Die Mieter des denkmalgeschützten Hauses in der Prenzlauer Allee 45 fürchten um ihre Wohnungen, denn das Gebäude soll verkauft worden sein: an einen „entwicklungsfreudigen Investor“, wie es heißt.
Eine meterlange Fahne flattert seit dem Wochenende von einem Balkon in der Prenzlauer Allee 45. „Hier haben 61 Menschen ein bezahlbares Zuhause – und das ist gut so“, steht darauf. „Noch“, ist an einigen Balkonen zu lesen. In einer gemeinschaftlichen Protestaktion haben die Mieter des Hauses die Schriftzüge dort angebracht.
Sie fürchten seit Februar um Ihre Wohnungen. Wie die Mietergemeinschaft den Prenzlauer Berg Nachrichten mitgeteilt hat, soll das im Milieuschutzgebiet Winskiez liegende Gebäude für sieben Millionen Euro verkauft worden sein – an einen „entwicklungsfreudigen“ Investor, so die Mieter. Sie haben Angst, durch mögliche Sanierungsvorhaben des neuen Eigentümers aus ihren Wohnungen verdrängt zu werden.
Haus mit mietenpolitischer Vorgeschichte
Das 1898 erbaute Haus mit der Klinkerfassade hat eine mietenpolitische Vorgeschichte. Es soll nach Informationen der Prenzlauer Berg Nachrichten in der Vergangenheit mehrmals den Besitzer gewechselt haben. Zuletzt soll eine luxemburgische Gesellschaft Eigentümerin gewesen sein.
In einer kleinen Anfrage aus der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) aus dem Jahr 2014 erkundigte sich der Verordnete Michail Nelken (Linke) nach spekulativem Wohnungsleerstand in der Prenzlauer Allee 45. Demnach standen bereits damals mehrere Wohnungen in dem Gebäude leer, ein Indiz für Spekulation und mögliche Sanierungsplanungen, und seit Inkraftreten der Zweckentfremdungsverbotverordnung am 1. Mai 2014 in Berlin verboten. Das Bezirksamt antwortete damals, es sei bisher keine Anzeige eines spekulativen Leerstandes eingegangen, allerdings gebe es eine Baugenehmigung für das Gebäude. Diese ist inzwischen aber erloschen.
Den Prenzlauer Berg Nachrichten liegt ein Schreiben vom Februar 2015 vor, in dem ein Mieter des Hauses den Leerstand beim Pankower Wohnungsamt angezeigt hat. Im einsilbigen Antwortschreiben, welches unserer Zeitung ebenfalls vorliegt, wird lediglich darauf verwiesen, das Amt gehe der Sache nach, sobald das dafür nötige Personal verfügbar sei.
Verfahren wegen Zweckentfremdung eingeleitet
Anfang März diesen Jahres wurde aus der Linksfraktion in der BVV erneut eine kleine Anfrage zur Situation in dem Gebäude gestellt. Demnach ist der Leerstand dem Bezirksamt bekannt und mehrfach angezeigt worden, ein Amtsverfahren wegen Zweckentfremdung sei eingeleitet worden. Da das Gebäude aber im letzten November den Besitzer gewechselt habe, wurde das Verfahren eingestellt. Ein Verfahren gegen den neuen Besitzer kann erst nach sechs Monaten eingeleitet werden. Gegen die vorherigen Eigentümer seien Bußgeldverfahren anhängig, so die Antwort des Bezirksamts.
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