1986 und 1987 fotografierte Harf Zimmermann die Hufelandstraße und ihre Bewohner. Ab Ende April sind seine Arbeiten im C/O Berlin zu sehen. Wir zeigen vorab einige Bilder.
Es war seine Diplomarbeit als Meisterschüler von Arno Fischer an der Hochschule für Grafik und Buckunst in Leipzig. Ein Jahr lang zog der Fotograf Harf Zimmermann in der Hufelandstraße von Haus zu Haus und dokumentierte Architektur, Bewohner und Läden. Inspiriert wurde er zur seiner Arbeit vom US-amerikanischen Fotografen Bruce Davidson, der in den 70er Jahren ein Langzeitprojekt über einen Wohnblock in der East 100th Street des New Yorker Stadtteils Spanish Harlem fotografiert hatte.
Zeitzeugnis der späten DDR und des strukturellen Wandels nach der Wende
Die Wende machte Zimmermanns Arbeit zu einem soziokulturellen Zeitdokument, das im Rückblick den strukturellen Wandel von Prenzlauer Berg seit 1989 eindrucksvoll verdeutlicht. Für eine in der Zeitschrift GEO erschienene Fotoreportage, über die in den Prenzlauer Berg Nachrichten mehrfach und aus unterschiedlichen Perspektiven debattiert worden ist, fotografierte Zimmermann die Hufelandstraße erneut im Jahr 2010.
Von 29. April bis 2. Juli 2017 sind rund 95 Fotografien von Harf Zimmermann aus der Hufelandstraße in einer Ausstellung im C/O Berlin zu sehen. Die Bilder zeigen keine Schnappschüsse sondern sorgfältig arrangierte Aufnahmen, in denen das Geschehen angehalten oder eingefroren zu sein scheint. Zimmermann hat die Hufelandstraße mit verschiedenen Großformatkameras fotografiert. Einige Bilder sind mit hölzernen Plattenkameras entstanden, die aus der Zeit um die Jahrhunderwende stammen. Die meisten Fotos der Reihe wurden mit einer Linhof-Kamera aus den 1930er Jahren fotografiert. Die Außenaufnahmen der Hufelandstraße sind überwiegend in schwarzweiß entstanden, während Porträts der Familien im Wohnungsumfeld in Farbe aufgenommen wurden.
Bötzowviertel war schon damals bürgerlich
Die nicht-alteingesessenen Betrachter mag beim Anblick von Zimmermanns Fotos überraschen, wie bürgerlich der Kiez und seine Bewohner bereits in den späten 1980er Jahren anmuteten. Das Bötzowviertel mit seinen Altbauwohnungen soll für die DDR-Führung als eine Art kapitalistisches Relikt liegengelassen worden sein, man beschäftigte sich lieber mit der Errichtung von Neubausiedlungen wie der in Marzahn-Hellersdorf. So konnten im Bötzowkiez privat geführte Familienunternehmen und Läden florieren, die anderswo längst enteignet worden wären. Die Hufelandstraße soll unter vorgehaltener Hand auch „Kurfürstendamm des Ostens“ genannt worden sein.
Parallel zur Ausstellung erscheint im Steidl Verlag ein Bildband mit einem Essay von Joachim Gauck. Möglicherweise wird es im Ausstellungszeitraum auch Führungen mit Harf Zimmermann durch die Hufelandstraße geben. Über Genaueres halten wir Euch hier auf dem Laufenden.
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