„Man muss ein dickes Fell haben“

von Ute Zauft 20. September 2011

Durchfahrt verboten! Doch von einem einfachen Schild ließen sich die Fahrradfahrer in der Kastanienallee nicht abhalten. Und wie ist die Stimmung an der Schranke?

Die sicherste Position ist die Straßenmitte: In jeder ruhigen Minute stellt sich der Mann in neon-oranger Weste zwischen die beiden Schienenstränge, denn der Verkehr, der noch durch darf, kommt sowohl von hinten als auch von vorne. Auch wenn es ihm viele nicht glauben mögen, der 52-Jährige hat das Wohl der Fahrradfahrer im Blick: „Ich stehe hier, um die Schranke zu bedienen, damit die Radfahrer nicht von den Baumaschinen überfahren werden.“ Seit Ende August ist der Baustellenbereich an der Kastanienallee zwischen Schönhauser Allee und Oderberger Straße mit rot-weißen Plastikbarrieren versperrt. Die Durchfahrt-Verboten-Schilder hatten zuvor einfach zu viele Radfahrer missachtet.

Nun ist es keinesfalls so, dass der Verkehr auf der Kastanienallee still stünde. Anwohner, Lieferverkehr und natürlich die Tram dürfen durch. Das heißt für den Sicherheitsmann: Immer in Bewegung bleiben. Rund alle zwei Minuten muss er auf der einen oder auf der anderen Seite die Barriere-Elemente auf- und wieder zuklappen. Auf-zu, auf-zu, auf-zu, und schwupps hat sich wieder ein Radfahrer durchgemogelt. „Baustelle! Durchfahrt Verboten!“ kann der Schrankenwärter dem Radler gerade noch hinterherrufen. Ein Satz, der ihn vermutlich noch im Schlaf verfolgt.

 

Streitfall Kastanienallee? In Lichtenberg weiß man davon nichts

 

Vom Streit um den Umbau der Kastanienallee weiß der Mann aus Lichtenberg nichts. Allein den Widerstand der Radfahrer gegen das Durchfahrtsverbot kann er nicht verstehen. „Für mich ist es eigentlich selbstverständlich, dass man durch eine Baustelle nicht durchfahren darf“, sagt er und schaut ehrlich erstaunt. Man müsse schon ein dickes Fell haben, fügt er hinzu, nicht selten werde ein Radfahrer ausfällig. „Gestern hat einer an der anderen Absperrung ein Zaunteil einfach aus der Verankerung gerissen.“

Schon die dritte Woche steht er hier, neun Stunden am Tag. Auf dem Rücken trägt er einen dicken Rucksack mit der Tagesausrüstung: Regenzeug, Essen und Trinken. Seinen Namen will er lieber nicht nennen, tatsächlich fürchtet er ein wenig die Gehässigkeiten derer, die er hier nicht durchlassen darf. Normalerweise schickt sein Arbeitgeber (die Berliner Brandenburger Eisenbahndienste) ihn zu Gleisbauarbeiten ins Feld, damit die Arbeiter nicht von vorbeifahenden Zügen gefährdet werden. „Also diese Arbeit ist leichter, denn dort hat man in der Regel keine Passanten.“

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