Pankows Bürgermeister will nicht mehr

von Juliane Schader 17. September 2015

Wenn in einem Jahr Berlins Lokalpolitiker neu gewählt werden, wird Matthias Köhne (SPD) nicht mehr kandidieren. Auch Schul- und Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz räumt ihren Posten.

Ein Jahr dauert es noch, bis in Berlin auch auf Bezirksebene gewählt wird. Die SPD macht gerade Platz für neues Personal: Gestern Abend verkündete Pankows Bürgermeister Matthias Köhne via BZ, dass er nach dann zehn Jahren Amtszeit nicht noch einmal kandidieren möchte. Auch Sozial- und Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz stellt sich nicht wieder zur Wahl.

Zürn-Kasztantowicz steht kurz vor der Rente. Ihr Aufgabengebiet – Mangelverwaltung an allen Fronten – möchte sie nun jemand Jüngerem überlassen. Köhne hingegen wird seine politische Karriere mit dann 50 Jahren wohl nicht als beendet ansehen. „Mir war schon vor fünf Jahren klar, dass ich es bei zwei Amtszeiten bewenden lassen möchte. In anderen Ländern darf man gar nicht öfter antreten. So habe ich es für mich beschlossen“, begründet er seine Entscheidung.

 

Wer ist der Bürgermeister von Pankow?

 

Köhne stammt aus Itzehoe in Schleswig-Holstein, wo Menschen, die „Hallo“ sagen, schon als Schwätzer gelten. Diese nordische Gelassenheit zeichnet auch seine Arbeit als Bürgermeister aus. Wenn er auf Veranstaltungen vor breitem Publikum das Mikrofon ergreift, weiß längst nicht jeder, was den großen Mann mit der Nickelbrille dazu bemächtigt. Diplompolitologe Köhne hat es vielleicht geschafft, Pankow zur Haushaltsraison zu erziehen (den kontinuierlichen Abbau des Schuldenbergs von 32,5 Millionen Euro um mehr als zwei Drittel nennt er seinen größten politischen Erfolg). Gesicht und lauter Fürsprecher seines Bezirks ist er jedoch nie geworden.

Dabei ist es genau das, was fehlt. Berlin wächst, und am liebsten ziehen die Menschen nach Pankow. Gleichzeitig hält der Senat an seinem krassen Spardiktat fest, was dazu führt, dass von der Infrastruktur bis zum Personal alles auf höchster Verschleißstufe fährt. Die Klage darüber beherrscht den politischen Alltag im Bezirk. Doch eine Ebene höher scheint sie nicht anzukommen. Dabei sind es Köhnes Parteifreunde von der SPD, die dort regieren. Der Draht sollte also kurz sein, doch die Botschaft dringt nicht durch.

 

Politische Impulse setzt ein Anderer

 

Das ist das eine. Das andere sind die Möglichkeiten der Gestaltung, die sich im Lokalen bieten. Doch die politischen Impulse der vergangenen Jahre kamen nicht von Köhne, sondern von seinem Stellvertreter. Jens-Holger Kirchner von den Grünen war es, der Pankow zum Vorzeigebezirk für Lebensmittelhygiene in der Gastronomie machte, der ein deutschlandweit beachtetes Luxusverbot bei Wohnungssanierungen einführte und die Vision eines Lebens ohne Auto am praktischen Beispiel Helmholtzkiez erproben wollte. Der einzige Grund dafür, dass Letzteres scheiterte, heißt Matthias Köhne. Er pfiff Kirchner zurück, weil Pankow „kein Versuchslabor für Öko-Phantasien“ sei. Vielleicht hatte er aber auch einfach nur genug davon, dass ihm jemand die Show stiehlt.

Man kann von Kirchner und seinen politischen Zielen halten, was man will. Aber es gelingt ihm, sie praktisch, vor Ort und im Kleinen umzusetzen. In anderen Worten: Er macht Lokalpolitik. Köhne hingegen konzentriert sich lieber auf den Teil seiner Jobbezeichnung, die ihn als Vorsteher der Verwaltung auszeichnet, und verwaltet. Dank dieser Qualifikation dürfte sich für den Finanzexperten etwa auf Landesebene noch ein schönes Plätzchen finden. Köhne selbst sagt, er warte ab, was kommt.

 

Schulplatzmangel, Geldmangel, Flüchtlingsbettmangel

 

Lioba Zürn-Kasztantowicz erklärt derweil nach 17 Jahren Kommunalpolitik: „Jetzt ist einfach mal gut. Die Pankower SPD hat viele kompetenten und erfahrene Leute, da ist mir um eine gute Nachfolge nicht bange.“

Doch die Herausforderungen, die ihr Job mit sich bringt, sind nicht zu unterschätzen: Als Schulstadträtin musste Zürn-Kasztantowicz in der Vergangenheit den Umschwung von der Schließung von Schulen zum massiven Ausbau an Plätzen bewerkstelligen. Als Sozialstadträtin kämpft sie permanent mit zu wenig Geld und zu wenig Personal. Und aktuell gehört zu ihren Aufgaben, die vielen Flüchtlinge im Bezirk gut unterzubringen.

An Engagement und Wille, das alles zu meistern, mangelt es Zürn-Kasztantowicz nicht. Doch manch verzweifeltes Elternteil auf der Suche nach einem Schulplatz kommt zu dem Schluss, dass das nicht reicht.

Im Gespräch meinte die Stadträtin einst, man käme vor lauter Noteinsätzen nicht dazu, langfristig zu planen. Dabei wäre genau das nötig. Vielleicht wäre es eine gute Idee, die beiden Fachbereiche in der kommenden Legislatur auseinander zu ziehen, wenn man die Ressorts neu ordnet, um den Nachfolgern das zu ermöglichen.

 

Noch ein Jahr bis zur Wahl

 

Am 18. September 2016 wird gewählt. Dass die SPD-Politiker ihre Posten nun fast auf den Tag genau ein Jahr vorher in Aussicht stellen, habe den simplen Grund, dass sich bis Mitte Oktober mögliche Nachfolger melden könnten, erklärt Köhne. Wer das Rennen um die beiden Spitzenpositionen im Bezirk aufnehmen wird? „Das wird sich zeigen.“

 

 

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