Nach fast drei Jahren Bauarbeiten wird die Kastanienallee heute freigegeben. Der Protest gegen den Umbau ist damals gescheitert. Etwas bewegt hat die Initiative „Stoppt K21“ aber trotzdem.
Daniel Röttger braucht genau eine Sekunde, um von „Ich stehe gerade vorm Kühlregal“ auf „Dieser Umbau ist der reine Schwachsinn. Das wird Menschenleben kosten!“ zu kommen. Dabei ist es über zwei Jahre her, dass Röttger sich gegen die Sanierung der Kastanienallee engagierte. Kein Grund, nicht sofort wieder im Thema zu sein, sobald ihn jemand dazu anruft.
Hiermit erkläre ich diese Bauarbeiten für beendet
Am heutigen Freitag werden die umstrittenen Bauarbeiten für beendet erklärt und die Straße wieder für den Verkehr freigegeben. Fast drei Jahre lang hat es gedauert, um die Gehwege zu sanieren, Parktaschen zu bauen und einen Radstreifen anzulegen. Etwa 2,5 Millionen Euro hat das gekostet. Die Proteste gegen diese Maßnahmen waren zunächst massiv: Die Bürgerinitiative Stoppt K21, zu der auch Röttger gehörte, machte mobil gegen einen überflüssigen, teuren, die Straße nicht sichererer machenden Umbau. Es gab Aktionstage, ein Bürgerbegehren und viele, viele Medienberichte.
Doch stoppen konnte K21 den Umbau nicht: Das Bürgerbegehren scheiterte, weil es nicht gelang, die erforderlichen knapp 9000 Unterschriften zu sammeln, die für einen Bürgerentscheid nötig waren. Kurz danach erklärte die Initiative im November 2011 ihre Auflösung. Seitdem liegt die Website verwaist, in der Facebookgruppe wurden noch eine zeitlang die Meldungen des Tacheles geteilt. Seit März 2013 ist auch dort Schluss. Nein, nicht mal zum Abschluss der Bauarbeiten sei eine Protestaktion geplant, meint Röttger. „Wir werden doch nicht der verschütteten Milch hinterherweinen.“ Was jedoch nicht heißt, dass er sich mit dem Umbau versöhnt hat.
Höchsten haltbar bis 2019
„Wer das schön findet, muss mit dem Klammerbeutel gepudert sein“, meint er. Zudem sei die Allee nun zu einer „Einflugsschneise“ geworden, wie er es nennt: Auf der etwas chaotischen Kastanienallee sei man früher automatisch nicht besonders schnell unterwegs gewesen. Mit dem Umbau sei Tempo 50 aber kein Problem mehr – bisher sind alle Versuche des Bezirks, die Straße zur Tempo-30-Zone zu erklären, gescheitert. Verkehrsunfälle seien so vorprogrammiert. „Das kommt jetzt alles genau so, wie wir es prognostiziert haben“, sagt Röttger. Mehr als fünf Jahre gibt er dem jetzigen Zustand nicht; dann müsse wieder umgebaut werden.
Naturgemäß anders sieht das Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung und seit jeher der Gegenspieler der Bürgerinitiative. „Anfängliche Befürchtungen, die Straße werde kaputt saniert, wurden im Laufe der Baumaßnahme ausgeräumt“, sagt er in einer Presseerklärung. Der Charakter der Straße sei erhalten geblieben; zudem sei sie für Radfahrer sicherer sowie deutlich barrierefreier geworden.
So geht Bürgerbeteiligung heute
Die Fronten haben sich über die Jahre also nicht verändert. Dafür aber die Art, wie Bürgerbeteiligung im Bezirk funktioniert. Das hat erst in dieser Woche das Beispiel Pappelallee gezeigt, in der nun ein ähnlicher Umbau stattfindet. Über ein Jahr lang wurden die Bürger immer wieder angesprochen und Pappel für Pappel erklärt, wo warum Veränderungen erforderlich sind. Am Ende steht nun ein Bauplan, mit dem wohl Amt wie Anwohner gut leben können.
Als in der Kastanienallee die Initiative auf den Plan trat, war die offizielle Bürgerbeteiligung schon fast abgeschlossen. Dass das nun in der Pappelallee besser lief, ist mit ein später Verdienst von Stoppt K21 und beweist zudem, dass auch ein Amt lernfähig ist.
Verkehrsfreigabe der Kastanienallee, Freitag, 24. Januar, 11 Uhr, Kastanienallee/Kreuzung Oderberger Straße.
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