Bedürftigen Pfandjägern soll die Arbeit durch Sammelbehälter erleichtert werden. Das Ordnungsamt fürchtet, dass Leute auf dumme Gedanken kommen.
Es ist kein schöner Job: Menschen, die ihr Geld damit verdienen, dass sie Pfandflaschen aus Papierkörben klauben, werden sicher nicht beneidet. Die Pankower Bezirksverordneten wollten den Betroffenen das Leben erleichtern und brachten im Januar einen entsprechenden Antrag auf den Weg. Der sah vor, Papierkörbe im Bezirk mit Zusatzbehältern auszustatten, in denen Pfandflaschen entsorgt werden können. Dies erspare Flaschensammlern Mühe und gebe ihnen Würde zurück. Das Bezirksamt prüfte und legte nun einen Zwischen-Bericht vor. In diesem wird die Idee zwar begrüßt, es gebe auch schon Fachgespräche. Aber auch eine grundsätzlicher Einwand ist zu hören. Flaschensammelbehälter seien einerseits nützlich. Andererseits aber auch so etwas wie öffentliche Waffenschränke.
Der für Ordnung zuständige Stadtrat Torsten Kühne (CDU) hat bereits Mitarbeiter zu Gesprächen mit der Berliner Stadtreinigung (BSR) entsandt. Grundsätzlich, so Kühne, „ist das alles eine schöne Idee, allerdings gibt es auch ein paar potenzielle Probleme“. So könnte ein zusätzlicher Müllbehälter auch zusätzliche Verschmutzung bringen. „Zudem ist nicht klar, ob das Projekt überhaupt im Interesse der Pfandsammler ist“, sagt Kühne. Schließlich könne der amtliche Flaschen-Service auch dazu führen, dass Menschen, die sonst nicht sammeln, es dann tun, mithin den wirklich Bedürftigen eine Einkommensquelle genommen würde. Am gefährlichsten erscheint Kühne allerdings dies: „Flaschen sind auch immer potenzielle Wurfgeschosse.“
Obdachlosen-Vertreter plädiert zur Gelassenheit
Zur Veranschaulichung eignet sich ein Gedankenspiel. Eine Gruppe betrunkener Jugendlicher gerät vor einem Prenzlauer Berger Club aneinander. Die Vorstellung, dass einer der Jugendlichen im Vorfeld des Gefechts im Papierkorb nach einer Glasflasche wühlt, um sie dem Kontrahenten auf den Kopf zu zimmern, erscheint abwegig. Das gleiche zu tun, wenn die Flasche in einem eigenen Behälter bereitgestellt wird, erscheint weniger abwegig. Und deshalb, so Kühne, müsste auch die Polizei in die Planungen zum Pfandflaschensammelprojekt einbezogen werden. Und gegebenenfalls müsste die Polizei die Flaschenbehälter im Auge behalten.
Guido Fahrendholz vom Prenzlauer Berger Verein „Obdachlose machen mobil“ versteht zwar die Befürchtungen Kühnes, plädiert aber dafür, „nicht aus allen Lebensumständen eine Gefahrensituation herzuleiten“. Fahrendholz findet „die Idee, die hinter dem Projekt steht, klasse“. Allerdings sei es ein Irrtum, „das Ganze als Sozialprojekt zu betrachten“; denn tatsächlich kämen die Behälter auch Nicht-Bedürftigen zupass. Trotzdem sei das Projekt unterstützenswert, so Fahrendholz. Bis es umgesetzt werden könnte, dauert es auf jeden Fall noch etwas. Die Projektgruppe von Bezirksamt und BSR ist gerade erst in der Gründung. Bei den Gesprächen sollen dann auch Polizei und Obdachlosen-Interessenvertreter einbezogen werden.
NEWSLETTER: Damit unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden bleiben, gibt es unseren wöchentlichen Newsletter. Folgen Sie uns und melden Sie sich hier an!