Ein Fall für die Ratten-Flüsterer

von Juliane Schader 14. Juni 2013

Täglich vier Stunden Pflege soll der Arnimplatz genießen. Vermüllt und zugewuchert ist er trotzdem, plus Rattenplage. Weil Gift nicht hilft, sollen nun Forscher der FU die Ratten-Psyche erkunden.

Unlängst machte mal wieder ein Foto die Runde durch die sozialen Netzwerke. Rechts darauf zu sehen ist ein offensichtlich überfüllter Fluss, nur zurückgehalten von einer dieser mobilen Kaimauern. Links stapeln sich schon die Sandsäcke. Und in der Mitte mäht ein Herr erstmal noch in aller Ruhe den Rasen. So ein bisschen Hochwasser sei kein Grund, den Garten verwahrlosen zu lassen, hatte jemand dazu kommentiert. Sagen wir mal so: In Berlin wäre das nicht passiert.

Auf dem Arnimplatz steht das als Gras dienende Unkraut, je nach Körpergröße, derzeit Knie- bis Hüfthoch. Kleine Kinder könnte man dort stundenlang Verstecken spielen lassen – wenn nicht die vielen Ratten wären. Die ganz gut leben von den Müllbergen, die sich vor allem am Wochenende um die Abfallkörbe türmen.

 

Täglich vier Stunden Gartenarbeit

 

So weit wie der Berliner Kurier, der den Platz zu Berlins schlimmstem Ekel-Park erklärt hat, würden wir zwar nicht gehen. Aber mal nachfragen, was da los ist, sollte man trotzdem. Schließlich hatte das Bezirksamt erst im März verkündet, der Arnimplatz würde täglich vier Stunden von einem Gartenarbeiter beackert. Den Eindruck, dass dieser ein Freund von Naturwiesen und Rattenzucht ist, gilt es zu überprüfen.

Anruf bei, Sie ahnen es schon, Jens-Holger Kirchner, Grüner, Stadtrat für Stadtentwicklung und auf dem Weg zum Ratten-Versteher, wie sich sehr schnell herausstellt. „Wir sind in einer Großstadt, da gibt es mehr Ratten als Einwohner“, sagt er. „Aber die Ratten am Arnimplatz sind signifikant anders als andere.“

Nicht nur ziemlich viele, sondern auch ziemlich furchtlos, wenn nicht gar zutraulich seien diese Exemplare. Mit der Folge, dass man sie einfach eher sehe als anderswo. Warum das so ist, das sollen nur Experten herausfinden: Das Institut für Tier- und Umwelthygiene vom Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität ist auf die Ratten angesetzt, denen man mit ordinärem Gift einfach nicht beikommt.

 

Ratten-Drive-In

 

Ein paar Ideen, warum ausgerechnet dieser Platz zum Ratten-El-Dorado taugt, hat Kirchner aber schon jetzt. Zum einen werde dort täglich viel Essen liegengelassen. „Für Ratten ist das wie ein Drive-in.“ Das wuchernde Strauchwerk biete zudem guten Schutz, und dann sei da noch die Fernwärmeleitung, die genau dort im Untergrund verläuft. „Das ist besonders kuschelig“, meint Kirchner.  

Doch warum liegt dort so viel Müll, und warum ist das Grünzeug so stuppig, trotz Halbtags-Gartenarbeiter? Ersterer können aus finanziellen Gründen nicht häufiger beseitigt werden, sagt Kirchner. Letzterer sei tatsächlich im Einsatz. Aber derzeit vielleicht gerade krank, oder im Urlaub, oder an einen anderen Brennpunkt abgeordert. „Wenn wir irgendwo einen Baum beschneiden, grillen uns die Anwohner. Wenn wir ein paar Tage den Rasen nicht mähen, dann auch.“

Man hat es auch nicht leicht als Amt, als Ratte, als Veterinärmediziner. Was letztere über die Spezies Rattus Arnimplatzus herausfinden, werden wir natürlich berichten.

 

 

UNSER FREUNDESKREIS: Werden Sie Mitglied im Freundeskreis der Prenzlauer Berg Nachrichten und stärken Sie damit die Unabhängigkeit Ihrer Lokalzeitung! Mehr Infos hier.

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar