Update: Vier Unbekannte haben vor kurzem an der Husemannstraße einen 17-jährigen Afrodeutschen zusammengetreten. Der Junge musste an der Schulter operiert werden. Jetzt bittet der Staatsschutz um Mithilfe.
UPDATE 11.12.2016:
Der Polizeiliche Staatsschutz sucht inzwischen nach Zeugen des rassistischen Angriffs auf einen 17-Jährigen, der sich am frühen Morgen des 26. Novembers an der Tramhaltestelle Husemannstraße abgespielt hat. Wie die Polizei mitteilte, seien mehrere Radfahrer in der Tatnacht auf den Angriff aufmerksam geworden und hätten angehalten. Deshalb sollen die Täter von dem Jugendlichen abgelassen haben und geflüchtet sein. Die Polizei bittet nun um Mithilfe auf der Suche nach den Zeugen.
Indessen demonstrierten Famlienmitglieder, Freunde und Unterstützer des Opfers am 11. Dezember am Tatort gegen Rassismus und für die Auklärung der Tat. Die Mutter des Jugendlichen, der bei dem Angriff schwer an der Schulter verletzt und mehrere Tage im Krankenhaus behandelt wurde hofft, mit Täterbeschreibungen Hinweise auf die Täter zu erhalten.
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ARTIKEL vom 30.11.2016:
Der mutmaßlich rassistische Angriff auf einen Schwarzen Jugendlichen am vergangenen Wochenende, bei dem dieser unter anderem eine schwere Schulterverletzung erlitten hat, entwickelt sich zum Kiezgespräch: Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, sei die Anzeige der Tat am Montag eingegangen. Bereits am Montagabend schilderte die Mutter des Jugendlichen in einem Blogeintrag den mutmaßlichen Tathergang.
Hitlergruß gezeigt
Laut den Beschreibungen der Mutter Sonja Prinz soll ihr Sohn in der Nacht zum Sonntag gemeinsam mit zwei Freunden, einem 18-jährigen Mädchen und einem 16-jährigen Jungen, an der Tramhaltestelle Husemannstraße auf eine Straßenbahn gewartet haben. Zwischen Haltestelle und gegenüberliegendem Spätkauf sollen die Jugendlichen auf vier Unbekannte getroffen sein. Nach einem anfänglichen Gespräch soll einer der Männer den Hitlergruß gezeigt haben, wie auch die Polizei mitteilte.
Daraufhin ergab sich ein Streit, bei dem es zu Handgreiflichkeiten gekommen sein soll. Als der 17-Jährige weglaufen wollte, soll ihn einer der Männer zu Boden gerissen haben. Anschließend sollen alle vier auf den Jungen eingetreten haben, berichten sowohl Polizei als auch der Blogeintrag der Mutter. Erst als der Freund des Opfers um Hilfe rief und ein Fahrradfahrer anhielt, sollen die vier Täter aufgehört haben und in Richtung Prenzlauer Allee geflüchtet sein. Der verletzte Junge ging laut Polizei und Blogeintrag zuerst nach Hause und wurde erst am nächsten Tag von seiner Mutter in ein Krankenhaus gebracht. Dort wurden ein gebrochenes Schlüsselbein und Prellungen festgestellt. Erst am Montagabend zeigte Sonja Prinz gemeinsam mit den beiden Freunden des Sohnes die Tat bei der Polizei an.
Besorgte Mutter wendet sich an Öffentlichkeit
Ihr Sohn sei immernoch im Krankenhaus und werde am Mittwoch an der Schulter operiert, sagte Prinz den Prenzlauer Berg Nachrichten. Sie will sich nun selbst dafür einsetzen, dass die Täter ausfindig gemacht werden. „Bei der Polizei passiert nichts, ich bekomme keine Informationen“, sagte Prinz. Aus ihrer Sicht hätte längst eine Täterfahndung mit Phantombild herausgegeben werden müssen, um die Chance zu erhöhen, dass sich Zeugen noch erinnern können. Die Täterbeschreibung der beiden Freunde ihres Sohnes will sie jetzt überall aushängen, um Hinweise zu bekommen. „Alle meine Kinder wurden schon so oft als Neger, dreckig u.ä. beschimpft, und man sollte meinen, dass es besser wird, wir wehren uns doch schon seit so vielen Jahren, suchen ständig Gespräche mit Lehrern, Eltern usw.,– dennoch habe ich das grässliche Gefühl, dass der Rassismus gerade aufblüht, und viel schlimmer als vor 5 Jahren ist“, schreibt Prinz in ihrem Blogeintrag.
„Öffentlichkeitsfahndungen mit Phantombild unterliegen einer richterlichen Entscheidung“, sagte Polizeisprecher Martin Dams den Prenzlauer Berg Nachrichten. Eine solche Fahndung sei meist die letzte Möglichkeit, wenn alle anderen Ermittlungsschritte zu keinem Ergebnis geführt hätten, so Dams. So bald nach der Anzeige könne wegen der Beschlusspflicht nie ein Phantombild veröffentlicht werden. Auch eine Personenbeschreibung könne erst veröffentlich werden, wenn die Kriminalpolizei die Zeugen vernommen habe. „Wegen des Verdachts auf ein rassistisches Tatmotiv hat der polizeiliche Staatsschutz des Bundeskriminalamtes die Ermittlungen übernommen“, sagte Dams. Der bemühe sich, die Täter schnellstmöglich aufsfindig zu machen.
Mehrere Vorfälle in den letzten Monaten
In den vergangenen Monaten sind in Prenzlauer Berg mehrfach rassistische Angriffe bekannt geworden. Anfang September wurde eine Gruppe Kameruner im Mauerpark bei einem Grillfest von vermutlich von Fußballfans des BFC Dynamo mit Reizgas und Flaschenwürfen attackiert, eines der Opfer musste längere Zeit im Krankenhaus behandelt werden. Einen Monat später, wieder im Zuge eines Fuballspiels, sollen Fans des Leipziger Vereins 1.FC Lok zwischen Hauptbahnhof und Stadion randaliert haben, wobei es gleich zu mehreren rassistischen Vorfällen gekommen sein soll.
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