Nix Latte Macchiato

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 9. Februar 2012

Im Dock 11 wird jetzt die Uraufführung des Tanzstücks „Caffee“ gezeigt. Es geht um die Herstellung und Vermarktung von Klischees, sagt Dramaturg Max Schumacher den Prenzlauer Berg Nachrichten

Als Bremen noch eine reiche und mächtige Handelsmetropole war, verdankte es seine Profite zu einem nicht unbeträchtlichen Teil dem Import von Kaffee. Manches Vermögen der sprichwörtlichen „Pfeffersäcke“ in der Hansestadt ist in Wirklichkeit mit Kaffeesäcken gescheffelt worden.  Es könnte also keinen naheliegenderen Ort für eine die Uraufführung eines  Tanzstücks über Kaffee geben. Die Idee dazu hatte allerdings das Bühnenkollektiv Post Theater mit Sitz in Berlin und Tokio. „Caffee“ kommt jetzt nach einer weiteren Station in Stuttgart ins Dock 11. Wir befragten den Dramaturgen Max Schumacher vom Post Theater zur der Produktion.

 

Tanz handelt ja – wie alle Bühnenkünste – meist von den Beziehungen zwischen Menschen. Wie stellt man einen Stoff wie Kaffee auf der Bühne dar?

In dem Stück geht um die Beziehungen von uns zum Kaffee. Es ist schon der Schlusspunkt einer Trilogie, deren erste Teile in ähnlicher Weise von Fisch und Erdöl handelten. Kaffee ist von Anfang nicht nur ein Getränk, sondern auch eine Projektionsfläche für Phantasien gewesen: Er kommt aus dem Orient, dem Exotisch-Anderen schlechthin. Fünf Choreografen haben dazu sehr unterschiedliche Assoziationen.  Ein Leitmotiv ist der berüchtigte Kanon „„C-a-f-f-e-e, trink nicht so viel Kaffee! Nichts für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Nerven, macht dich blass und krank. Sei doch kein Muselman, der ihn nicht lassen kann!“

 

Eine Kritikerin hat mal gesagt: „Modernes Tanztheater spielt immer im Hirn eines Autisten im Cyberspace nach dem Atomschlag.“ Sie war frustriert von einem allgegenwärtigen Mangel an Sinnlichkeit. Dagegen klingt das Thema Kaffee ziemlich konkret. Dürfen wir uns etwas mehr Sinnlichkeit erhoffen?

Das Problem ist mit dem Satz gut beschrieben. Sinnlichkeit in den gegenwärtigen Stücken sehen wir eher nicht. Den meisten Stücken fehlt eine Dramaturgie. Wir glauben, dass es uns gelungen ist, etwas herzustellen, was weniger abstrakt ist. Außerdem haben die fünf Tänzer eine sehr verschiedene Ausbildung, Physis und unterschiedliche Arten zu tanzen – das garantiert Abwechslung.

 

Man kann sich dem Thema Kaffee kulinarisch, kulturhistorisch oder ökonomisch nähern. Worauf liegt bei dem Abend der Schwerpunkt?

Der Schwerpunkt ist eindeutig kulturhistorisch und ökonomisch. Beides ist untrennbar, denn die Vermarktung und die Herstellung von Klischees sind punktuell zusammen zu denken.

 

Wie muss man sich die Zusammenarbeit von fünf unterschiedlichen Choreografen bei so einem Projekt vorstellen? 

Die Spielregeln waren genau festgelegt. Jeder hat acht Minuten. Es sollte ein Tanzsolo sein. Die Kostüme sollten sich an den Kaffeefarben Braun, Weiß, Beige orientieren. Außerdem mussten die Choreographen mit unseren Videokünstlern Hiroko Tanahashi und Yoan Trellu sowie unserem Sounddesigner Sibin Vasillev zusammenarbeiten. Es gibt ja nur ein einziges Bühnenbild. Das  verleiht dem Abend Zusammenhalt, so unterschiedlich die Choreografien sind.

 

Wird auch mit dem Duft von Kaffee gearbeitet?

Wenn man in den Raum kommt, riecht es nach Kaffee. Vor und nach der Vorstellung wird auch welcher ausgeschenkt.

 

In Prenzlauer Berg spielen ja immer Latte-macchiato-Klischees eine große Rolle. Kommt das in Ihrer Produktion auch vor?

Ja, der Schauspieler Alexander Schröder sorgt mit seinen Texten für ein paar Spitzen. Gegenüber den letzten Auftritten in Stuttgart sind die noch verändert worden. Auf der Kastanienallee haben wir die Klischees ja vor der Nase.

 

Premiere am heutigen Donnerstag, den 9. Februar, weitere Aufführungen vom 10.-12. Februar, jeweils um 20.30 Uhr im Dock 11, Kastanienallee 79. Karten zwischen 8 und 15 Euro unter ticket@dock11-berlin.de oder unter 030-35120312.


NEWSLETTER: Damit unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden bleiben, gibt es unseren wöchentlichen Newsletter. Folgen Sie uns und melden Sie sich hier an!

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar