Pünktlich zur Geisterstunde rumst es seit einiger Zeit um die Bornholmer Straße gewaltig. Im ganzen Skandinavischen Viertel ist der Krach bekannt, nur seine Ursache nicht. Eine Spurensuche.
Die Mail erreichte uns am Mittwoch Mittag. „Komisches Phänomen“ lautete der Betreff und umschrieb entsprechend treffend, was der Absender, eine Familie aus der Ueckermünder Straße, beschrieb: Seit einiger Zeit höre sie um kurz vor Mitternacht einen gewaltigen Rums, der wohl aus der Ecke Bornholmer Straße käme.
Was das denn sein könne?
Wir hatten keine Ahnung und fragen einfach mal unsere Leser bei Facebook. Wo sich bestätigte: Das Rumsen ist wohlbekannt. Im Gegensatz zur Ursache.
Großer Rums, was nun?
Die erste Idee, fußballbedingtes Freudenfeuerwerk, wurde von Zeugen des Ereignisses ausgeschlossen. Der Vorschlag, dass sei der Eier-legende Godzilla, gefiel uns zwar sehr gut. Noch wollten wir uns mit solchen Erklärungen aber nicht abgeben.
Dann vielleicht doch etwas mit den Bauarbeiten, die dort gerade schleppend vor sich gehen? Nein, das könne nicht sein, erklärt eine freundliche Frau aus der Pressestelle der Berliner Wasserbetriebe. Zwar sei man dort gerade aktiv mit dem Verlegen von Abwasserkanälen beschäftigt. Nach Einbruch der Dunkelheit arbeite da aber niemand mehr.
Auch in der Pressestelle der Berliner S-Bahn weiß man von nichts, was über den normalen Geräuschpegel der Bahn hinausgeht. Entweder wird hier der Streckenverlauf des Hogwarts-Expresses, den eine Facebook-Kommentatorin als Ursache ins Spiel brachte, aktiv vertuscht. Oder mit der S-Bahn hat das alles nichts zu tun.
Ebenso wenig wie mit der Tram – bei der BVG ist man überfragt, welche Knaller da nachts rund um die Gleise der Tramlinien 50 und M13 passieren.
Ein Rumsen muss durch Prenzlauer Berg gehen
Also doch die Kleingärtner, die in ihren Kolonien Bornholm I und II manchmal in aller Frühe übel riechendes Zeug abfackeln. Von dem es zum großen Rumsen ja bekanntlich nicht mehr weit ist.
Doch Egid Riedl, Vorstand der Prenzlauer Berger Kleingärtner, weist sämtliche Schuld von sich. Zwar kenne er als Anwohner das Geräusch auch. Aus den Gärten käme es aber definitiv nicht. Vielmehr verortet er die Ursache irgendwo jenseits der Gleise im Ortsteil Gesundbrunnen. Aber den Sportplatz, der sich gleich hinter der Bezirksgrenze an der Behmstraße befindet, schließt er als Geräuschkulisse aus.
Zeit, die Polizei einzuschalten. Sprecher Carsten Müller bringt die Gelassenheit mit, die man als Berliner Polizist regelmäßigem lauten Rumsen gegenüber aufbringen sollte. („Ich habe eine etwas komische Anfrage“ – „Komische Anfragen sind wir gewohnt.“) Eine eindeutige Erklärung hat zwar auch er nicht. Aber ein paar Vermutungen, was es sein könnte.
Es rumst der Auspuff am fahrenden Auto
Neben den bekannten Vorschlägen „Feuerwerk“ und „technische Störung“ bringt er noch das Freifahren von Auspuffen ins Rennen. „Das klingt manchmal, als schösse eine Kartoffel aus dem Auspuff.“ Auch ein zufallendes Fenster könne in einem sonst ruhigen Wohngebiet ungewöhnliche Knall-Effekte entwickeln. „Zeugen können sich natürlich mit genauer Zeit- und Ortsangabe bei uns melden“, meint Müller. Dann könne die Polizei konkret nachforschen. Bis dahin bleiben nur die aufgezählten Vermutungen.
Letzte Hoffnung Pankower Bezirksamt. Jens-Holger Kirchner, grüner Stadtrat für Stadtentwicklung, ist eigentlich eine Bank, wenn es um so ziemlich alles im Bezirk geht. Häuser auf Supermärkten, Spielplätze auf Häusern, Spielplätze dank Supermärkten, hat er alles auf dem Schirm. Nur das große Rumsen ist auch ihm ein Rätsel.
Einen haben wir noch: Herr Rumsfeld war’s!
„Vielleicht treibt jemand Schabernack unter der Bösebrücke – aber so regelmäßig?“, meint er. Auch die Belieferung des Lidls sei zwar eine mögliche Lärmquelle, aber doch dank der dazwischen liegenden Häuser wohl kaum bis in die Ueckermünder Straße zu hören. Die Bauarbeiten am barrierefreien Weg vom Mauerdenkmal zum Mauerweg erfolgten auch nicht nachts. „Oder ist es Teil einer sakralen Handlung? Was ist denn gerade für ein Fest?“
Am Willen, das Rätsel zu lösen, mangelt es Kirchner nicht. Nur die eine Antwort, die bleibt auch er schuldig.
Vielleicht hat es ja doch etwas mit der NSA zu tun, mit Drohnen, dem Stuttgarter Tiefbahnhof oder Donald Rumsfeld. Wer noch eine plausible Erklärung hat – ich erkläre die Kommentarspalte für eröffnet. Der Pressesprecher der S-Bahn möchte mittlerweile auch gerne wissen, was da vor sich geht.
Ansonsten mögen die Rums-Opfer wenigstens anerkennen: Wir waren stets bemüht, den Big Bang zu stellen. Leider blieb es bei der Theorie.
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