Ping Pong um den AfD-Stadtrat

von Anja Mia Neumann 15. Dezember 2016

Unkommunikativ, keine politischen Ziele, zu wenig Gestaltungswille: Pankows Parteien lehnen den AfD-Bewerber für Stadtratsamt fast geschlossen ab. Zum sechsten Mal. Was sagt Nicolas Seifert selbst zur Nicht-Wahl? Die PBN haben ihn interviewt.

Die AfD oder die anderen Parteien? Wer bewegt sich als erstes? Die Situation um Pankows Stadtratskandidaten der AfD Nicolas Seifert ist auch nach der dritten BVV-Sitzung nach der Wahl festgefahren. Seifert bekommt einfach keine Mehrheit – und ist zum sechsten Mal durchgefallen. 10 Verordnete stimmten für den AfD-Mann, 35 dagegen, 10 enthielten sich.

Das Ganze ist gefangen in einer Endlos-Schleife. Ping sagt die AfD: Wir bestehen auf unseren Kandidaten, weil es unser Recht ist. Pong sagen die anderen Parteien: Wir bestehen auf unsere Ablehnung, weil es unser Recht ist. Theoretisch könnte das Spiel noch lange so weitergehen. Denn das Bezirksamt – aktuell bestehend aus drei Stadträten – ist erst mal so arbeitsfähig.

Bezirksverordnetenvorsteher Michael van der Meer (Linke) hat schon die Bezirksaufsicht beim Senat um Rat gefragt. Sie antwortete: Klärt das erst mal alleine, für uns ist es zu früh, um einzuschreiten. Einen vergleichbaren Fall mit einer juristischen Entscheidung gibt es bislang nicht. Dennoch ist für Van der Meer klar: „Eine Wahl muss auch eine Auswahl bedeuten.“ Sollte auch bei der Sitzung im Januar Seifert nicht gewählt werden und kein neuer Kandidat aufgestellt werden, was die AfD bisher kategorisch ausschließt, will sich Van der Meer wieder an die Behörde wenden.

 

Das halten die anderen Parteien in Pankow vom AfD-Kandidaten:

 

Ein Zugeständnis machten die Verordneten am Mittwoch im BVV-Saal: AfD-Frau Liane Bottin, 52 Jahre alt und Förderschullehrerin, wurde zur Beisitzerin gewählt (19 Pro-Stimmen, 10 Contra-Stimmen, 25 Enthaltungen). Gegen den Unternehmensberater Seifert wurden dagegen erneut heftige Vorwürfe laut. Sie sind überzeugt: Es mangele ihm an Motivation, Kommunikationsfähigkeit und persönlicher Eignung für das Amt.

„Wir erwarten von dem Bewerber einen echten Gestaltungswillen, speziell für Pankow. Wenn Herr Seifert also nur zufällig in Pankow agiert, weil hier gerade ein Job frei war oder es aus Pflichtgefühl seiner Partei gegenüber macht, wie er uns sagte, dann reicht das unserer Ansicht nach nicht, um in Berlins größtem Bezirk ein so wichtiges Amt anzunehmen“, sagte Daniela Billig, Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Ähnlich äußerte sich Roland Schröder, Fraktionsvorsitzender der SPD: „Auch wir haben den Eindruck, dass er eher zufällig hierher gekommen ist und er überhaupt nicht weiß, was ihn dort erwartet, was für ein Amt er bekleiden soll und welche Verantwortung er da auf Dauer zu tragen hat. Er hat sich bei uns vorgestellt als Manager auf Zeit, der irgendwo etwas umstrukturiert und dann weiterreist, das ist aber in einem wachsenden Bezirk in der Metropole Berlin, schlichtweg unangemessen. Er hat keine persönlichen politische Ziele benennen können.“

Vor den anderen Politikern sagt Seifert nichts zu den Vorwürfen, stattdessen nimmt der AfD-Fraktionsvorsitzende Stephan Wirtensohn im Plenum kurz Stellung: „Wir haben als Fraktion bisher alles Mögliche getan.“

 

Was sagt der AfD-Kandidat selbst? Ein Interview:

 

Am Rande der Sitzung gibt Seifert schließlich den Prenzlauer Berg Nachrichten ein Interview und versucht, seine Position darzustellen. Kurze Eckdaten: Nicolas Seifert ist 42 Jahre alt, Unternehmensberater, lebt in Friedrichshain-Kreuzberg, ist Eishockey-Spieler und hatte einen viel beachteten Fernseh-Auftritt im vergangenen Jahr als er einen als Clown verkleideten ZDF-Reporter schubste.

 

Die anderen Parteien werfen Ihnen unter anderem vor, dass dass Sie keinen Gestaltungswillen und kaum Kenntnisse vom Amt haben. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Seifert: „Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Partei, die zum allerersten Mal in die BVV einzieht, Neuling ist, was es zu berücksichtigen gilt. Es darf jedoch gar nicht gefordert werden, dass ein Kandidat für ein Stadtratsressort bestimmte Vorkenntnisse mitbringen muss. Außerdem gibt es einen Unterschied zwischen Fachkunde und Sachkunde. Sachkunde ist die allgemeine Fähigkeit ein Unternehmen zu leiten und die kann man in der Privatwirtschaft sogar besser erwerben als in der Verwaltung.“

 

Verstehen Sie die persönlichen Angriffe? Es heißt, Sie ließen Motivation vermissen und täten all das nur aus Pflichtgefühl Ihrer Partei gegenüber.

Seifert: „Mir wird viel vorgeworfen. Auch, dass ich keine spezielle Motivation in Bezug auf den Bezirk Pankow hätte, nur weil ich in Friedrichshain-Kreuzberg wohne und mich nun vier Kilometer in den Norden bewege. Diesen Vorwurf finde ich geradezu absurd. Als Unternehmensberater war ich in halb Europa im Einsatz. Überall, wo ich gebraucht werde, arbeite ich. Ich habe eine hohe Lernkompetenz. Wenn ich bereits im Oktober gewählt worden wäre, dann wäre ich jetzt schon eingearbeitet.“

 

Nun hatten Sie schon viel Zeit, sich Gedanken um die Ressorts zu machen, die Sie als Stadtrat erwarten würden: Umwelt und Ordnung. Wie sehen Ihre konkreten Pläne in den Bereichen aus? Was ist Ihnen wichtig?

Seifert: „Also, wie geht man vor? Man macht erst mal eine Problemanalyse und dann macht man eine vernünftige Kosten-Nutzen-Abwägung. Sicherlich gibt es da schon Pläne vom Vorgänger und die Amtsleiter werden sehr viel wissen. Ohne Zugang zu den Informationen – von denen aus der Presse mal abgesehen – was soll ich da große Zukunftspläne schmieden?“

 

In den Bereich fallen zum Beispiel Parkplätze und Parks. Diskussionen gibt es etwa um die Müllbeseitigung und die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung. Haben Sie dazu Positionen?

Seifert: „Ja, da habe ich eine Position zu. Aber die darf bei einer Stadtratswahl überhaupt keine Rolle spielen. Nach sechs bis acht Wochen Einarbeitungszeit werde ich mich zu allen Themen inhaltlich äußern können.“

 

Warum sollen die Verordneten Sie wählen? Haben Sie einen Appell in zwei kurzen Sätzen?

Seifert: „Es geht einfach um Demokratie, Umsetzung des Wählerwillens. Um Toleranz und Akzeptanz, auch von Personen, die man selber als politisch nicht so nahestehend empfindet.“

 

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