Euer schneller Weg zur richtigen Wahl

von Thomas Trappe 26. Juli 2016

Die Parteien haben wieder alles gegeben: Und in ihre Wahlprogramme für den Herbst gepackt. Wir haben schon mal für Euch reingeblättert.

UPDATE vom 26.07.2016:

Inzwischen haben auch Piratenpartei und SPD ein eigenes Bezirkswahlprogramm für Pankow vorgestellt. Auch hier haben wir uns eingelesen und stellen Euch die wichtigsten Punkte kurz vor:

  • Auf äußerst textreichen 30 Seiten stellt die SPD ihr Wahlprogramm für  Pankow vor. Darin stehen absatzweise große Ziele wie ein soziales Miteinander, bessere Verkehrssicherheit und mehr Wohlstand, Bidlung und Lebensqualität , die leider selten so richtig konkret werden. Die SPD möchte das bezahlbare Wohnen fördern, bei Neubauprojekten und mit Instrumenten wie Mietpreisbremse, Zweckentfremdungsverbot und Milieuschutz. Die Erhaltung der sozialen Mischung im Bezirk gilt als oberstes Ziel. Die Integration von Geflüchteten bezeichnet die SPD als  Generationenaufgabe und will hierfür Projekte aus der Zivilgesellschaft fördern. Was die Lebensqualität betrifft, sollen Grün- und Freiflächen gesichert, Freizeitangebote für Familien geschaffen und die Clubszene im Pankower Nachtleben gestärkt werden. Um mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen, will die SPD die Ansiedlung von Gewerbe in Neubaugebieten betreiben. Außerdem sollen Verwaltungsabläufe vereinfacht und ein mobiles Bürgeramt für alte Menschen und Menschen mit Behinderung eingerichtet werden. Mehr zu den Zielen der Pankower SPD lest Ihr weiter unten im Artikel.
  • Die Pankower Piraten setzen im Bezirkswahlprogramm auf die großen Themen ihrer Partei: Transparenz und Teilhabe für alle. Sie wollen das öffentliche Internet im ganzen Bezirk stärken und ausbauen, außerdem sollen BVV- und Ausschuss-Sitzungen live im Internet übertragen werden. Die Piraten wollen die Kinder- und Jugendarbeit stärken und fordern mehr Geld für die Sanierung von Spielplätzen, die Bezahlung von Betreuern und den Ausbau von Schulen und Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken. Ansonsten will die Partei im Bezirk einen „Cannabis Social Club“ einrichten, einen Verein, der die legale Abgabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken ermöglicht. Außerdem interessant: Die Piraten wollen dem Berliner Verwaltungschaos entgegentreten, und zwar mit Digitalisierung. Bis 2020 sollen 70 Prozent aller Verwaltungsabläufe des Bürgeramts online stattfinden. Dafür ist laut Piratenpartei eine IT-Offensive nötig: Zentrale Beschaffung neuer Computer, neue Software und Fachschulung der Mitarbeiter.

 (Update: ka)

 

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ARTIKEL vom 13.06.2016:

Es bleibt dabei, auch im anstehenden Berlin-Wahlkampf: Wer sich ernsthaft für Politik interessiert, für den sind Wahlen einfach anstrengend. Menschen, die ihre Kreuze auf Grundlage von Gewöhnung, Bauchgefühl oder eines Impulsdurchbruchs machen, die haben es bei Wahlen in der Regel leicht. Rein in die Kabine, Kreuz, raus, und schon ist das große Demokratiegeschäft erledigt. All jene, die sich selbst und ihren Mitmenschen gegenüber ihre Entscheidung begründen wollen, kommen nicht umhin, Wahlprogramme zu lesen. Dicke Dinger meist, so spannend wie ein Tatort vom Bodensee, und zwar auf einem ähnlichen Level der Sprachverholzung. Die Arbeit könnt Ihr Euch diesmal sparen. Der Bodenseetatort wird nämlich abgesetzt. Und die Wahlprogramme haben wir für Euch angeschaut – um nun in Schlaglichtern ein Blick auf die Versprechen zu werfen, die die Parteien im Bezirk Pankow so machen.

