Der autofreie Monat im Helmholtzkiez ist noch nicht von Tisch: Auf freiwilliger Basis und nach Befragung der Anwohner könnte er doch noch stattfinden, hat die BVV nun beschlossen.
Niemals geht man so ganz, auch nicht als Eco Mobility Festival. Das ist die Erkenntnis nach der Tagung der Bezirksverordneten am vergangenen Mittwoch.
Ursprünglich sollte das Festival mit dem anglophilen Namen im Frühjahr 2015 im Helmholtzkiez steigen und mit sich bringen, dass dort einen Monat lang ausschließlich Elektroautos fahren dürfen. Da die Planungen hinter dem Rücken der Bezirkspolitik erfolgt waren und diese sich weder überrumpeln lassen wollte noch Lust darauf hatte, mal eben einen Kiez mit 20.000 Einwohnern mit Autofreiheit „zwangszubeglücken“ (so die Wortwahl des Pankower Bürgermeisters), wurde das Vorhaben wieder gekippt. Um nun wie Phönix aus der Asche wieder aufzusteigen. Allerdings als etwas zerrupfter Phönix, der sich nicht entscheiden kann, in welche Richtung er nun fliegen soll.
20.000 Versuchskaninchen
So liest sich zumindest der aktuelle Beschluss der Bezirksverordneten. Darin heißt es, dass der Bezirk die Idee des Festivals zwar unterstütze. Allerdings dürfe das nicht über Verbote laufen, sondern es müsse auf Freiwilligkeit beruhen. Zudem müsse das Test-Gebiet durch ein Beteiligungsverfahren festgelegt werden, und kosten dürfe es den Bezirk natürlich auch nichts. Die Veranstalter sollten dazu jetzt bitte einen konkreten Vorschlag erarbeiten und im Verkehrsausschuss präsentieren.
Dessen Vorsitzenden Wolfram Kempe (Linke) ärgert es vor allem, dass in dem von SPD und Grünen auf den Weg gebrachten Beschluss keine klare Absage an das ursprüngliche Konzept erteilt wurde. „An und für sich ist das ja eine sinnvolle Idee. Aber man kann doch nicht 20.000 Menschen zu Versuchskaninchen machen“, meint Kempe. Dass man genau das nicht wolle, stehe aber nicht im Beschluss.
Zudem wundert sich Kempe, dass sich offenbar bislang niemand Gedanken um die praktische Umsetzung eines autofreien Monats gemacht habe: „Der Verkehr ist das verregeltste, das es in Deutschland gibt. Da kann man nicht einfach ein Gebiet abgrenzen und Eingangskontrollen durchführen – nach deutschem Recht ist das schwere Nötigung“, sagt er.
„Das Thema ist gesetzt“
Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung und Fürsprecher des Festivals, ist derweil froh, dass dessen Idee nun doch nicht vom Tisch ist. „Wir haben die Diskussion darüber geöffnet und Beteiligung ermöglicht – das ist eine große Chance“, findet er. Alles Weitere werde sich in der nun folgenden Debatte ergeben. Allein, dass diese stattfinde, sei doch schon ein Gewinn.
„Egal, ob das Festival kommt oder nicht – das Thema ist gesetzt“, sagt Kirchner. Dabei gehe es nicht nur um Elektroautos, sondern generell um die Vermeidung von Verkehr und die alternative Nutzung des öffentlichen Raums. „Es gibt da etliche Start-ups in Berlin, die sich darüber Gedanken machen.“ Gerade in Prenzlauer Berg, wo auf 1000 Einwohner schon heute nur 280 Fahrzeuge kämen (in ganz Berlin sind es 328, deutschlandweit im Durchschnitt 517/Quelle: Statistisches Bundesamt), könne man das auch ausprobieren. Anders als etwa Wolfram Kempe oder Pankows Bürgermeister Matthias Köhne glaubt Kirchner nicht, da auf massiven Widerstand gegen die vermeintliche Zwangsbeglückung zu stoßen: „Der gemeine Prenzlauer Berger ist cooler, als man denkt“, sagt er.
War da was?
Natürlich hätten wir auch gerne berichtet, was die Veranstalter des Festivals zu diesen neuen Tönen aus Pankow sagen. Eine entsprechende Anfrage wurde jedoch leider bislang nicht beantwortet.
Auf deren Website liest es sich bis heute so, als habe es die Diskussion vor Ort gar nicht gegeben und als fände das Festival auf jeden Fall im Mai 2015 am Helmholtzplatz statt.
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