Seit fünf Jahren ist der obere Teil der Halle in der Sredzkistraße gesperrt. Bis Ende des Jahres soll sich das ändern. Allerdings könnte die Halle dann zur Flüchtlingsunterkunft werden.
Turnhallen – die sind ja in Berlin inzwischen ein ähnliches Reizthema wie Flughäfen. Nicht, weil sie nicht fertig werden, sondern im Gegenteil, sie einfach viel zu ausgelastet sind. Das hat zum einem mit dem Anstieg der Schülerzahlen in Berlin zu tun, und mit einer wesentlich neueren Entwicklung, dem Zustrom von tausenden Flüchtlingen und deren Unterbringung in Turnhallen. Und damit zur Doppelsporthalle in der Sredzkistraße, die eher mit der Flughafenproblematik zu assoziieren ist: Sie ist nämlich seit 5 Jahren in der oberen Hälfte gesperrt, was seitdem den Schulsport und vor allem den Verein SG Rotation Prenzlauer Berg in die Bredouille bringt, der in der Sredzkistraße seine Heimsporthalle hat. Jetzt gibt es, vordergründig, gute Nachrichten: Ende 2016 könnte die Halle wieder freigegeben sein. Allerdings, und damit wieder zum anderen Berliner Phänomen: Flugs könnte die Halle dann auch schon zur Flüchtlingsunterkunft erklärt werden.
Die Doppelsporthalle besteht aus zwei Teilen, einer unteren und einer oberen Halle. 2002 wurde sie eingeweiht, acht Jahre später musste die obere Halle gesperrt werden, es wurden Hinweise auf Baumängel und Berechnungsfehler bei der Statik gefunden. Kurze Zeit später musste die Kiesdecke auf dem Dach entfernt werden, außerdem wurden in der oberen Hälfte Stützpfeiler aufgestellt. Wer Schuld an der Misere trägt, das soll das Landgericht Berlin klären. Im Dezember 2014 gab es eine erste Gerichtsverhandlung. Der Prozess laufe immer noch, wie die zuständige Stadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) jetzt gegenüber den PBN erklärte.
Decke hat sich abgesenkt
Dass so lange in der Halle nichts gemacht werden konnte, hing auch mit juristischen Abwägungen zusammen. Saniert der Bezirk, so eine Befürchtung, könnte dies unter Umständen als Eingeständnis gewertet werden, dass die Verantwortung für die Fehler bei ihm lägen. Außerdem könnten Beweise, die für das Gerichtsverfahren relevant sind, wegsaniert werden. Stadträtin Zürn-Kasztantowicz sagte dazu, dass man in der Rechtsabteilung des Bezirksamt „intensiv diskutiert“ habe und es durchaus „noch ein gewisses Risiko“ gebe – man sich trotzdem für die Sanierung entschieden habe. Seit November laufe diese nun. Vorsichtige Schätzungen des Bauamts, so Zürn-Kasztantowicz, besagten, dass bis Ende 2016 die Halle wieder in Betrieb genommen werden könnte.
Offenbar hat sich bei der Halle in den vergangenen Jahren, trotz Abstützung, das Dach gesenkt. Es sei nämlich in einem ersten Bauabschnitt mittels hydraulischer Pumpen die Decke angehoben worden. Die umfassenden Arbeiten an der Wiederherstellung des Dachs sollen voraussichtlich noch bis Februar dauern, dann folgten neu Untersuchungen, welche Sanierungen im Innenbereich nötig seien. Unter anderem, sagt die Stadträtin, könnte sich dabei herausstellen, dass der Fußboden ausgetauscht werden müsse – da er durch die aufgestellten Stützen übermäßig beansprucht sein könnte. Auch diese Kosten, entstanden in Folge von Absicherungsmaßnahmen, wären dann wohl Inhalt von Schadenersatzforderungen des Bezirksamts.
Gekostet hatte die Halle im Bau seinerzeit 4,7 Millionen Euro. Welche Kosten durch die Nichtnutzung in den vergangenen fünf Jahren entstanden sind, sei schwer zu beziffern, sagt Zürn-Kasztantowicz. Für die Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen habe man im Bezirkshaushalt jedenfalls allein im vergangenen Jahr 400.000 Euro eingestellt, und auch für dieses Jahr sei ausreichend Geld vorgesehen. Ob das aber wirklich eine Investition in den Schul- und Vereinssport sein wird, ist offen. Denn die Doppelsporthalle ist laut Stadträtin eine von dreien im Bezirk, die im Katastrophenschutzplan aufgelistet seien. Die anderen beiden seien die Turnhalle in der Wichertstraße und jene in der Woelckpromenade in Weißensee – alle zwei sind inzwischen Flüchtlingsunterkünfte. Sollte das Land Ende des Jahres also noch an seiner von den Bezirken großteils abgelehnten Politik bleiben, Flüchtlinge in Turnhallen unterzubringen, dürfte die Doppelsporthalle bei einer Eröffnung im nächsten Winter sofort ins Auge springen. Zürn-Kasztantowicz weiß das, sagt aber, sie wolle darüber „gar nicht erst spekulieren“.
Aufnahmestopp bei der SG Rotation
Eine Beschlagnahmung nach der langen Wartezeit „wäre natürlich bitter“, meint Heike Deutschmann, die beim Hockeyclub SG Rotation Prenzlauer Berg für die Sportstättenkoordination zuständig ist. Seit fünf Jahren kümmert sie sich um Ersatzstätten für die weggefallene Halle in der Sredzkistraße. Sieben hätten bis letztes Jahr zur Verfügung gestanden, zwei davon seien inzwischen Flüchtlingsunterkünfte, berichtet sie. Seit Oktober gebe es einen teilweisen Aufnahmestopp in der Hockeyabteilung des Vereins. Nur Mädchen über elf Jahre und Jungs ab neun könnten aufgenommen werden. Auf der Warteliste stünden aktuell 60 Namen, ab März gebe es für diese wieder Plätze.
Deutschmann sagt, dass es auch vor der Flüchtlingskrise schon zu wenig Turnhallen in Prenzlauer Berg gegeben habe. Unbestreitbar sei allerdings, dass sich die Stimmung bei den Eltern der Vereinskinder wegen der mangelnden Hallenkapazitäten und dem Ausfall von Sportstunden nicht verbessern würde. Das Unverständnis richte sich dabei aber nicht gegen Flüchtlinge, betont Deutschmann – sondern eher gegen den Senat, der in der Verantwortung gesehen werde.
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