Die kleine Prenzlauer Berg-Bibliothek

von Kristina Auer 19. Februar 2016

Von Zeitdokumenten und einem Comic über die Wendezeit bis zum Wiederkäuen des ewigen Latte-Macchiato-Klischees: Wir haben Bücher über unser Viertel gesammelt und hoffen auf mehr. Welche gehören noch dazu?

Prenzlauer Berg im Wandel der Zeit: Vom Arbeiterbezirk mit rauchenden Schornsteinen zum Anfang des 20. Jahrhunderts zum Kriegsschauplatz Ende des Zweiten Weltkriegs, über den Alltag im Schatten der Mauer bis zum vermeintlichen Szenebezirk und dem Inbegriff der Gentrifizierung – unser Stadtteil ist seit seiner Entstehung Schauplatz historischer, städtebaulicher und gesellschaftlicher Entwicklungen.

Als Zeitdokumente, Romane, Comic oder Fotosammlung geben Bücher Aufschluss über die Geschichte von Prenzlauer Berg. Alteingesessenen dienen sie als Erinnerungsstütze und Zugezogenen als Lehrmittel über die Wahlheimat. Wir haben einige Bücher über Prenzlauer Berg in einer kleinen Bibliothek zusammengestellt. Die ist aber natürlich nicht vollständig. Helft uns und schickt uns Eure Vorschläge für die „Kleine Prenzlauer Berg Bibliothek“, am Besten hier in diese „Umfrage“ hinein schreiben (hier klicken).  Vielen Dank!

 

Bildbände

 

  • In den Schwarzweiß-Fotografien von Jürgen Hohmut wirkt das Prenzlauer Berg der 80er Jahre wie einer uralte, ferne Welt, in der noch Pferdegespanne und Raketenpanzer auf den Straßen herumfuhren. Sein Band „Berlin 1055. Fotos aus Prenzlauer Berg 1980-1990“ der Edition Braus bildet aber auch den geselligen Alltag ab. Zu sehen sind Straßenpläuschchen, heiratende Paare, spielende Kinder und Sonnenanbeterinnen.
  • Der Leipziger Lehmstedt-Verlag hat eine ganze Reihe von Fotobänden über Prenzlauer Berg veröffentlicht. Mit den Büchern „Berlin – Ecke Prenzlauer“, „Berlin-Ecke Greifswalder“ und „Schöner unsere Paläste!“ der Fotografen Bernd Heyden, Eberhard Klöppel und Gerd Danigel wird der Wandel von Prenzlauer Berg in Schwarzweiß-Fotografien aus insgesamt vier Jahrzehnten dokumentiert. Einen Bogen bis in die Gegenwart spannt der letze der Band der Reihe „Berlin – Ecke Schönhauser“. Eberhard Klöppel hat darin ein aktuelles Stadtteilporträt entworfen, das ohne gängige Klischees auskommt.

 

Historische Dokumentation

 

  • Am Beispiel des Helmholtzsplatzes hat Bettina Tacke gemeinsam mit dem Leiter des Museums Pankow Bernd Roder einen historischen Abriss von Prenzlauer Berg geschrieben. Das Buch „Prenzlauer Berg im Wandel der Geschichte: Leben rund um den Helmholtzplatz“ beschreibt die Entwicklungen am Helmholtzplatz seit seiner Entstehung in den 60er-Jahren des 19.Jahrhunderts bis heute. Das Buch ist ein Must-Have für Lokalpatrioten, es spannt einen Bogen über die gesamte Geschichte unseres facettenreichen Stadtteils und erzählt Geschichten aus dem Leben vergangener und gegenwärtiger Generationen.

