Discounter schließen letzte Baulücken

von Juliane Schader 24. Oktober 2011

Trotz steigender Grunstückspreise und Verdichtungs-Sorgen werden in Prenzlauer Berg immer wieder Baulücken durch Discounter geschlossen. Warum eigentlich?

Vielleicht ist Prenzlauer Berg doch noch nicht so stark verdichtet, wie es immer heißt, und vielleicht sind auch die Grundstückspreise längst noch nicht auf dem Niveau, auf dem man sie wähnt. Anders scheint es auf jeden Fall kaum erklärbar, dass in Prenzlauer Berg die letzten Baulücken derzeit eben nicht durch Komplexe mit Luxuswohnungen geschlossen werden, sondern durch Discounter. An der Stahlheimer Straße ist es ein Netto, an der Bornholmer Straße und der Prenzlauer Allee ist Lidl aktiv, und die Eröffnung des Pennys in der Grellstraße ist auch noch nicht lange her.

„Die große Discounterschlacht ebbt ab. Die Claims sind verteilt“, meint zwar Pankows Wirtschafts- und Stadtentwicklungsstadtrat Michail Nelken (Linke). Und verweist darauf, dass zum Beispiel Lidl jeweils bereits seit Jahren bestehende Baugenehmigungen erst jetzt realisiere. Doch auch er bestreitet nicht, dass weiterhin neue Supermarkt-Standorte in Prenzlauer Berg entstehen. „Wenn die Unternehmen nicht entsprechende Kundschaft und Umsätze erwarteten, bauten sie sicher nicht neu“, sagt Nelken. 

 

Kein Angebot ohne Nachfrage

 

Auch Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin-Brandenburg sagt: „Kein Geschäftsmann bietet etwas an, für das es keine Nachfrage gibt.“ Gerade bei den Discountern herrsche weiterhin einen gnadenloser Verdrängungswettbewerb. „Das Interesse der Lebensmittelbetriebe zur Expansion ist ungebrochen.“ Ähnlich hatte auch Netto-Geschäftsführer Morten Møberg Nielsen argumentiert, als er im Sommer von den Prenzlauer Berg Nachrichten zum neugebauten Filiale an der Stahlheimer Straße befragt antwortete: „Natürlich war das Grundstück in der Lage ziemlich teuer, aber es wird sich lohnen.“

Etwas befremdlich bleibt die weiter fortschreitende Expansion der zumeist flächenintensiven Discounter dennoch. Schließlich brauchen sie nicht nur Raum für Parkplätze, sondern sie können mit ihren Flachdachbunkern auch nicht unbedingt als architektonische Bereicherung für den Kiez bezeichnet werden. Aber auch diese Einwände kann Stadtrat Nelken nur wegwischen mit dem Verweis, dass es den Rat des Stadtbezirks mit der Abteilung Handel und Versorgung schon seit über 20 Jahren nicht mehr gebe. „Es geht heute nicht nach dem von Amtswegen festgestellten Bedarf, sondern nach Profiterwartung und Zahlkraft. Es gibt de facto keine Verkaufsflächen- und Sortimentssteuerung.“

 

Einzelhandel unter 800 Quadratmetern Größe ist kaum zu verhindern

 

Wenn das Grundstück nicht der Stadt gehöre und es auch keine verbindliche Bebauungsplanung mit einer anderen Nutzungsart gebe, seien die Steuerungsmöglichkeiten des Bezirks sehr begrenzt, meint Nelken. Einzige Ausnahme sei der großflächige Einzelhandel mit einer Verkaufsfläche von über 800 Quadratmetern, den man außerhalb definierter Zentren untersagen könne. Allerdings lägen die Discounter, im Gegensatz zu Supermärkten mit Vollsortiment wie Rewe oder Kaisers, unterhalb dieser Grenze.

Ein Ende der Verdichtung durch neue Discounter scheint damit nicht in Sicht. Allerdings deutet das aktuelle Engagement von Lidl, zusammen mit neuen Supermärkten auch Wohnungen zu errichten, darauf hin, dass auch hier der steigende Preisdruck angekommen ist. „Man versucht zunehmend, die Märkte in die bestehende Bebauung zu integrieren“, meint Busch-Petersen vom Handelsverband. Auf Prenzlauer Berg umgemünzt bedeutet das wohl, dass auch wenn die letzte Baulücke geschlossen ist, die Expansion der Supermärkte nicht abgeschlossen ist. 

 

 

 

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