In Prenzlauer mangelt es schon lange an Räumen für kleinere Unternehmen. In der Greifswalder Straße verschwindet jetzt wieder ein großes Geschäftshaus. Es entstehen Eigentumswohnungen.
Wohneigentum steht in Prenzlauer Berg seit ein paar Wochen auf dem Index. Mit dem Erlass des „Luxusverbots“ untersagte der Bezirk für bestimmte und bald vielleicht sämtliche Bereiche des Stadtteils Kamine, Fußbodenheizungen und Privatparkplätze. Und bald, so die Pläne des Bezirks, soll auch dies verboten werden: Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Mit dem Verbot sollte einer Entwicklung entgegengewirkt werden, mit der immer mehr mietbarer Wohnraum in Prenzlauer Berg verschwindet. Noch ist nicht genug Zeit vergangen, um die Verordnung als praxisgetestet bezeichnen zu können. Ein Fall in der Greifswalder Straße ist aber auf jeden Fall als Beispiel dafür geeignet, wie das Eigentumsverbot umgangen werden kann: Mit der Umwandlung von Gewerbe-Immobilien in Eigentumswohnungen. Gewerbe ist zwar auch äußerst knapp in Prenzlauer Berg. Aber nicht erfasst von der neuen Verordnung.
Es geht um die Greifswalder Straße 34/35, ein Gebäudekomplex mit zwei Innenhöfen und sieben Hauseingängen. In den Gebäuden sitzen viele kleinere Gewerbetreibende, größere Vereine und Verbände, Ärzte und Künstler; die Greifswalder Straße 34/35 ist damit eine der wenigen konzentrierten Gewerbeadressen in Prenzlauer Berg. Kurz vor Jahreswechsel haben nach Informationen dieser Zeitung Mieter des Hauses die Kündigungen für ihre Gewerberäume bekommen, im ungünstigsten Fall müssen sie in weniger als drei Monaten raus. „Bleiben können offensichtlich nur Mieter mit langfristigen Mietverträgen“, sagt ein Mieter, der selbst bald ausziehen muss.
Vergleichbares in Prenzlauer Berg schwer zu finden
Grund für die Kündigungen ist offenbar auch, dass im Haus Eigentumswohnungen entstehen sollen, wie es in den Schreiben der Hausverwaltung heißt, die im Auftrag des Eigentümers verschickt wurden: „Hintergrund der Ihnen gegenüber ausgesprochenen Kündigung ist, dass man sich bei der Eigentümergesellschaft dazu entschlossen hat, in den Jahren 2013 und 2014 umfangreiche Bauarbeiten am und im Objekt durchzuführen.“ Es sollen „unter anderem das Dach zu Wohnraum ausgebaut und einige Gewerbe- in Wohnraumeinheiten umgewandelt werden“.
Dass es für manchen Mieter nicht leicht sein wird, neue Räume in Prenzlauer Berg zu finden, ist wahrscheinlich. Mangel an Gewerbefläche ist hier schon lange zu verzeichnen. Auch Ilona Winter sieht das so. Winter muss mit ihrem Umweltbüro für Berlin-Brandenburg e.V. ebenfalls in drei Monaten weg aus der Greifswalder Straße. „Wir gehen davon aus, dass wir nichts Vergleichbares in der Umgebung finden werden“, sagt sie.
Wohnen interessanter als Gewerbe
Jens-Holger Kirchner, Stadtrat für Stadtentwicklung (Grüne) und damit Vater der Idee, die Umwandlung von Miet- in Wohneigentum in Prenzlauer Berg zu vermieten, wundert es nicht, dass eine große Gewerbefläche in der Greifswalder nun zu Wohneigentum werden soll. „Für Immobilienbesitzer ist das einfach die interessanteste Option. Das ist eine Tendenz, die in Prenzlauer Berg schon länger feststellbar ist.“ Dass dieser Trend dadurch gestärkt wird, dass in absehbarer Zeit Mietwohnungen als Privatisierungsobjekt wegfallen, glaubt Kirchner nicht, auch wenn er einräumt, dass der „Druck etwas wächst“.
Anlass, das neue Verbot auch auf Gewerbe-Immobilien auszuweiten, sieht Kirchner jedenfalls nicht. Gehe es beim Luxusverbot darum, Mieter vor Verdrängung zu schützen und damit einer Zersetzung der sozialen Struktur vorzubeugen, greife dieses Argument bei Unternehmern nicht. „Da ist niemand, den man vor Verdrängung beschützen muss“, so Kirchner.
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