 

Zweiter Weltkrieg

 

  • Zwischen 1942 und 1945 führte Brigitte Eicke ein Tagebuch aus kurzen Notizen, die eigentlich als Steno-Übung während der Bürolehre gedacht waren. So dokumentierte sie ihr Leben zwischen dem Wohnort in der Immanuelkirchstraße und ihrer Arbeitsstelle am Hackeschen Markt. Ihre Aufzeichnungen sind in dem Buch „Backfisch im Bombenkrieg – Notizen in Steno“ erschienen. Mehr Einblick in den Kriegsalltag in Prenzlauer Berg kann man wohl nicht bekommen.
  • In „Jeder hat sein Stück Berlin gekriegt“ hat Annett Gröschner elf Geschichten aufgeschrieben, die ihr alte Leute aus dem Prenzlauer Berg erzählt haben. Sie handeln meist vom Kriegsalltag, von Bombenalarm und Bunkern, Judenverfolgung un dem Einmarsch der Russen 1945. Das Buch erzählt das Leben der kleinen Leute und liefert einen seltenen Einblick in den Alltag einer früheren Generation.

 

DDR und Wendezeit

 

  • Mitte der 80er Jahre hat sich die Autorin Daniela Dahn zu einer Erkundungstour im Prenzlauer Berg aufgemacht. Dabei fand sie Menschen, Orte und Geschichten, die sie zu einem lebendigen Porträt des Viertels zusammensetzte. Das Buch „Prenzlauer Berg-Tour“ erschien 1987 und wurde zu einem Kultbuch in der späten DDR. Die Neuausgabe ist um ein Kapitel mit heutigen Momentaufnahmen ergänzt worden.
  • Die atemberaubende Geschichte einer Republikflucht hat Peter Wensierski in „Die verbotene Reise. Die Geschichte einer abenteuerlichen Flucht“ aufgeschrieben. Darin wird das bunte und unkonventionelle Studentenleben eines jungen Paares im Prenzlauer Berg der 80er Jahre beschrieben, das ein Künstler- und Studentenbiotop war. Verärgert von den Gängeleien des Überwachungsstaates beschließt das Paar, der DDR den Rücken zu kehren und schmiedet abenteuerliche Fluchtpläne.
  • Eine faszinierende Innenansicht der DDR liefert Marion Brasch in dem Roman „Ab jetzt ist Ruhe“. Darin erzählt sie die vier Jahrzehnte umspannende Geschichte ihrer berühmten Familie. Diese gehörte zu einer Art „Rotem Adel“, der ausgerechnet die vermeintlich klassenlose Gesellschaft für Jahrzehnte mitprägten, wobei die jüngsten Abkömmlinge nicht mehr systemkonform mitspielten. Prenzlauer Berg als Wohnort der Autorin wird als Sammelbecken für diejenigen deutlich, die sich aus der DDR ausklinken wollten, ohne sie ganz zu verlassen.

 

Gegenwart: Im Spannungsfeld der Klischees

 

  • Alte Hüte zuletzt: Mit ihrem 2011 erschienen Buch „Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter“ stimmt die taz-Journalistin Anja Maier die alte Leier vom Latte-Macchiato-Stadtteil Prenzlauer Berg an, in dem schreckliche Bio-Mütter Yoga machen und ihre Babys in Luxus-Kinderwägen herumkutschieren. Die Autorin ist in Prenzlauer Berg aufgewachsen, dann an den Stadtrand gezogen und nach zehn Jahren zurückgekehrt, um die Lage in ihrem heimischen Viertel zu beschreiben. Mit diesem Buch hat das stereotype Kiez-Bashing einen neuen Höhepunkt erreicht.

Wie gesagt, die Liste ist nur ein Anfang und natürlich nicht vollständig. Helft uns und schickt uns Eure Vorschläge für die „Kleine Prenzlauer Berg Bibliothek“ (und Filme und Lieder), am Besten hier in diese „Umfrage“ hinein schreiben (hier klicken).  Vielen Dank!

Übrigens: Die wichtigsten Lieder über Prenzlauer Berg haben wir hier zusammengestellt. 

 

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