Seit 1. Mai gelten strengere Regeln bei Wohnberechtigungsscheinen, Vermieter haben weniger Entscheidungsspielraum. Im Amt häufen sich die Anträge auf Ausnahmegenehmigungen.
Eigentlich war die Botschaft, die im Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an die Bezirke Ende April formuliert wurde, eine klare: Da sich die Wohnungsmarktsituation in Berlin verschärft habe, müsse man verstärkt Rücksicht auf Einkommensschwache nehmen. Galt nämlich seit 2002 der Grundsatz, dass die Belegungsbindung – also jene Regel, die bestimmte Wohnungen für Inhaber mit Wohnberechtigungsscheinen (WBS) vorhält – nicht durchgängig angewendet werden muss, ist jetzt alles anders zu werten. Da nicht mehr von einem entspannten Wohnungsmarkt zu sprechen ist, müssen wieder strengere WBS-Regeln gelten. So weit, so klar. Wäre da nicht diese Einschränkung gewesen: Die Bezirke sind frei, Ausnahmen zuzulassen, sofern es die Wohnungsmarktsituation zulässt. Und damit begann im Bezirksamt der Stress.
Der zuständige Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU) jedenfalls kann sich über Anträge auf Ausnahmen nicht beklagen. Kleinere wie größere Immobilienunternehmen wollen es nicht hinnehmen, dass künftig das Amt entscheiden kann, wer bei ihnen einzieht. „Tendenziell“, so Kühne, „ist davon natürlich der Innenstadtbereich des Bezirks besonders betroffen“ – also Prenzlauer Berg. Da hier der Wohnungsmangel besonders frappierend sei, gibt es bei den Vermietern auch ein besonderes Interesse, aus der Vielzahl der Bewerber selbst aussuchen zu dürfen.
Zu wenig Personal
Kühne zeigt sich enttäuscht vom Senat, der erst eine Regel verkündet, im gleichen Atemzug aber die Möglichkeit zur Ausnahme ausdrücklich anheim stellt. „Der Verwaltungsaufwand ist dadurch natürlich erheblich“, sagt Kühne; und faktisch gebe es nicht genügend Personal, all die Anträge zu bearbeiten. Zumal bei jedem einzelnen die Wohnraumsituation in der Umgebung analysiert und berücksichtigt werden müsse. „Man muss jeden einzelnen Antrag aufs Neue prüfen.“
Generelle Abmachungen soll es also nicht geben, bestätigte Kühne dann auch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Bezirksverordneten Wolfram Kempe (Die Linke). „Eine pauschale Freistellung ist derzeit nicht vorgesehen“, erklärte Kühne. Auch verneinte er die Frage, ob es Verhandlungen über solche Freistellungen mit kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften gebe – was nicht heißt, dass von dort keine Anträge kämen, wie er gegenüber dieser Zeitung sagte. So habe die HOWOGE 68 Freistellungsanträge für Buch genehmigt bekommen. Für einzelne Wohnungsbesitzer seien im ganzen Bezirk Pankow 59 Anträge genehmigt worden – bisher.
In ganz Berlin sind von der Neuregelung des Senats knapp 90.000 Wohnungen betroffen, für sie wird künftig der WBS nötig. Die Wohnungen liegen vorrangig im Ostteil der Stadt, 20.000 davon im Bezirk Pankow. Wohnberechtigungsscheine können für Wohnungen vergeben werden, deren Bau mit öffentlichen Geldern unterstützt wurde.
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