Irgendwas zwischen Business Punk und Brigitte, das soll das neue Online-Magazin BizzMiss bieten. Gemacht wird es von Frauen für Frauen. Ist die weibliche Sicht auf die Wirtschaft so anders?
Wer die Macherinnen des BizzMiss-Magazins besuchen möchte, muss gut raten können: Welches der Büros mit den großen Schaufenstern, aber ohne Namensschild am Haus in der Marienburger Straße könnte es sein? Die Wahl fällt auf das, welches noch am wenigsten eingerichtet aussieht. Schließlich ist BizzMiss, das Online-Wirtschaftsmagazin für Frauen, erst Anfang Januar online gegangen.
Die Entscheidung war richtig. Fünf Minuten später sitzen wir beim Tee um einen schnell freigeräumten Schreibtisch. Wirtschaft, war das nicht was mit Anzügen, Zigarren und schweren Ledersesseln? Nein, hier sieht alles nach Ikea und damit nach Prenzlauer Berger Start-up aus.
Von Frauen, für Frauen
Die Redaktion ist mit Melanie Croyé, Inga Höltmann und Sandra Ketterer fast vollständig versammelt. Nur die vierte im Bunde, Anna Baumbach, fehlt. Sie lebt in Köln und ist damit die erste Korrespondentin von BizzMiss, dem Magazin, das eine Marktlücke zwischen Brigitte und Business Punk füllen möchte.
„Die klassischen Wirtschaftsmagazine gefallen uns schon gut. Aber als Frauen fühlen wir uns da nicht repräsentiert“, erzählt Ketterer. Viele Redaktionen seien männlich dominiert, das merke man auch an den Texten. „Wir machen ein Magazin von Frauen für Frauen. Wobei auch Männer als Leser und Autoren willkommen sind.“
Derzeit schreiben aber erstmal die vier Gründerinnen für BizzMiss. Fünf Texte erscheinen bislang pro Woche auf der Seite: An zwei Tagen gibt es einen recherchierten Artikel, an zwei Tagen eine Link-Liste mit Hinweisen auf interessante Texte bei Anderen und einmal in der Woche eine Kolumne, die einen persönliche Blick auf die Wirtschaftswelt vermittelt. Zudem wird wöchentlich ein Newsletter verschickt.
Selber machen statt immer nur zuschauen
Die Themen könnte man auch alle auf den Karriere-Seiten der Zeitungen finden: Wie bekommt man Job und Familie unter einen Hut? Warum arbeiten Frauen manchmal lieber mit Männern zusammen? Welche Rolle spielt die Kleidung, will man im Job erfolgreich sein? Hinzu kommen Portraits erfolgreicher Frauen in der Wirtschaft: Ulrike Bartos betreibt ein Blog über Mode in Übergröße. Valérie Reboul Schneider produziert Olivenöl. Elisabeth Prantner schneidert in ihrem Atelier aus alten Stofffetzen neue Kleidung und liegt damit im Upcycling-Trend. „Wir wollen Texte schreiben, die wir auch selbst gerne lesen“, sagt Melanie Croyé.
Von ihr stammt die Idee für das Magazin. Die junge, freie Journalistin beobachtet aufmerksam die Veränderungen in ihrer Branche. „Ich hatte es satt, den Medienwandel nur zu erleben“, sagt sie. Also fragte sie drei Kolleginnen, ob sie nicht auch Lust hätten, ein eigenes Produkt zu machen, anstatt immer nur für andere zu arbeiten. Ein Vierteljahr dauerte es, dann war die Seite online.
Die vier wollen sich mit BizzMiss nicht nur journalistisch selbst verwirklichen. Sie wollen auch Geld verdienen. Gelingen soll das über Anzeigen und Medienpartnerschaften. Auch darum kümmern sie sich, zumindest in der Anfangsphase, alleine. Morgens über jemanden schreiben, dem man nachmittags eine Anzeige verkaufen möchte – ist das nicht problematisch? Nö, meint Croyé. „Ich scheue mich nicht, auch kritisch zu schreiben, wenn ich Geld von jemandem bekomme.“
Bewusst mal kein Crowdsourcing
Schon bis Ende des Jahres soll BizzMiss profitabel sein – also vor allem die Arbeit der vier bezahlt werden. Viel Geld hätten sie am Anfang nicht in ihr Unternehmen stecken müssen, sagt Inga Höltmann. „Stattdessen investieren wir etwas viel Wertvolleres: Unsere Zeit. Mit der gehen wir in Vorleistung.“ Um sich aktuell zu finanzieren, arbeiten alle vier nebenbei noch für andere Auftraggeber.
Wie viele Leser BizzMiss bislang hat, das mögen die Macher nicht sagen. Zählen lassen sich knapp 450 Fans bei Facebook und über einhundert Twitter-Follower. Auch die zur Refinanzierung so wichtige Werbung findet sich auf der Seite bislang nicht. Aber das entspricht auch der Idee der Gründer, die bewusst auf das gerade so populäre Crowdscourcing und damit auf ein solides Startkapital verzichtet haben. „Wir wollten einfach starten, inhaltlich arbeiten und dann langsam wachsen“, sagt Sandra Ketterer.
Das mit dem Start hat schon einmal geklappt. Wie der Rest funktioniert, können wir im Laufe des Jahres unter www.bizzmiss.de mitverfolgen.
Unter dem Titel „Von hier – Geschäftsideen aus Prenzlauer Berg“ stellen wir Unternehmen aus dem Kiez vor. Bisher erschienen Texte über
den Quetschobst-Hersteller „Erdbär – Freche Freunde“,
die Taschen-Entwickler von „Tausche Tasche“,
den Online-Brillenhändler „Mister Spex“,
den Spielekisten-Versand „Tollabox“,
die vegane Supermarkt-Kette „Veganz“
und die wiederbelebten DDR-Schuhe von Zeha Berlin.
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