Luxusverbot für Prenzlauer Berg

von Thomas Trappe 19. Dezember 2012

Ab dem neuen Jahr gelten rigorose Beschränkungen für Sanierungen von Wohnungen in Prenzlauer Berg. Selbst Wärmedämmung muss gerechtfertigt werden.

Das Bezirksamt Pankow hat gestern beschlossen, Hausbesitzern in Prenzlauer Berg die Sanierungen und Zusammenlegung von Wohnungen erheblich zu erschweren. So werden Grundrissänderungen künftig in aller Regel abgelehnt, ebenso kleinere Sanierungsmaßnahmen wie der Einbau eines zweiten Bades, eines Kamins oder von Balkonen. Selbst bei Maßnahmen zur Wärmedämmung muss das Amt demnächst um Erlaubnis gefragt werden – und in vielen Fällen wir es eine Ablehnung geben. Die neuen Regeln gelten zunächst für die zahlreichen Milieuschutzgebiete in Prenzlauer Berg. Auf Anfrage dieser Zeitung erklärte der für Stadtentwicklung zuständige Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) das Ziel des Bezirksamts: In ganz Prenzlauer Berg südlich des S-Bahn-Rings soll es keine weitgehenden Sanierungen mehr geben. Und zwar schon ab kommenden Jahr. 

Beschlossen wurden neue „Prüfkriterien für Anträge in den Erhaltungsgebieten“. Bauherren müssen auch jetzt schon offiziell anfragen, wenn sie in diesen Erhaltungs-, früher Milieuschutzgebieten, bauliche Veränderungen planen. Es soll damit verhindert werden, dass höherwertiger Wohnraum entsteht und zudem die Zahl der Wohnungen durch Zusammenschlüsse vermindert wird. Ziel ist dabei, dass die soziale Struktur eines Kiezes erhalten bleibt. Ausdrücklich geht es nicht um Mieterschutz; so bringt ein Sanierungsverbot auch oft mit sich, dass Menschen im Alter ihre alten Wohnungen aufgeben müssen, da sie es etwas komfortabler brauchen. 

 

Der Durchschnitt ist für Prenzlauer Berg künftig das Maximum

 

Die neuen Prüfkriterien besagen zunächst, dass der Ausbau von Dachgeschossen künftig grundsätzlich genehmigt werden soll, da so nur neuer Wohnraum entsteht, aber an der bisherigen Milieustruktur nichts geändert wird. Die restlichen Regelungen sind scharfe Restriktion für Hausbesitzer. So wird die Umnutzung von Wohn- in Gewerberaum grundsätzlich untersagt, gleichermaßen auch die Vermietung als Ferienwohnung. Ausnahmen sind nur möglich, wenn das Haus aufgrund unzumutbaren Lärms, unzureichender Belüftung oder Lichts nicht dauerhaft bewohnbar ist. 

Grundrissänderungen sind genau wie Wohnungszusammenlegungen untersagt. „Ausnahmen sind dann zulässig, wenn der Einbau eines zeitgemäßen Bades in einer einzelnen Wohnung auf Grund der Größe oder der Grundrissgestaltung nicht möglich ist und wenn die Maßnahme zur Sicherung gesunder Wohnverhältnisse erforderlich ist.“ 

Höchstgrenze der Sanierung ist dabei immer einer vom Amt angenommener „zeitgemäßer Standard“, also der Berliner Durchschnitt. Was heißt, dass ein zweites Bad oder WC erst in einer Vierzimmerwohnung erlaubt ist. Verboten ist der Einbau von Fußbodenheizungen und Innenkaminen. Balkone, Loggien, Terrassen und Wintergärten sind fortan untersagt, „wenn die Wohnung bereits einen Balkon oder eine Terrasse aufweist“. Auch Stellplatzanlagen für Mieter werden künftig vom Amts wegen nicht mehr erlaubt. Genau wie Wärmedämmmaßnahmen – es sei denn, sie sind rechtlich zwingend notwendig. Hausbesitzer, die dämmen wollen, müssen das beantragen und gegebenenfalls per Gutachten rechtfertigen.

 

45.000 Wohnungen betroffen

 

Vor allem die letzte Regelung wirft Fragen auf, immerhin zeichnet ein grüner Stadtrat verantwortlich. Jens-Holger Kirchner sieht darin keine Probleme. So sei das, was der Gesetzgeber als Mindeststandard zur Energieeinsparung vorschreibt, auch mit neuen Fenstern und Dachisolierungen zu erreichen. Weitergehende Fassadendämmungen führten nicht nur zu Mietsteigerungen, sondern schlimmstenfalls zu Feuchtstau und damit schimmligen Altbauwänden.

Der kommenden Bezirksverordnetenversammlung werden die neuen Prüfkriterien vorgelegt, mit Veröffentlichung im Amtsblatt sind sie gültig. Zunächst für die zahlreichen Prenzlauer Berger Milieuschutzgebiete mit rund 45.000 Wohnungen, später dann wohl auch für die ehemaligen Sanierungsgebiete Teutoburger Platz und Helmholtzplatz. Die Ausweitung auf ganz Prenzlauer Berg, südlich des S-Bahn-Rings, werde derzeit im Amt intensiv diskutiert, so Stadtrat Kirchner. Auch das Kissingenviertel im Stadtteil Pankow habe man dabei im Blick.

 

 

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