Zehn Tische, viele Bürger und drei Stunden Zeit: Am Dienstag konnte jeder mal sagen, was er sich für das Thälmann-Areal wünscht. Etwa Parkpflege, Skater-Rampen oder „das alles so bleibt“.
Als Jens-Holger Kirchner um kurz vor sechs vor der Wabe vorfährt, muss er erstmal einen Parkplatz suchen. Für sein Fahrrad. Das Interesse am ersten Workshop zur Erstellung eines Leitbilds für das Thälmann-Areal ist gut besucht – das merkt man auch an den übervollen Fahrradständern. Als Pankows grüner Stadtrat für Stadtentwicklung es endlich auf die kleine Bühne des Veranstaltungsraums geschafft hat, freut er sich auf einen bisher einmaligen Akt der Bürgerbeteiligung. Jetzt könnten sich alle noch mit ihren Wünschen für das Areal einbringen. „Sonst passiert Zukunft trotzdem, ohne uns.“
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Zehn Tische sind über den Saal verteilt aufgebaut; an jedem wird zu einem Schwerpunktthema diskutiert. Eine Runde dauert zwanzig Minuten, dann ertönt eine Klingel und man zieht zum nächsten Tisch. Drei Runden gibt es. Die Klingel wurde offensichtlich kurz vorher noch aus einem Halli-Galli-Spiel entwendet.
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Irgendwie kommt einem der Mann mit dem markanten Glatzkopf bekannt vor, auch wenn er in Jeans und mit lockerem Hemd heute leicht verkleidet aussieht. Von hinten pirscht er sich an die Diskussionsrunde zum Thema Wohnen heran. Ob er auch etwas beitragen dürfe? Aber natürlich. Mit Herrn Kraetzer hätte er letztens gesprochen, dem letzten Bürgermeister des Bezirks Prenzlauer Berg. „Er meinte, es sei doch eine schöne Idee, mit einem der Neubauten ein Gasometer nachzubauen, um an die Geschichte des Ortes…“ Viel weiter kommt er nicht, denn Markus Seng, Mitglied der Bürgerinitiative Thälmannpark, flitzt heran. „Sie dürfen gerne mitdiskutieren. Aber dann müssen sie schon sagen, dass sie einen Investor vertreten. Und an den Tisch setzten müssen sie sich auch, und nicht von oben herab Ansagen machen.“ Der Herr trollt sich. Die Skepsis der Altbewohner gegen Investoren wird nicht weniger.
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Der Tisch zum Thema Handel und Gewerbe ist total verwaist. Auf ihm liegt eine große Karte, auf der die zahlreichen Discounter verzeichnet sind, die sich rund um den Thälmann-Park angesiedelt haben. „Ich glaube, hier sieht niemand Entwicklungsbedarf“, meint der junge Mann, der den Tisch betreut. „In der letzten Runde war nur ein Mann hier. Und das auch nur aus Versehen.“
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„Ich habe eine Frage: Wollen sie das Krankenhaus weghaben?“ Die alte Dame mit dem akkurat gescheitelten weißen Haar ist wirklich besorgt. „Hier wohnen immer mehr ältere Menschen, wir brauchen eine gesundheitliche Betreuung und kurze Wege“, meint sie. Stadtplanerin Genia Krug, die den Workshop mit veranstaltet, geht in den Rückwärtsgang: „Ich möchte hier gar nichts. Aber Vivantes will das Krankenhaus wohl abwickeln. Viel mehr wissen wir auch nicht.“ Dann notiert sie auf einem Kärtchen, dass eine gesundheitliche Versorgung erhalten bleiben muss. Später kommt noch der Wunsch nach einem Ort für Generationen-übergreifendes Wohnen hinzu.
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Ein Tisch namens Visionen. Wie sie sich denn den Thälmann-Park im Jahr 2030 vorstelle, fragt die Diskussionsleiterin eine ältere Dame mit rotem Haar. „Er soll bleiben, wie er ist“, antwortet sie.
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Markus Seng von der Bürgerinitiative sprüht vor Ideen und seine Sitznachbarin fällt fast vom Stuhl. „Eine kleine Bühne am Teich für Konzerte. Die große Freifläche vorm Denkmal beleuchten wir nachts und bauen eine Skateboard-Anlage für die Kids dahin. Und ins Bezirksamt Fröbelstraße kommen Künstlerateliers.“ – Die Dame schluckt und meint dann: „Ich finde, der Thälmann muss ganz weg. Das ist doch ein elendes Machtsymbol.“ – „Nein, da müssen wir praktisch denken“, sagt Seng. „Wenn sie sagen, der kann weg, dann bauen sie uns da ein Hochhäuschen hin.“ Zum Schluss einigen sie sich darauf, das Denkmal von Efeu zuwachsen zu lassen. Dann klingelt es.
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Große Abschlussrunde. Vom verwahrlosten Park wird gesprochen, vom Erhalt des Kulturstandorts und einer U-Bahn-Trasse für die Greifswalder Straße, die sich jemand gewünscht hat. „Der Thälmann-Park erwacht aus einem Dornröschenschlaf“, meint die Betreuerin des Visionen-Tisches. Diese Veränderung mache vielen Angst, und zwar aus einem einfachen Grund: „Mit dem Prinz kommen auch andere.“
Bis Oktober soll das vom Bezirk beauftragte Unternehmen Stadtbau das Leitbild für das Thälmann-Areal erstellt haben. Es formt sich aus zahlreichen Interviews und Gesprächen mit allen Beteiligten sowie zwei Workshops. Die Ergebnisse des ersten vom Dienstag sollen bald im Internet veröffentlicht werden. Ein weiterer Workshop soll im August/September folgen.
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