Penisse als Nasen, eine Unisex-Toilette und viele „Mitmenschen“: Im einzigen queeren Jugendzentrum Berlins dreht sich alles um das Geschlecht. Seit 25 Jahren bieten Ehrenamtliche einen Schutzraum.
Auf dem roten Bus steht: „Ich liebe mein Geschlecht“. Das so von sich sagen zu können, das ist gewissermaßen das große Ziel vom Jugendzentrum Lambda in der Sonnenburger Straße im Gleimkiez. Was banal klingt, ist es für einige überhaupt nicht. Bin ich Frau oder Mann? Wen liebe ich? Wer bin ich? Der Verein ist eine Anlaufstelle für junge Menschen bis 27, die sich ihrer Sexualität oder ihrer geschlechtlichen Identität nicht sicher sind oder nach Gleichgesinnten suchen.
500 Besuche zählt das queere Jugendzentrum im Monat. Willkommen ist jeder, vor allem „schwule, lesbische, bi-, trans*, inter*, queere (LSBTIQ*) Jugendliche“, wie es auf der Webseite heißt. Einige Jugendliche kommen mehrmals im Monat ins Café, um mit Freunden zu quatschen, andere besuchen Gruppen wie „Le(t*s)bi Chicks”oder helfen beim Aufklärungsprojekt an Schulen namens „queer@school“.
Ein Vierteljahrhundert Hilfe für Einsame und Ausgeschlossene
Elisa Zenck (31) und Christoph R. Alms (30) arbeiten seit langem ehrenamtlich für Lambda, 10 bis 15 Stunden in der Woche. Er ist Lehrer, sie promoviert in Politikwissenschaft. „Das Wichtigste ist: Wir sind gegen jede Form von Diskriminierung und dulden auch keine Diskriminierung“, sagt Alms.
Der Verein versteht sich als Schutzraum und bietet Hilfe. Denn nicht wenige Besucher sind isoliert, ausgeschlossen oder verstoßen, etwa weil sie sich geoutet haben, homosexuell zu sein oder weil sie eine Geschlechtsangleichung machen wollen.
Lambda ist das einzige queere Jugendzentrum in Berlin und Brandenburg. Ein Vierteljahrhundert gibt es den Verein, seit April 2014 hat er sein Zuhause in Prenzlauer Berg im ehemaligen Jugendclub Friteim.
Ein * als Platzhalter für die Geschlechter-Vielfalt
Zum 25. Geburtstag haben sich am Freitag politische Entscheidungsträger angekündigt: Christine Lüders, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die Sozialministerin Brandenburgs Diana Golze (Linke) und Berlins Jugend-Staatssekretärin Sigrid Klebba (SPD).
Beim Besuch in den Räumen des Jugendzentrums wird klar: Entscheidend ist, dass hier jeder er selbst sein kann. Aber auch, humorvoll mit dem Thema Geschlecht umzugehen. An der Wand hängen Zeichnungen von Vaginas mit Augen und Penissen, die Nasen sind. Auf der Toilettentür steht: „Unisex = für alle :)“
In den Texten des Vereins taucht häuft das Sternchen * aus der Computersprache auf – stellvertretend als Platzhalter für Vielfalt. Zenck und Alms sprechen von „Mitmenschen“ und „Personen“, die Pronomen „er“ und „sie“ scheinen sie aus ihrem Wortschatz verbannt zu haben. Hier steht fest: Geschlecht ist nicht nur männlich oder weiblich, sondern viel dazwischen und daneben.
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