Play-Curriculum – muss das sein?

von philipp 27. Januar 2014

( … Fortsetzung von „Tollabox: Spielen im Abo“ …)

 

Dass die Tollabox-Macher sich sind beim Ausdenken der Spiele an ein „Play-Curriculum“ halten, nach dem die verschiedenen zu fördernden Fähigkeiten von Kindern gegliedert werden, scheint dafür zu sprechen. Doch Béa und Sarah streiten das sofort ab: Nein, genau umgekehrt werde ein Schuh daraus. Hier stehe definitiv der Spaßfaktor im Vordergrund. Es gehe um Kreativität, um Neugierde, ums Neu-Entdecken und auch um das gemeinsame Erlebnis mit den Eltern, die gerade den kleineren Kindern bei einigen der Spiele und Experimente helfen müssten – also um Spielen in seiner Urform. Die Box böte dafür nur die nötige Inspiration.

 

Inspiration für 20 Euro im Monat

 

Allerdings ist diese Hilfestellung nicht gerade günstig: Fast 20 Euro kostet die Kiste pro Monat. Für jeden Zahnarzt und Rechtsanwalt sicher kein Ding, aber für einen Friseur oder Hartz-IV-Empfänger eben doch. Das Problem habe man aber längst erkannt, meint Sarah: Im vergangenen Jahr habe es ein Kooperation mit dem Deutschen Kinderhilfswerk gegeben; Boxen und Jahresmitgliedschaften seien verschenkt worden. „Das wollen wir ausbauen.“

Damit das klappt, ist man derzeit auf der Suche nach Investoren mit sozialem Gewissen. Das ursprüngliche Startkapital stammte von den Gründern selbst, später kamen Geld von einem Business-Angel sowie 600.000 Euro, die über die Crowdfundig-Plattform Seedmatch eingesammelt wurden, hinzu. Im vergangenen Jahr sollte der Umsatz bei 565.000 Euro liegen – genaue Zahlen werden auch hier nicht herausgegeben. Doch tragen würde sich Tollabox noch nicht, sagt Béa. „Eine Finanzierungsrunde brauchen wir noch.“

Dabei versuchen die Macher bei den Materialen für die Box zu sparen, wie sie erzählen. So habe zum Beispiel für die Flüssigkeit für die Riesenseifenblasen Henkel ein wenig Seife zur Verfügung gestellt; zum Bau der Schnee-Schlauch-Uhr, einer Mischung aus Schneekugel und Sanduhr, habe die Firma Duck Tape die nötigen Klebestreifen geliefert.

 

„Unterstützt von Produktplatzierungen“

 

Tatsächlich steht auf der dazugehörigen Spielanleitung statt Klebestreifen der Firmenname „Duck Tape“. Wäre die Tollabox eine Fernsehsendung, müsste wohl oben rechts „Unterstützt von Produktplatzierungen“ eingeblendet werden. Nicht unproblematisch, wenn man bedenkt, wie streng in Deutschland die Regeln für Werbung bei Kindern sind. Doch auch hier sehen Sarah und Béa kein Problem: Die Firmen, die in die Box kämen, würden ganz bewusst ausgewählt, meint Béa. „Wir passen auf, dass es passt.“

„Für Kinder ist das einfach ein Klebestreifen“, meint Sarah. Warum das dann nicht auch entsprechend auf der Anleitung steht? Darauf gibt es leider keine wirklich zufriedenstellende Antwort.

Zum Abschluss des Gesprächs machen wir noch einen kurzen Ausflug auf die verschneite Dachterrasse. Hier liegt einem der Prenzlauer Berg zu Füßen. Im Sommer, da säßen sie oft hier oben und ließen ihrer Kreativität beim Ausdenken neuer Spiele freien Lauf, erzählt Béa.

Das klingt wirklich toll, wenn nicht gar tolla.

 

Update vom 22.2.2015: Inzwischen hat Tollabox einen Insolvenzantrag gestellt, weil es nicht geglückt ist, eine weitere Finanzierungsrunde zu sichern. Wie es weiter geht mit dem Unternehmen ist derzeit unklar. Hier ein Link zu einem aktuellen Interview mit einem der Gründer, Oliver Beste. 

 

Teil 1: „Tollabox: Spielen im Abo“

Teil 2: „Play-Curriculum, muss das sein?“

 

Unter dem Titel „Von hier – Geschäftsideen aus Prenzlauer Berg“ stellen wir Unternehmen aus dem Kiez vor. Bisher erschienen Texte über

den Quetschobst-Hersteller „Erdbär – Freche Freunde“,

die Taschen-Entwickler von „Tausche Tasche“

und den Online-Brillenhändler Mister Spex. 

 

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