Wahl sorgte 2011 für viele rassistische Vorfälle

von Juliane Schader 29. Februar 2012

Der Wahlkampf der rechtspopulistischen Parteien hat die Zahl rassistisch motivierter Vorfälle im Bezirk 2011 in die Höhe getrieben. So steht es im heute vorgestellten aktuellen Pankower Register.

Die Zahl rassistisch motivierter Vorfälle in Pankow ist im vergangenen Jahr um etwa 70 Prozent gestiegen. Das geht aus dem am heutigen Mittwoch vorgestellten Pankower Register für 2011 hervor. Als Grund für den starken Anstieg von 14 auf 24 Fälle im vergangenen Jahr werden die Wahlen vom September genannt: Rechtspopulistische Parteien hätten rassistische Parolen bewusst für ihren Wahlkampf genutzt, heißt es.

Seit sieben Jahren schon stellt die Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus Moskito im Pankower Register Vorfälle im Bezirk zusammen, bei denen als Motiv Rassismus, Antisemitismus, Homophobie oder eine rechtspopulistische oder rechtsextreme Einstellung identifiziert werden können. 116 derartige Ereignisse registrierte sie im Bezirk im vergangenen Jahr – einen mehr als 2010.

 

Keine vollständige Erfassung aller Vorfälle

 

Zur Erstellung des Registers werden Polizeiberichte sowie Meldungen von Privatpersonen ausgewertet. Damit sind die Zahlen nicht als absolute Werte zu Verstehen, sondern lediglich als Zusammenstellung von Ereignissen, die aktiv gemeldet wurden. Berücksichtig werden dabei nicht nur strafrechtlich relevante Taten wie etwa Körperverletzungen oder Hakenkreuz-Schmierereien, sondern auch die Aktivitäten rechtspopulistischer Parteien. Diese seien zwar nicht verboten, aber wenn ihr Handeln eindeutig rassistisch einzuordnen wäre, ginge es in das Register ein, heißt es in der Begründung.

Folglich zeigten sich die beiden Parteien „Die Freiheit“ und „Pro Deutschland“ im Wahljahr für 30 Prozent aller gelisteten Vorfälle verantwortlich. Dazu zählen jedoch nicht nur Aktivitäten im Wahlkampf mit Slogans wie „Stoppt die islamische Parallelgesellschaft“, sondern auch Mitgliederversammlungen, bei denen für das Register relevante Themen auf der Tagesordnung standen. Weitere 14 Prozent der Vorfälle gehen auf das Konto der NPD, sodass für insgesamt fast die Hälfte aller Pankower Fälle im vergangenen Jahr rechtspopulistische, aber dennoch legale Parteien verantwortlich waren.

 

Neonazis verüben weniger Taten, aber handeln brutaler

 

Hier zeigt sich eine Schwäche des Registers, die in der Auswertung letztendlich diese Fälle zusammenwirft mit brutalen Gewalttaten: Acht Körperverletzungen listet das Verzeichnis im vergangenen Jahr, fünf Gewaltdelikte, fünf Bedrohungen, 24 verbale Angriffe sowie sieben Sachbeschädigungen. 15 der Fälle mit gewaltbereitem Handeln gehen auf Neonazis zurück, die damit zwar weniger Taten verübten als im Jahr zuvor, dafür aber brutaler handelten, wie etwa die beiden Brandstiftungen an linken Hausprojekten Ende Juni zeigen.

Mit 35 die meisten der insgesamt 116 Vorfälle des vergangenen Jahres wurden in Prenzlauer Berg verzeichnet, gefolgt von Weißensee mit 30 und Alt-Pankow mit 17 Eintragungen. Rückschlüsse, dass die rechte Szene hier besonders aktiv ist, lassen sich daraus aber nicht so einfach ziehen. Vielmehr könnte es an einer höheren Sensibilität der Bevölkerung liegen, oder einfach am Mangel an Meldestellen für das Pankower Register in den Ortsteilen am Stadtrand. Dort werden derzeit Anlaufstellen gesucht.

 

Ab Ende März steht die Auswertung des Pankower Registers als Broschüre zur Verfügung und kann dann auch auf der Internetseite des Projektes abgerufen werden.

 

 

 

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