Berliner wählen am 18. September zwei Parlamente: das Abgeordnetenhaus (AGH) auf Landes- und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf Bezirksebene. Zwei Stimmen hat man für das AGH. Mit einer wird der Direktkandidat aus dem Wahlkreis – Prenzlauer Berg hat vier – gewählt, mit der anderen eine Partei, die über diese Stimmen Sitze im Parlament erwirbt. Die BVV wählt man mit einer Stimme, man muss sich hier für eine Partei entscheiden. Die stärkste Partei wird am Ende den Bürgermeister stellen, anhand der Stimmenanteilen der Fraktionen wird die Verteilung der Stadtratsposten entschieden. Der Bezirk ist eine Verwaltungseinheit des Landes, entsprechend beschränkt sind die Befugnisse der hiesigen Politiker – sehr oft können sie nur die Kürzungsvorgaben des Landes umsetzen. Trotzdem kommt den AGH- und BVV-Mandatsträgern im politischen Spiel Berlins eine zumindest starke Nebenrolle zu. Was der Grund ist, dass fast jede Partei eigene Berzirkswahlprogramme verabschiedet hat.

 

SPD-Sieg wahrscheinlich, AFD-Stadtrat möglich

 

An manchen Themen kam dabei keine Partei vorbei. Am Wachstum zum Beispiel. Dass hier weiter Menschen aus aller Welt herströmen werden, um Arbeit, Schutz vor Krieg oder das Berghain zu finden, davon wird in allen Parteiprogrammen ausgegangen. Und dass darauf reagiert werden muss, unter anderem mit der Schaffung von Wohnraum und einer Anpassung der Infrastrukturen. Weitere dominierende Themen in den Wahlprogrammen sind die Schaffung moderner Arbeitsplätze, der Ausbau von Kita- und Schullandschaft und Bürgerbeteiligung.

Erschreckend selten hingegen wird die kollabierende Verwaltung thematisiert, und wenn, dann nur sehr knapp. Lest dazu unseren Schwerpunkttext.

Schaut man auf die Wahlergebnisse der letzten Landtagswahl 2011 in Pankow und auf die aktuellen Umfrageergebnisse für ganz Berlin, so ist eine Pankower Mehrheit für Grüne, Linke oder CDU möglich, eine für die SPD etwas wahrscheinlicher. Ebenso wahrscheinlich ist der Wiedereinzug der FDP in die BVV. Wegen der hier gültigen Drei-Prozenthürde könnten es auch die Piraten noch einmal in die BVV schaffen. Wo die AFD landet ist genauso unberechenbar wie ihr Wahlprogramm – erzielt sie ein starkes Ergebnis, kann ein Stadtratsposten für die Populisten möglich werden. Doch wofür stehen die Parteien nun konkret? Die Übersicht.

 

SPD

Überraschungen kann die SPD nur schwer versprechen. Immerhin stellt sie schon ewig in Bezirk und Land die Regierungs- beziehungsweise Verwaltungsspitze, man weiß also, was sie kann und was nicht. Ein Wahlprogramm hat die Partei noch nicht veröffentlicht, allerdings eine Zusammenfassung der Ziele in der parteieigenen Pankower Stimme. Sozialverträglicher Wohnungsneubau wird da angekündigt, außerdem Verbesserungen bei Verkehrsfluss und -sicherheit. Die Pankower SPD wolle „gute Arbeit, faire Bezahlung, Chance auf Selbstverwirklichung, unternehmerischen Mut, Kreativität und fortschrittliche Ideen unterstützen“. Nicht weniger allumfassend weltbeglückend klingt die Ankündigung, „die Situation von Familien jeder Art und jeden Alters zu verbessern“.

Eine Idee, was die SPD im Bezirk als Aufgaben in der kommenden Wahlperiode vorhat, gibt in Ansätzen auch der Rückblick, den sie kürzlich als Pressemitteilung verschickte. Es werde von „zentraler Bedeutung sein, die gesamte soziale Infrastruktur im Bezirk, zu der Kitas und Schulen ebenso gehören wie Jugend- oder Seniorenbegegnungsstätten, an den steigenden Bedarf anzupassen.“ Wohnraum sollte vor allem im Norden des Bezirks entstehen, also außerhalb von Prenzlauer Berg.

 

Grüne

Die Grünen haben das Stadtwachstum an erste Stelle ihres Wahlprogramms gesetzt. Sie streben allerdings eine zunehmende Verdichtung im Innenstadtbereich an, um mehr Wohnraum zu schaffen. Dies habe ökologische Vorteile. „Innerstädtisches Wohnen reduziert die Autonutzung und damit auch die Lärm- und Feinstaubbelastung. Die Verdichtung in der Innenstadt hat für uns Vorrang vor dem Neubau auf der grünen Wiese“, heißt es im Programm. Ganz ohne Neubauten außerhalb gehe es aber nicht. „In Anbetracht des erwarteten Bevölkerungszuwachses befürworten wir jedoch auch den Neubau lebendiger Stadtteile in den Außenbereichen.“ Als zweites Kapitel folgt jenes zu Verkehr. Ziel sei es, den Autoverzicht attraktiv zu machen und dafür die Radwege- und ÖPNV-Strukturen auszubauen.

