Das Abgeordnetenhaus plädiert für einen dauerhaften Kulturstandort. Sagt aber nicht, wie das funktionieren soll.
Die Mehrheit des Berliner Abgeordnetenhauses hat sich in ihrer jüngsten Sitzung dafür ausgesprochen, dass die Kulturbrauerei auch nach ihrem anstehenden Verkauf in private Hände weiter kulturell genutzt wird. Ein von den Linken eingebrachter Vorschlag wurde in stark abgespeckter Form von SPD, CDU, Linken und Piraten verabschiedet. Der Auftrag: „Der Senat und das Bezirksamt Pankow werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass im Zusammenhang mit dem Verkauf der TLG Gewerbe durch den Bund die Kulturbrauerei in ihrer Eigenart und mit ihrer funktionalen Nutzungsmischung gesichert wird.“ Damit soll sichergestellt werden, dass der neue Besitzer die Kulturbrauerei nicht umwidmet. Konkrete Handlungsanweisungen, wie das ermöglicht werden kann, fehlen im Beschluss allerdings völlig. Und die Verwaltung rätselt.
Die Kulturbrauerei gehört bis jetzt noch der TLG Immobilien GmbH, eine Nachfolgerin der Treuhand im Besitz der Bundesrepublik. Vor wenigen Tagen wurde der Wohnungsbestand der TLG an die Hamburger TAG Immobilien GmbH verkauft; für die TLG Gewerbeimmobilien wird derzeit noch ein Käufer gesucht, wie ein Sprecher des zuständigen Bundesfinanzministeriums auf Anfrage erklärte. Ende des Jahres hoffe man auf einen Vertragsabschluss; über potenzielle Käufer wurden keine Angaben gemacht. Spekulationen gibt es aber bereits, und zwar über einen Verkauf an stark profitorientierte Unternehmen. Das verstärkt die Angst vor einer Umwidmung – der mit dem Beschluss vorgebeugt werden soll.
Langfristig sicher heißt bis 2021
Die Frage beschäftigte kürzlich das Berliner Abgeordnetenhaus, und auch die Bundesebene. Stefan Liebich, Linken-Bundestagsabgeordneter aus dem Bezirk, stellte vor mehreren Wochen eine Anfrage an den parlamentarischen Staatssekretär im Finanzministerium, ob es möglich sei, „die Kulturbrauerei vor dem TLG-Verkauf aus dem Bestand herauszulösen und so die dauerhafte Sicherstellung des gesamten Areals als Kulturstandort unabhängig von privatwirtschaftlichen Renditeerwartungen zu ermöglichen“. Staatssekretär Steffen Kampeter verneinte dies. Sowieso bleibe aber nach der Privatisierung „für die Mieter der Kulturbrauerei alles beim Alten“. Der Käufer müsse alle bestehenden Mietverträge übernehmen. „Hierdurch besteht langfristige Planungssicherheit bis Ende 2021. Auch danach steht dem Land Berlin ein Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages zu.“
Wie der Senat die Kulturbrauerei in ihrem Bestand sichern will, ist derzeit nicht absehbar. Der Sprecher der Senats-Kulturverwaltung verwies auf die langfristigen Mietverträge, „damit haben wir das in unserem Rahmen mögliche getan“. Weitere Planungen gebe es noch nicht. Dass Bürgermeister Wowereit nicht sonderlich leidenschaftlich für Rettungsmaßnahmen brennt, machte er deutlich, als er bei der jüngsten Diskussion zum Thema im Abgeordnetenhaus erklärte, es gebe bereits „doch eine langfristige Lösung“. Er meinte damit die Sicherheit bis 2021.
Der falsche Adressat
Jens-Holger Kirchner (Grüne), im Bezirk zuständiger Stadtrat für Stadtentwicklung, kennt den Beschluss auf Landesebene erst seit der Anfrage dieser Zeitung. „Ich nehme das mit Freude zur Kenntnis“, sagte Kirchner. Er meint das Signal des Beschlusses, nicht die Adressaten. „Es ist eine Immobilie des Bundes, der müsste dann auch was tun.“ Der Bezirk sei relativ machtlos. Mit einem Bebauungsplan könnte zwar eine kulturelle Nutzung festgeschrieben werden – das würde dann aber wiederum einen Supermarkt und auch das Kino ausschließen, letzteres sei offiziell eine „Vergnügungsstätte“.
Kirchner wiederholte seinen generellen Vorbehalt gegen ein B-Plan-Verfahren. Seine Sorge: Durch das obligatorische Beteiligungsverfahren von Nachbarn könnten mehr Probleme entstehen als gelöst werden, zum Beispiel, wenn es um Fragen der Ruhestörung geht.
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