Gewerbe? Pech gehabt!

von Juliane Schader 20. Februar 2015

Aus dem Eckhaus Schliemann-/Stargarder Straße verschwinden die Mieter. Schon im Sommer mussten Soupanova und Lederwerkstatt raus. Doch statt der angekündigten Sanierung passiert: nichts.

Im vergangenen Sommer musste es noch ganz schnell gehen. Innerhalb weniger Monate musste Tatjana Fang mit ihrer Lederwerkstatt aus dem Haus an der Stargarder/Ecke Schliemannstraße ausziehen – und das nach 25 Jahren Mietvertrag. Auch die Kneipe Soupanova musste raus. Das Haus werde ab September saniert, hatte die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag angekündigt. „Es war ganz schön haarig, in der kurzen Zeit eine gute und bezahlbare neue Immobilie zu finden“, erzählt Fang. Umso ärgerlicher, dass an der alten seitdem nichts passiert ist.

Seit August stehen die Ladenflächen leer, und mittlerweile auch die ein oder andere Mietwohnung. Das geht aus einer Kleinen Anfrage des Linken-Politikers Michail Nelken an das Pankower Bezirksamt hervor. Zum einen ist das für die Gewerbetreibenden unerfreulich, die im Sommer unter Zeitdruck ausziehen mussten. Zum anderen ist Leerstand bei Mietwohnungen in Berlin verboten, seitdem im vergangenen Mai das Zweckentfremdungsverbot in Kraft getreten ist. Dieses untersagt nicht nur die Nutzung einer Miet- als Ferienwohnung, sondern auch, länger als sechs Monate eine Wohnung ungenutzt zu lassen.

 

Gewerbe ist nicht schutzbedürftig

 

Doch Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung, sieht das gelassen: Dem Amt läge ein Bauantrag für die Modernisierung des Hauses, den Ausbau des Dachgeschosses sowie den Anbau eines Fahrstuhls vor. Im April sollten die Arbeiten beginnen, schreibt er auf Nelkens Anfrage. „Eine Vermietung der leeren Wohnungen (ist) zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll.“

Leerstand seit August. (Foto: jw)

Für Tatjana Fang ist das kein Trost. „Ich habe damals mit der Gewobag verhandelt, um noch etwas mehr Zeit zu gewinnen“, erzählt sie. Zwei Monate habe sie damals herausschlagen können – „mehr ginge nicht, weil ab September saniert würde, hieß es damals.“ Dass nun frühestens im April mit den Bauarbeiten begonnen werden solle, findet sie „sehr merkwürdig.“

Die Gewobag lässt eine Anfrage zum Thema unbeantwortet. Im Sommer hatte man darauf verwiesen, dass es in Berlin zwar Vorschriften zum Schutz von Mietern im Sanierungsfall gebe. Diese gälten aber nur für Mietwohnungen, nicht für Gewerbe.

 

Mieter dürfen zurückkehren

 

Tatsächlich soll es den Wohnungsmietern des Hauses besser ergehen, wie ebenfalls aus der Kleinen Anfrage hervorgeht. Mit Hilfe der Mieterberatung wären für 12 von 16 Parteien neue Wohnungen gefunden worden, von denen wiederum sechs nach Abschluss der Bauarbeiten zurückkehren wollten, erklärt Stadtrat Kirchner. Diese erwarte dann eine „ortsübliche Vergleichsmiete plus Betriebskosteneinsparung“ sowie neun statt der sonst zulässigen elf Prozent Umlange der Modernisierungskosten. Für Neuvermietungen „gelten die gesetzlichen Bestimmungen zur Mietenbildung.“

Belibt die Frage, warum die städtische Wohnungsbaugesellschaft sich gegenüber ihren Gewerbemietern nicht auch etwas umgänglicher gab? Oder warum man, wenn man schon nicht am freundlichen Umgang mit den Ladeninhabern interessiert war, nicht wenigstens ein halbes Jahr weiter deren Mietzahlungen mitgenommen hat?

Tatjana Fang ist mittlerweile mit ihrem Gewerk in die Schönhauser Allee gezogen und dort sehr zufrieden. „Ich habe Glück gehabt“, sagt sie. Der Kneipe Soupanova scheint das bislang versagt geblieben zu sein. Im vergangenen Sommer hatten die Macher noch angekündigt, sich neue Räumlichkeiten suchen zu wollen, am liebsten in Prenzlauer Berg. Das letzte Lebenszeichen ist nun ein Hinweis bei Facebook auf eine baldige „Soupa Exil Party“. Auf die Anfrage, wie es darüber hinaus weitergehen soll, gab es leider keine Rückmeldung.

 

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