihr im Sommer letzten Jahres den Geldhahn abgedreht hatte, geht es nun weiter – zumindest für den südlichen Bereich der neuen Parkfläche. Ob sie bei der Gestaltung des Baugebietes nördlich des Gleimtunnels mitreden darf, muss sich noch herausstellen. Dazu wollen die verbliebenen Mitglieder der Werkstatt sich mit der CA Immo an einen Tisch setzen und ausloten, ob für sie eine Zusammenarbeit Sinn macht. „Wir machen nur weiter, falls es wirklich größere Spielräume für Bürgerbeteiligung gibt“, meint Alexander Puell von der Bürgerwerkstatt.
Dabei ist ihm klar, dass die Immobilienfirma wohl weder die Anzahl der entstehenden Wohnungen noch ihre Architektur zur Diskussion stellen wird. „Uns geht es darum, die Qualität des Parks und seiner benachbarten Quartiere zu erhalten“, sagt er. Konkret könnte es darum gehen, mögliche Nutzungskonflikte vorherzusehen und zu vermeiden, etwa beim Kinderbauernhof. Damit die CA Immo die Mitglieder der Bürgerwerkstatt aber wirklich bei der Planung mit einbezieht, wäre eine konkrete Ansage der Politik hilfreich. Die fehlt bislang.
Stiftung Weltbürger-Park
Die Stiftung Weltbürger-Park lehnt jegliche Bebauung auf der möglichen Erweiterungsfläche ab. Um dagegen mobil zu machen, unterstützen sie diverse Petitionen – auf über 7500 Unterzeichner kommt derzeit etwa diese Bürgerpetition. Die jedoch an Schlagkraft einbüßt, indem sie suggeriert, der aktuelle Mauerpark würde bebaut.
Darüber hinaus werde derzeit geprüft, in wie weit man juristisch gegen den städtebaulichen Vertrag und den Bebauungsplan vorgehen könne, sagt Heiner Funken von der Stiftung.
Die Gewerbefläche
Im Süden an der Bernauer Straße sollen Gewerbetreibende wie Flohmarkt und Mauersegler erhalten bleiben. Von dem ursprünglichen Plan, sie die Fläche von etwa zwei Hektar selbst kaufen zu lassen, ist man jedoch abgerückt. Statt dessen sollen sie sie per Erbbaurecht für bis zu dreißig Jahre vom Land Berlin übernehmen, was den Vorteil hat, dass das Land damit langfristig auf die Nutzung der Fläche Einfluss nehmen kann. Auf der anderen Seite muss es für diese Regelung jedoch das Gelände erst einmal selbt von der CA Immo erwerben.
Die Kosten
Der Handel zwischen Land Berlin und CA Immo basiert auf dem Tausch „Baurecht gegen Land“. So will Berlin den Mauerpark erweitern, ohne viel Geld dafür ausgeben zu müssen. Ganz ohne Investitionen kommt es jedoch nicht davon.
Neben den Kosten für die Erschließung des Wohngebiets und Gestaltung des Parks werden wohl mindestens fünf Millionen Euro fällig: 2 Millionen kostet der Ankauf der Gewerbefläche im Süden. Weitere 1,5 Millionen sichert das Land für die Sanierung des denkmalgeschützten Gleimtunnels zu. Und 1,4 Millionen soll es an die CA Immo zahlen als Ausgleich für Planungsleistungen sowie Mietausfälle. Schließlich habe die CA Immo ihr Gelände lange Zeit nicht vermietet, um es für eine mögliche Parkerweiterung frei zu halten, lautet die Argumentation dahinter. Alternativ könnte man auch sagen, das Land bezahlt dem Unternehmen seine Immobilienspekulation.
Das sind die bereits jetzt im Vertrag festgehaltenen Kosten. Darüber hinaus könnten auf das Land noch Investitionen in soziale Infrastruktur zukommen. Zwar sichert die CA Immo zu, die Einrichtung von 40 Kita-Plätzen zu bezahlen, doch bei Bedarf darüber hinaus oder etwa zusätzlich benötigten Schulplätzen ist Berlin in der Pflicht. Zudem – und das ist der größte Unsicherheitsfaktor – ist noch offen, was passiert, wenn der Bezirk Mitte letztendlich einen Bebauungsplan verabschiedet, der weniger als die geforderten 58.000 Quadratmeter Geschossfläche ermöglicht. Das könnte noch teuer werden.
Die Bebauungsdichte
Die CA Immo möchte auf dem 3,5 Hektar großen Gelände etwa 600 Wohnungen bauen, was einer sogenannten Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,7 entspricht. Die GFZ gibt das Verhältnis von Wohnfläche zur Größe des Grundstückes an. Problematisch ist, dass die Baunutzungsverordnung in einem derartigen Wohngebiet jedoch nur eine GFZ von 1,2 vorsieht. Für einen entsprechenden Bebauungsplan, der den Wünschen der CA Immo entspricht, könnte das zum Problem werden.
Zwar argumentiert Carsten Spallek damit, dass eine erhöhte GFZ mit entsprechender Begründung durchaus möglich sei – im Bezirk Mitte würde sich Wohnbebauung andernfalls längst nicht mehr rentieren. Zudem werde derzeit an einer Novellierung der Verordnung gearbeitet. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass gegen einen entsprechenden Bebauungsplan geklagt würde (wozu allerdings nicht jeder berechtigt ist). Zudem besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass der Bezirk im Laufe der Erstellung des B-Plans zu dem Entschluss kommt, dass eine weniger dichte Bebauung doch sinnvoller wäre. Alles in allem könnte damit die CA Immo somit weniger als die im Vertrag zugesicherten 58.000 Quadratmeter bauen dürfen. Für diesen Fall sind zwei Möglichkeiten vorgesehen:
Zum einen könnte der komplette Deal platzen und das Land die ertauschte Erweiterungsfläche des Parks zurückgeben müssen. Zum anderen könnte das Land Berlin der CA Immo einen Ausgleich für die erlittenen Verluste bezahlen. Günstig wird das nicht, wenn man bedenkt, dass bei einer GFZ von 1,2 die CA Immo auf den Gewinn aus 16.000 Quadratmetern Fläche im Innenstadtbereich verzichten müsste.
Im November soll der städtebauliche Vertrag voraussichtlich der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Mitte vorgelegt werden, womit er öffentlich wäre. Große Einwände gegen ihn sind nicht zu erwarten, schließlich entspricht er den Forderungen der BVV vom September. Vom Tisch ist das Thema Mauerpark-Erweiterung damit jedoch längst noch nicht: Die Frage der Bürgerbeteiligung, möglicher Klagen und auch der Zufahrt zur Baustelle, die aktuell ausschließlich über Wedding erfolgen soll, wird uns in den kommenden Monaten noch beschäftigen.
Nachtrag: In einer älteren Version dieses Testes stand, dass die Stiftung Weltbürgerpark Initiator der verlinkten Petition sei. Dies stimmt nicht; sie unterstützt sie nur und bewirbt sie auf ihrer Internetseite.
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