Die Stasi-Unterlagen-Behörde soll prüfen, ob unter Pankows frisch gewählten Bezirksverordneten ehemalige Mitarbeiter der Stasi sind. Heute entscheidet die BVV über einen entsprechenden Antrag.
Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte geht weiter, auch in Pankow. Das zeigt ein aktueller Antrag aller Fraktionen der BVV, der eine Überprüfung ihrer Mitglieder hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) oder dem Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) anregt. „Es war der erklärte Wille der Menschen, die in der friedlichen Revolution 1989 die Dienststellen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR gestürmt hatten, eine Auseinandersetzung mit diesem Teil der DDR-Geschichte und damit dem begangenem Unrecht (…) zu ermöglichen“, heißt es in dem Antrag, über den bei der Tagung der BVV am heutigen Mittwoch abgestimmt wird. Diesem Wille gegenüber sehe man sich auch heute noch in der Pflicht.
Wie in den vergangenen Jahren bereits praktiziert, ist vorgesehen, dass alle Bezirksverordneten, die am 3. Oktober 1990 mindestens 18 Jahre alt waren, durch die Stasi-Unterlagen-Behörde geprüft werden. Das Ergebnis dieser Kontrolle soll dann gesichtet werden durch ein Vertrauensgremium, welches aus jeweils einem Mitglied jeder BVV-Fraktion besteht und von Sabine Röhrbein (SPD) als BVV-Vorsteherin geleitet wird. Falls ein Verordneter hauptamtlich oder inoffiziell für das MfS gearbeitet haben sollte, wird dieser vom Gremium gehört.
Betroffene und Fraktionen können Stellung nehmen
Im Anschluss soll dieses in einer nichtöffentlichen Sitzung der BVV von seiner Arbeit berichten. Die Betroffenen und ihre Fraktionen erhalten dann noch einmal Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Das weitere Verfahren bleibt dann den Fraktionen überlassen. Falls es zu einem Rücktritt kommen sollte, wird auch der Nachrücker wiederum überprüft werden. Da der Antrag von allen Fraktionen getragen wird, dürfte er heute Abend durch die BVV beschlossen werden.
„Entscheidend ist, ob jemand durch seine Mitarbeit bei der Stasi jemand anderem geschadet hat“, meint Cornelius Bechtler, Vorsitzender der Grünen-Faktion, die gemeinsam mit der SPD den Antrag auf den Weg gebracht hat. Man müsse jeden Fall in seinem eigenen Kontext sehen und genau abwägen. Daher seien die Einrichtung des Vertrauensgremiums und eine BVV-Tagung hinter verschlossenen Türen wichtig. „Wir wollen keinen Rufmord begehen“, sagt Bechtler. Aber wer systematisch jemanden verpfiffen habe, der müsse gehen. In den vergangenen Jahren sei es immer mal wieder zu Rücktritten gekommen, nachdem die Stasi-Vergangenheit einzelner Bezirksverordnetet ans Licht gekommen sei.
Auch Matthias Zarbock, Geschäftsführer der BVV-Linksfraktion, meint: „Die Aufarbeitung ist wichtig, und wir unterstützen sie ausdrücklich.“ Daher habe seine Partei auch in der Vergangenheit ähnliche Anträge mitgetragen. Zarbock geht davon aus, dass die Überprüfung durch die Behörde recht schnell erfolgt. „Ich denke, dass wir als politisch wichtiger Akteur entsprechend vorgezogen werden.“
Auch westdeutsche Kommunen lassen Politiker prüfen
Denn auch 20 Jahre nach der Wende ist die Nachfrage auf Akteneinsicht bei der Stasi-Unterlagen-Behörde noch groß. Allerdings gebe es bundesweit große Unterschiede, ob Mitglieder der Kommunalverwaltung überprüft würden, sagt ein Mitarbeiter. „Es gibt schließlich keine Überprüfungspflicht.“ Bedarf gebe es aber weiterhin, übrigens auch in den Kommunen im Westen des Landes.
In Pankow soll der Auftrag an die Behörde gleich nach dem Beschluss der BVV ergehen. Auch wer bereits in der vergangenen Wahlperiode schon einmal gecheckt wurde, wird nicht ausgespart. Schließlich lägen seit Mitte 2010 neue rekonstruierte Akten vor, die den gesicherten Bestand an zerrissenen Stasi-Unterlagen zugänglich machten, heißt es in dem Antrag. Pankows Bürgermeister sowie die vier Stadträte werden übrigens nicht bei dem Prozess berücksichtig. Für deren Überprüfung sei der Senat zuständig, meint Grünen-Chef Bechtler.
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