Weitere Schwerpunkte des Programms sind der Ausbau von Kultur- und Weiterbildungseinrichtungen, mehr Schulen und ein lokaler Klimaschutzansatz. Dafür soll es einen eigenen Bezirksbeauftragten geben und der Ausbau regenerativer Energien gefördert werden. Außerdem betonen die Grünen die Rolle kleinerer Unternehmen und Selbständiger für die lokale Wirtschaft. „Steigenden Gewerbemieten sind für die Mehrzahl der Betriebe ein Problem. Gemeinschaftsbüros und alternative Kooperationsformen sind Möglichkeiten, den Mietpreisdruck zumindest etwas abzufedern. Daher unterstützen wir diese Formen der kooperativen Zusammenarbeit“, heißt es dazu.

 

Linke

Die Linke will eine weitgehende kommunale Kontrolle beim Wohnungsbau. Milieuschutz soll ausgeweitet werden. „Unser Kompass ist: Mieter- statt Renditeschutz“, heißt es dazu im Programm. „Luxusmodernisierungen“ sollten verhindert werden, Neubauten könnte man nur zustimmen, wenn dort „preiswerter Wohnraum“ entstehe. Nicht nur beim Wohnen setzt die Linke auf Klassenkampf. So wird sogar die marode Berliner Verwaltung zu etwas erklärt, von dem nur die Einkommensschwachen betroffen seien. „Reiche können sich einen schwachen Staat leisten“, heißt es bei der Forderung, den Bezirk bürgernäher zu gestalten.

Die Linke verspricht außerdem mehr Kita-Plätze, die Bedarfsprüfung für Hortplätze soll abgeschafft werden. Gemeinschaftsschulen sollten „im Bezirk wo möglich ausgebaut werden“. Das gleiche gelte für den ÖPNV. Als fünften zentralen Punkt führt die Linke den Erhalt öffentlicher Bildungseinrichtungen an, vor allem der Bibliotheken.

 

CDU

Die CDU setzt auf ihr klassisches Thema, die Familie – allerdings mit Fokus auf eine großstädtische Wählerschaft, die Wert auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf legt. Die Forderungen nach Ausbau der Kitas gehen dabei deutlich weiter als die der anderen Parteien, zum Beispiel, wenn 24-Stunden-Öffnungszeiten ins Spiel gebracht werden. Ebenso in der Schullandschaft sei ein Ausbau notwendig.

Beim Thema Wachstum und Wohnungsbau wollen die Christdemokraten „einen Ausgleich zwischen weiträumigen Siedlungsgebieten und den großstädtischen Innenstadtgebieten finden“, wie es im Programm heißt. Bei der Beurteilung privater Immobilien stellen sie sich deutlich gegen die linke Position. „Wir unterstützen den privaten Wohnungsbau. Menschen, die sich allein oder in Baugruppen und Genossenschaften für ein Eigenheim oder eine Wohnung in Berlin entscheiden, müssen gefördert und dürfen nicht belastet werden.“ Auch die Stärkung des ÖPNV und der lokalen Wirtschaft findet sich im Wahlprogramm. Zudem sollen die Kieze „sauber und sicher“ werden. Wie das aussehen könnte, wird am Beispiel des Helmholtzplatzes deutlich gemacht. Die dortige Trinkerszene sollte nach dem Willen der CDU „verlagert“ werden.

 

Piraten

Ein eigenes Bezirkswahlprogramm haben die Piraten nicht. Dafür haben sie ein Landesprogramm mit knapp 200 Punkten und Unterpunkten gestaltet. Darin geht es unter anderem um die Stärkung der Berliner Bezirke und um Israel. Interessenten schauen bitte hier.

 

FDP

Die Pankower FDP setzt ähnlich wie die CDU den Ausbau der Kitas und Schulen an die Spitze ihrer Forderungen. Und plädiert bei Kitas und Horten dafür, dass Eltern einen Eigenbetrag zahlen – Rot-Schwarz hat diesen in Berlin gerade abgeschafft. Wohnungsneubau soll durch eine „investitionsfreundliche Genehmigungspraxis“ ermöglicht werden. Exklusiv hat die FDP ihre Forderung für ein Online-Bürgeramt. „Wir wollen die Verwaltungsstrukturen straffen und Dienstleistungen online verfügbar machen, damit die Bürgerinnen und Bürger schneller und bequemer Anfragen erledigen können.“

 

AFD

Die AFD hat ebenfalls kein Bezirksprogramm. Dafür aber viele Sorgen – lest dazu unseren weiteren Schwerpunkttext.

 

 

 

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