Das größtmögliche Chaos

von Thomas Trappe 5. Januar 2012

Im April fährt in Prenzlauer Berg weder die Ringbahn noch die U2. Verkehrsexperten prognostizieren einen Verkehrsinfarkt, vor allem an der Ecke Wichertstraße/Schönhauser Allee.

Prenzlauer Berger sollten auf einen flotten Frühling hoffen. Ganz allgemein, weil das jeder Winter gebietet – aber auch aus verkehrstechnischen Erwägungen. Denn ein Ausweichen auf U- und S-Bahn, üblich bei Wind und Regen, wird im April fast im gesamten Kiez ausgeschlossen sein. Wegen einer Planungspanne bei der Koordinierung von Bauarbeiten zwischen BVG und Deutscher Bahn wird sowohl die U2 zwischen Rosa-Luxemburg-Platz und Pankow gesperrt sein als auch die S-Bahn zwischen Schönhauser Allee und Neukölln. Auch zum Baumschulenweg fährt nichts mehr. Auszugehen ist von überfüllten Straßenbahnen, Staus wegen mehrerer Ersatzbusse, Parkplatznot; um nur die vordersten Nöte von Prenzlauer Berger Verkehrsexperten zu nennen. 

Die U2 ist zwischen dem 7. und 18. April gesperrt, wie die BVG auf Anfrage bestätigte. In der Zeit wird ein elektronisches Stellwerk auf der Strecke eingebaut. Für die Baumaßnahmen an der S-Bahn-Strecke ist die Deutsche Bahn zuständig. Das Unternehmen hatte jetzt kurzfristig angekündigt, die Bauarbeiten auszuweiten – sodass sie mindestens vom 30. März bis zum 16. April dauern. 

 

„Es wird drunter und drüber gehen“

 

Wolfram Kempe (Die Linke), Vorsitzender des Verkehrsausschusses in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV), spricht von dem „größten Blödsinn“, der der Pankower Verkehrspolitik passieren konnte. „Es wird drunter und drüber gehen“, meint er. So sei es schon schwer genug, einen Ersatzverkehr auf die Beine zu stellen. „Wie das mit zwei Ersatzlinien gehen soll, die auch noch aufeinander abgestimmt werden müssen, ist mir ein Rätsel“. Kempe habe schon mehrfach mit der BVG Kontakt wegen des Problems gehabt, nimmt das Unternehmen in Schutz. „Man muss sich dort an die Verträge halten. Das Problem liegt im Verhalten der Bahn.“  

Gerade im nicht mit übermäßig viel Straßenraum ausgestatteten Prenzlauer Berg ist Ersatzverkehr für zwei Hauptverkehrslinien äußerst problematisch. Einen Präzedenzfall kenne der Kiez nicht, sagt Kempe. Vor allem im Bereich der Wichertstraße und Schönhauser Allee wird es seiner Meinung nach eng werden. Jens Wiesecke, stellvertretender Vorsitzender des Berliner Fahrgastverbandes IGEB, weist darauf hin, dass wohl nur mit großflächigen Parkverboten in Prenzlauer Berg dem zunehmenden Busverkehr begegnet werden kann. „So etwas hatten wir noch nicht im Kiez. Jedenfalls nicht mehr nach dem Krieg.“

 

M2 ist keine Alternative

 

Wiesecke empfiehlt den Prenzlauer Bergern dringend, wenn irgendwie möglich, auf die U8 auszuweichen. Und besser nicht auf die Straßenbahn, vor allem nicht die M2, „die ist ja jetzt schon am Rande der möglichen Auslastung“. Die Chance, das Verkehrschaos abzuwenden, sieht Wiesecke nicht. „Das Kind liegt ziemlich im Brunnen“. 

Auch der BVV-Mann Kempe glaubt nicht mehr recht an eine glückliche Wendung, man werde sich aber in der amtlichen Arbeitsgruppe ÖPNV am 27. Januar nochmal mit dem Thema beschäftigen, zusammen mit BVG-Vertretern. Bei der BVG erklärte Sprecher Klaus Wazlak, dass man jetzt das Gespräch mit der Deutschen Bahn suche. Es gehe darum, „die Umfahrungsmöglichkeiten bestmöglich zu gestalten und auszuschildern und die Fahrgäste beider Unternehmen nicht über Gebühr zu strapazieren“. Eine Redaktionsanfrage bei der Bahn blieb bisher unbeantwortet.

 

 

NEWSLETTER: Damit unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden bleiben, gibt es unseren wöchentlichen Newsletter. Folgen Sie uns und melden Sie sich hier an!

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar