Ein Markt, zwei Meinungen

von Juliane Schader 14. August 2013

Einen Markt mit Selbstgemachtem gibt es jetzt an der Sonnenburger Straße. Ein Angebot aus dem Kiez für den Kiez, meinen die Macher. Unnötiger Lärm, meinen Anwohner. Willkommen in der Großstadt.

An der Sonnenburger Straße gibt es nun einen Markt. Small Business Markt heißt er, Sebstgemachtes gibt es, das erste Mal am 4. August lief er und bis Oktober soll er noch zwei Mal stattfinden. Vielleicht. Wenn alles klappt. Denn es gibt auch Leute, die das nicht so gut finden. Typisch Prenzlauer Berg? Ein Stück in drei Positionen.

 

Die Macher

Nicole Pfeiffer ist Prenzlauer Bergerin, macht Siebdruck und verdient damit Geld, und zwar gerne auf Märkten. Einziges Problem: In Prenzlauer Berg fehlt es ihr an einem Verkaufsort, denn im Mauerpark sind gewerbliche Anbieter – zumindest offiziell – nicht zugelassen. (Ergänzung: Gilt laut den Mauerpark-Betreibern nur für neue Anbieter, siehe Kommentar.) Logische Folge: Nicole Pfeiffer macht sich auch ihren Markt selbst.

Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie die Sonnenburger Straße zwischen Kopenhagener und Gleimstraße als guten Standort erkannt und für den 4. August eine Nutzungsgenehmigung beim Amt beantragt und bekommen. Zwei weitere Termine bis Oktober sind geplant. Wenn der Markt gut ankommt, ist eine Fortsetzung im nächsten Frühjahr denkbar.

Ein Markt mit kreativen Sachen, von der Öko-Backmischung bis zum Kinderstrampler, von ansässigen Designern für Leute aus dem Kiez, das sei doch eine Bereicherung, meint Pfeiffer. Zwar habe es ein paar Nachfragen besorgten Anwohner im Vorhinein gegeben. Aber nach dem Markt sei das Feedback positiv gewesen.

 

Der Anwohner

Er möchte seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Doch – nennen wir ihn Martin Maier – ist nicht zufrieden. Er lebt in der Sonnenburger Straße und hat eh schon genug Stress: An der Max-Schmeling-Halle passen zwar 12.000 Besucher, aber an ausreichend Parkplätze hat wieder keiner gedacht. So stehen die Wagen nun bei ihm vor der Haustür. Dazu kommen die Fans des Mauerparks, die Touristen und Flaneure und nun auch noch jeden vierten Sonntag der Markt mit seinen Besuchern. Morgens um 6 beginnt der Aufbau, abgebaut wird bis 21 Uhr, dazwischen tönt Markttreiben, Autos müssen dafür abgeschleppt werden, noch mehr Parkplätze fehlen. Und das für ein Angebot, dass es in dieser Art doch eh jede Woche im Mauerpark gibt. Im schlimmsten Fall steht das Ganze bald als Geheimtipp in jedem Reiseführer. Dabei will er doch zumindest sonntags einfach mal seine Ruhe haben.

Vor Profitgier sähen die Anbieter nicht, wie belastend so ein Markt für die Anwohner sei, meint Maier. Daher plant er nun, die Nachbarn dagegen mobil zu machen.

 

Das Amt

Rein rechtlich sei die Sache ganz einfach: Wenn weder Polizei noch Feuerwehr noch BVG noch das Amt selbst Bedenken hätten, werde ein Antrag auf Nutzung des Straßenlandes bewilligt, sagt Torsten Kühne (CDU), der für das Ordnungsamt zuständiger Stadtrat. An der Sonnenburger Straße habe nichts gegen den Markt gesprochen, also sei er genehmigt worden. Zumal die Veranstalter nicht gleich eine regelmäßige Nutzung beantragt hätten, sondern erstmal nur den 4. August. „Bei weiteren Anträgen werden wir die Erfahrungen vom ersten Mal auswerten. Aber im Prinzip gibt es erstmal keine gravierenden Gründe, das nicht zu gestatten.“

 

Finale

Das Leben in der Großstadt ist ein stetiger Ausgleich verschiedenster Interessen. Der Kollwitzmarkt tourt seit Jahren rund um den Platz, weil alle gerne dort einkaufen, aber niemand das Markttreiben vor der Nase haben möchte. An die Kulturbrauerei kommt eine gläserne Lärmschutzwand, damit die Anwohner ruhiger schlafen können. Im Mauerpark glaubt niemand daran, dass die zukünftigen Bewohner des neuen Viertes nördlich des Gleimtunnels nicht gegen das bisherige Parkleben vorgehen werden. Und an der Gethsemanekirche kämpfen zwei Bürgerinitiativen dafür, dass die Straße wahlweise Autofrei wird oder eben nicht. Praktikalbe Lösungen? Gibt es bislang nicht. Außer den simplen Vorschlag, sich öfter gemeinsam an einen Tisch zu setzen und mal zu hören, wie die andere Seite das sieht.

 

Nachtrag:

Nicole Pfeiffer erklärt per Mail, sie habe „kein Problem“, es fehle ihr „nicht an einem Verkaufsort für meine Produkte“. Das sei „nicht der Grund, warum wir diesen Markt veranstalten.“ 

 

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