Turnen fällt weiter aus

von Thomas Trappe 16. Dezember 2014

Seit vier Jahren ist ein Teil der Doppelsporthalle in der Sredzkistraße gesperrt, heute fand erstmal eine Gerichtsverhandlung statt. Sie zeigte, dass der Streit noch lange dauern könnte.

Im juristischen Streit zwischen dem Planungsbüro der Sporthalle in der Sredzkistraße und dem Bezirksamt kann in den kommenden Monaten nicht mit einem Ergebnis gerechnet werden, vielleicht nicht einmal im kommenden Jahr. Das zeigte sich am heutigen Mittwoch bei der ersten mündlichen Verhandlung zum Fall vor dem Landgericht Berlin. Es handelte sich um ein Beweissicherungsverfahren – das in einen Fachstreit zwischen zwei Bauingenieuren mündete, dem der Richter erklärtermaßen nur schwer folgen konnte. Dabei wurde nur ein Teil der Fragen abgehandelt, die für den Prozess noch zu klären sind. Wohlgemerkt ging es dabei nur um die Faktensicherung über Zustände an der Turnhalle, nicht darum, wer schuld am derzeitigen Zustand ist.

Der obere Teil Doppelsporthalle an der Sredzkistraße ist seit nun mittlerweile vier Jahren gesperrt, Grund sind Probleme mit der Statik. Dass diese Angelegenheit nun vor Gericht geklärt wird, liegt daran, dass es sich bei der Halle um einen Neubau handelt – also Planungsfehler eine naheliegende Erklärung sind. Es muss nun geklärt werden, wer dafür verantwortlich ist. Bisher gab es dazu nur schriftlichen Verkehr zwischen dem Gericht, dem Land und Bezirk als Kläger und dem beklagten Ingenieurbüro. Grund für die heutige mündliche Verhandlung war allerdings der vom Gericht eingesetzte Sachverständige, dessen Ausführungen tendenziell die Position des Ingenieurbüros stützen. Dieses Ergänzungsgutachten widerspräche Ausführungen des Erstgutachten, moniert der Bezirk, der deshalb heute mit einem eigenen Sachverständigen vor Gericht auftauchte. Für technisch interessierte Laien war der Streit zwar interessant, eine Abwägung der widerstreitenden Expertenmeinungen aber schlicht unmöglich. Der Ausgang des Verfahrens ist also weiterhin absolut offen.

 

Prozess zieht sich absehbar in die Länge

 

Dem Bezirk gehen durch die gesperrte Halle nicht nur sowieso schon spärlich vorhandener Raum für Schul- und Vereinssport verloren, sondern auch erhebliche Summen. So kosten die Stützpfeiler, die die Halle vorm Einstürzen bewahren sollen, jährlich mehr als 100.000 Euro. Dass der Bezirk das Geld nicht in die Instandsetzung der Halle investiert, hat einen einfachen Grund: Es würde als Schuldeingeständnis gewertet werden können. Inzwischen, so war aus Bezirksamtskreisen am Rande der Verhandlung zu hören, beliefen sich die fälligen Sanierungskosten auf rund 1,2 Millionen Euro, 4,3 Millionen kostete die Halle ursprünglich, als sie 2003 eröffnete. Doch nicht nur die Sanierungskosten stehen im Raum, sondern auch die Forderungen, die sich daraus ergeben, dass die Halle seit vier Jahren teilweise nicht genutzt werden kann. Summen, die für das beklagte Ingenieurbüro wohl zu erheblichen Problemen führen könnten. Entsprechend bereit sind beide Seiten, das Verfahren durchzufechten. Bei der ersten Verhandlung heute zeigte sich, was dies bedeuten kann. Sehr langsam gesprochene Sätze, die vom Richter, meist zweimal, sehr langsam wiederholt und dann sehr langsam protokolliert wurden, oft unter wiederholter Nachfrage der Fachbegriffe. Jede einzelne Frage, jede einzelne Antwort.

Das ist deshalb eine relevante Prozessbeobachtung, weil es befürchten lässt, dass sich das bisher an den Tag gelegte Tempo bei der Klärung der Schuldfrage halten lässt – und damit auch die Wiedereröffnung der Halle in weite Ferne rückt. So wurde zum Beispiel der Antrag auf die heutige Anhörung vom Bezirksamt bereits im Juli gestellt, der sehr umfangreiche Fragenkatalog musste schriftlich formuliert werden, damit ihn der Sachverständige heute beantworten konnte. Weitere Fragen bedürfen, zumal, wenn es nicht mehr um die Beweissicherung geht, wahrscheinlich neuer schriftlicher Anfragen und weiterer Termine, die sich entsprechend in die Zukunft strecken. Sollte das Bezirksamt dabei bleiben, bis zu einem Urteil die Halle in Teilen gesperrt zu lassen, und danach sieht es aus, wird hier noch sehr lange nur eingeschränkt Sport stattfinden können. 

Nach Informationen Prozessbeteiligter regte der Richter am Ende der mehr als sechsstündigen Verhandlung an, aus genau diesem Grund vielleicht doch einen Vergleich anzustreben, um das Verfahren abzukürzen. Ob darauf die Kläger und Beklagten eingehen, ist jedoch sehr unsicher. Jetzt sei, so unsere Information, erst einmal der Sachverständige aufgefordert, Nachberechnungen anzustellen. Außerdem wurde ins Spiel gebracht, einen Obersachverständigen einzuschalten. Viel deutet also nicht auf eine Einigung hin.

 

Sportvereine warten auf Alternativen

 

Als Zuschauerin der Verhandlung nahm auch Heike Deutschmann teil. Deutschmann ist beim Prenzlauer Berger Hockeyverein SG Rotation zuständig für die Sportstättenkoordination, und eigentlich dringend angewiesen auf den Platz in der Doppelsporthalle. Seit vier Jahren müssen die Mannschaften des Vereins auf andere Hallen ausweichen, „die Erwachsenen müssen manchmal bis nach Buch fahren“. Die Kinder- und Jugendmannschaften bekämen zwar Hallen in der Umgebung, oft aber ungeeignete. „Sie trainieren dann zum Beispiel auf Böden Hockey, die den Ball hüpfen lassen.“ Auch verlöre der Verein schlicht an Konkurrenzfähigkeit. „Wer auf unserem Niveau spielt, muss eigentlich auch dreimal die Woche trainieren können“, sagt Deutschmann. Möglich sei derzeit aber nur zweimaliges Training.

Der Bezirk, der bekanntlich viel zu wenig Ressourcen für Schule und Schulsport hat, gebe keine Perspektive, beklagt Deutschmann. Ihre Wunschturnhalle wäre jene in der Weißenseer Woelckpromenade, die ist für Hockeysport ausgelegt. „Aber es kommt vom Sportamt einfach keine Aussage, wie es weitergeht.“ Nach dem heutigen Termin, sagt sie, habe sie nur wenig Hoffnung, dass ihr Verein bald wieder die Doppelsporthalle nutzen kann.

 

Der Text wurde am 17. Dezember 9.30 Uhr mit Informationen über den ins Spiel gebrachren Vergleich aktualisiert.

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