Fernweh ist keine Frage des Geldbeutels. Auch wer etwa arbeitslos ist, möchte mal verreisen. 60 Euro Gebühr für einen Reisepass werden da aber schnell zum Problem – doch der Bezirk kann da helfen.
Für Hartz-IV-Empfänger und Arbeitslose ist Reisen der absolute Luxus, und das liegt nicht nur am zu bezahlenden Flugticket. Auch die Finanzierung des Reisepasses, den man außerhalb der EU immer noch braucht, ist ein Problem, wie ein aktuelles Beispiel in Pankow zeigt.
In seinem Blog hat Stefan Schneider, der in der vergangenen Wahlperiode noch als parteiloser Bezirksverordneter für die Grünen in der BVV saß, sein Dilemma beschrieben. Zu Studienzwecken möchte er im kommenden Jahr in die USA reisen, doch die 59 Euro Gebühr, die der ALG-II-Empfänger für den dafür nötigen Pass blechen muss, belasteten sein eh schon knappes Reisebudget zu sehr. Ein erster Antrag auf Erlass der Gebühren wurde von Bezirk abgelehnt, danach suchte er Hilfe beim Senat, der aber wiederum auf die Zuständigkeit des Bezirks verwies.
Schneider kämpft stellvertretend für andere Bedürftige
„Nur weil ich finanziell nicht stark bin, möchte ich doch aufs Reisen nicht verzichten“, meint Schneider, der hier offensichtlich einen Stellvertreterkampf führt. Dank günstiger Flüge und einer Privatunterkunft könnte er sich die Reise auf einem Low-Budget-Niveau gerade so leisten. „60 Euro für einen Pass, den ich nicht will, sondern den nur die staatlichen Behörden von mir verlangen, sind aber zu viel.“
Ein Glück für Schneider, dass es den Paragraphen 17 des Passgesetzes gibt, wo es heißt: „Die Gebühr kann ermäßigt oder von ihrer Erhebung kann abgesehen werden, wenn die Person, die die Gebühren schuldet, bedürftig ist.“ Nun hat auch das Bezirksamt Pankow Kenntnis von dieser Regelung erhalten.
„Dass wir Herrn Schneiders Antrag zunächst abgelehnt haben, war ein Versehen“, sagt Torsten Kühne (CDU), Pankows Stadtrat für Bürgerservice. Statt dessen könne man von Fall zu Fall entscheiden, ob bei der Ausstellung eines Passes die Gebühren erlassen würden. Der Antragsteller müsse dafür einen Nachweis seiner Bedürftigkeit mitbringen sowie darlegen, warum er diese Reise anträte. „Eine allgemeine Befreiung gibt es nicht; das sind Einzelfallentscheidungen“, so Kühne.
Sind die Gründe für eine Reise Privatsache?
Doch wann hat man das Anrecht auf einen gebührenfreien Pass? Wenn ein naher Verwandter in Übersee beerdigt wird? Wenn man in der Ferne einen Job antritt? Oder reicht schon eine Bildungsreise wie im Fall von Schneider? „Ich verstehe es, wenn ich meine Bedürftigkeit nachweisen muss“, meint der. Das Offenlegen der Reisegründe sieht er aber als Eingriff in sein Privatleben an. Kurz vor Weihnachten hat er seinen nächsten Termin beim Bürgeramt, dann wird entschieden, wer die 60 Euro für den neuen Pass übernimmt.
Wer definitiv keine Chance hat, Geld vom Amt für ein staatliches Dokument zu bekommen, steht hingegen schon fest. Denn im Gegensatz zum Reisepass gibt es für Personalausweise keinerlei Sonderregelungen für Bedürftige. Die knapp 30 Euro, die er kostet, seien bereits in den Regelsätzen eingerechnet, erklärt Kühne.
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