Mauerpark: Bürger gegen Neubau

von Juliane Schader 20. März 2015

Über 39.000 Einwände haben die Gegner eines Neubaugebiets am Mauerpark in den vergangenen vier Wochen gesammelt. Bei den weiteren Planungen müssen diese nun berücksichtigt werden.


Von Null auf 39.000 in nur vier Wochen – dass es ihnen nicht gelungen wäre, eine Menge Menschen für ihr Ansinnen zu interessieren, kann man den Gegnern des geplanten Neubaugebiets am Mauerpark nicht vorwerfen.

Seit Mitte Februar hatten sie Zeit, sich mit dem Entwurf des Bebauungsplans für das Areal nördlich des Gleimtunnels auseinanderzusetzen und Stellungnahmen dazu beim Bezirk Mitte einzureichen. Pünktlich zum Ende der Frist am vergangenen Montag konnten sie Carsten Spallek (CDU), Stadtrat für Stadtentwicklung in Mitte, nun über 39.000 Einwände gegen die Planungen übergeben. „Die größte Anzahl von Einwendungen, die je gegen ein Berliner Bebauungsplanverfahren (…) eingereicht wurde, zeigt sehr deutlich, dass quer durch Berlin und durch alle Alters- und Bevölkerungsschichten eine überwältigende Ablehnung gegen die Bebauung der Grünflächen am Mauerpark vorliegt“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Mauerpark-Allianz, in der sich die Gegner der Bebauung organisiert haben.

 

Einwendungen-Schreiben leicht gemacht

 

Ein Großteil der Stimmen gegen die Baupläne hat die Allianz über Unterschriften-Listen gesammelt. Hier musste man sich nur noch entscheiden, ob man den Bebauungsplan ablehnt, weil die Neubauten die Gentrifizierung anheizen, sie den Bestand der Jugendfarm Moritzhof gefährden oder das Stadtklima negativ beeinflussen. Die Listen lagen in Geschäften, Cafés und im Mauerpark aus. So wurde Masse gemacht.

Mauerpark Einwände

Heiner Funken von der Mauerpark-Allianz (rechts) bei der Übergabe der Eingaben an Stadtrat Carsten Spallek am Montag. (Foto: Mauerpark-Allianz)

Ergänzend dazu haben die Gegner die Zeit genutzt, um den Bebauungsplan-Entwurf nach Verfahrens-Fehlern zu durchforsten. Entdeckt haben sie dabei aus ihrer Sicht Verstöße gegen den Bereichsentwicklungsplan und Gutachten, die nicht den neusten Regelwerken folgen. Auch mit diesen Einwänden wird sich die für die Planungen zuständige Verwaltung nun auseinandersetzen müssen.

Die Frage ist nur, welche das ist.

 

700 neue Wohnungen? Da muss das Land entscheiden!

 

Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass die Zuständigkeit vom Bezirk Mitte zur Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wandern soll. Am Dienstag dieser Woche wurde diese Maßnahme durch den Senat bestätigt. „Neben der Erweiterung der Grünflächen des Mauerparks sollen 700 Wohnungen entstehen, 70 Prozent davon als Mietwohnungen. Diese Dimension ist angesichts der steigenden Bevölkerungszahlen in Berlin von stadtweiter Bedeutung und kann nicht mehr nur von den unmittelbar angrenzenden Nachbarschaften entschieden werden“, erklärte Andreas Geisel (SPD), Berlins Senator für Stadtentwicklung, die Kompetenzverschiebung. Die parlamentarische Zustimmung steht jedoch noch aus. Zwar sieht es derzeit so aus, als ob diese nur eine Formalie darstellte. Doch solange diese nicht erfolgt ist, liegt das Verfahren noch beim Bezirk.

Auf diesen Umstand verweist Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, auf die Frage, wie es denn nun nach der Abgabe der Einwendungen konkret weitergehe. Für den Fall, dass die Landesebene das Verfahren übernähme, gelte es, die eingegangenen Stellungsnahmen der Bürger auszuwerten und abzuwägen und den Bebauungsplan daraufhin durch den Senat und das Abgeordnetenhaus zu bringen, sagt er. Erst damit träte er in Kraft. Vom Ablauf her entspricht das einem Bebauungsplan-Verfahren auf Bezirksebene.

Einen Zeitplan für diese Vorgänge nennt Pallgen nicht.

 

Opposition im Bezirk will ihr Verfahren zurück

 

Hartmut Bräunlich, Sprecher der Mauerpark-Allianz, erklärt, man harre nun erst einmal der Dinge. Das gelte auch für das Bürgerbegehren gegen die Bebauung, das kurz vor der Verlagerung zum Senat angemeldet worden war, mit einer endgültigen Verschiebung der Kompetenzen jedoch seine Daseinsberechtigung verlöre. „Beim Bezirksamt in Mitte hat man uns gesagt, dass man unseren Antrag nun ganz normal prüfe. Wenn wir das Okay bekommen, bevor der Senat die Verantwortung für das Verfahren übernommen hat, legen wir los. Ansonsten sehen wir dann, wie es weitergeht“, so Bräunlich.

Zumindest die von Grünen und Linken gebildete Opposition im Bezirksparlament von Mitte stemmt sich derweil noch gegen den Verlust der Planungskompetenz. Bei der Sitzung am gestrigen Donnerstag brachten sie einen Antrag ein, der den Handstreich des Senats ablehnt – auch weil so ein Bürgerbegehren im Keim erstickt würde. „Damit widerspricht der Stadtentwicklungssenator allen Bekundungen des Senates, die Entwicklung der Stadt in einem breit angelegten Bürgerinnen- und Bürgerdiskurs zu führen und bedeutet einen nicht hinnehmbaren Affront gegen jegliche Bürgerbeteiligungskultur in Berlin“, erklären die Parteien. Im SPD/CDU-geführten Mitte fanden sie damit aber keine Mehrheit.

 

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